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Der Traurige Polizist

Titel: Der Traurige Polizist Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deon Meyer
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du Toit hatte mit ihm geredet, als wäre es
     wichtig, als wäre es notwendig, ihre Geheimnisse mit ihm zu teilen. Er verschlang ihr Lachen, die Berührungen ihrer Hand,
     die wie ein kleines Tierchen niemals still lag, ihre Augen, ihren Mund, ihre tiefbraune Haut, makellos, die schimmerte wie
     poliertes Kupfer.
    Er wußte noch, wie er in seinen alten Datsun gestiegen war und daß er sich später nicht mehr an die Heimfahrt erinnern konnte.
     Daß er in der Straße in Wynberg, in der er ein Zimmer hinter einem großen Haus gemietet hatte, den Kopf zum Himmel gewandt
     und einen lauten Schrei ausgestoßen hatte, denn die Freude in ihm war kaum auszuhalten.
    Dann weinte Mat Joubert zum ersten Mal seit siebzehn Jahren – ein wortloses, geräuschloses Gefühl, nur die Tränen, die aus
     seinen Augen tropften, verrieten es. Er wandte sich von Hanna Nortier ab und fragte sich, wann die Demütigungen ein Ende haben
     würden.

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    Benny Griessel zitterte. Hände, Arme, Schultern, Beine.
    »Ich weiß, Mat. Das ist das schlimmste. Ich weiß, was mir bevorsteht. Es macht mir solche Angst.«
    Joubert saß auf dem einzigen Stuhl in dem kleinen Zimmer, Griessel auf einem Bett mit einem grauen Laken. Die Wände waren
     kahl, verputzt und weiß gestrichen bis auf Kopfhöhe, dann kamen bis zur Decke nur noch braune Ziegel. Neben dem Bett stand
     ein kleiner Holztisch ohne Schublade. Darauf lag eine rote Bibel. Ein Bücherregal stand an der anderen Wand, neben einem Waschbecken
     und einer Toilette.
    Er suchte nach dem alten Benny Griessel, dem witzigen, zynischen Mann mit der leichten Alkoholfahne. Das Gesicht des Mannes
     ihm gegenüber war von Angst verzerrt, die Haut war grau, die Lippen waren blau.
    »Heute nacht kommen die Ungeheuer, Mat, die Stimmen, die Gesichter. Sie sagen, daß es Halluzinationen sind, aber wenn sie
     kommen, dann kann ich den Unterschied nicht erkennen. Ich kann sie rufen hören, ich kann ihre Finger spüren, und man kann
     ihnen nie entkommen, denn ich bin zu langsam, und es sind zu viele von ihnen.«
    Benny Griessel beugte sich vor. Ein Krampf schüttelte seinen Körper durch.
    »Ich suche dir noch eine Decke, Benny.«
    »Decken helfen nicht, Mat. Decken helfen nicht.«
     
    |171| Von zu Hause aus rief er Gerrit Snyman an.
    »Nichts, Captain. Manche waren so verrostet, daß man sie nie wieder wird abfeuern können. Und der Typ in Table View hat eine
     riesen Waffensammlung, Captain. Seine Mauser sieht aus, als wäre sie gestern gebaut worden. Geölt und poliert. Fast ein bißchen,
     als könnte es eine Mordwaffe sein. Leider hat der Mann ein Alibi für beide Morde.«
    Joubert erklärte, daß auch er nichts gefunden hatte, bedankte sich bei Snyman für seinen Einsatz und verabschiedete sich.
    Mit ein paar Äpfeln, einem Teller und einem Messer ging er ins Wohnzimmer und setzte sich in seinen Lesesessel. Er viertelte
     einen Apfel, schnitt sorgfältig das Kerngehäuse heraus.
    Zwei Tage, dachte er. Zwei Tage lang war der Benny-Griessel-Coitus-interruptus seine größte Demütigung gewesen. Nun war diese
     Demütigung noch gesteigert worden. Durch seinen blöden Weinkrampf vor Hanna Nortier.
    Sie ist Psychologin, sagte er sich. Sie ist daran gewöhnt.
    Aber er war das nicht. Er war an die Demütigung nicht gewöhnt.
    Sie war gut damit umgegangen. Sie hatte nichts gesagt. Sie war aufgestanden und um den Schreibtisch herumgekommen, sie hatte
     die unsichtbare Grenze zwischen Psychologe und Patient überquert und sich neben ihn gestellt. Sie hatte ihre Hand auf seine
     Schulter gelegt. So blieb sie stehen, bis er, den Kopf immer noch von ihr abgewandt, in einer einzigen wütenden Bewegung mit
     seinem Jackettärmel die Tränen aus seinem Gesicht wischte. Dann war sie zurückgegangen, hatte sich hingesetzt und gewartet,
     bis er sich wieder unter Kontrolle hatte.
    »Nächstes Mal reden wir weiter«, hatte sie leise gesagt. Er |172| war aufgestanden und zur Tür gegangen, er mußte sich zwingen, nicht zu rennen.
    Und jetzt, mit einem Stück Apfel in der Hand, wurde ihm klar, daß diese Demütigung vor ihr die schlimmere der beiden gewesen
     war. Denn wenn er Dr. Hanna Nortier und Yvonne Stoffberg auf der Weiblichkeitsskala aneinander maß, war er erstaunt. Wie hatte
     er so erregt sein können? Jetzt, im Vergleich zu Hanna Nortier, war Yvonne Stoffbergs Schönheit schal geworden, ihre Sinnlichkeit
     kaum etwas wert.
    Einen Augenblick lang tat Yvonne ihm leid. Dann erinnerte er sich an die

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