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Der Traurige Polizist

Titel: Der Traurige Polizist Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deon Meyer
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hinein. An der Rezeption erklärte er, Benny Griessel sehen |188| zu wollen. Die beiden Krankenschwestern schauten einander nachdenklich an.
    »Ich glaube nicht, daß das eine gute Idee ist, Sir.«
    Ihn ärgerte der entschiedene Ton ihrer Stimme. »Warum nicht?«
    »Er hat die Medikamente verweigert.« Sie erkannte, daß der Mann ihr gegenüber nicht verstand, was das hieß. »Wir glauben nicht,
     daß Adjutant Griessel im Moment Besuch haben möchte.«
    »Ich glaube nicht, daß Sie das Recht haben, für ihn Entscheidungen zu treffen«, sagte Joubert aggressiv zu der Krankenschwester.
    Die Krankenschwester starrte ihn durch ihre dicke Brille an. Schließlich sagte sie leise: »Dann kommen Sie mit.«
    Sie gingen in die von Bennys Zimmer entgegengesetzte Richtung, sie voran, er hinterher; er war zufrieden, über die Bürokratie
     gesiegt zu haben.
    Sie gingen durch stille Flure und dann eine Treppe hoch.
    Er hörte die Geräusche, lange bevor sie die Tür erreichten.
    Griessels Stimme, kaum erkennbar. Schmerzensschreie. Das Jaulen eines Tieres in Todesangst. Ein Flehen um Hilfe, um Gnade.
    Joubert ging langsamer. Er wollte stehenbleiben. Die Krankenschwester wandte sich um, sie packte ihn am Ärmel seines Jacketts
     und zog ihn näher – ihre Art der Bestrafung.
    »Kommen Sie«, sagte sie. Er schaute sie nicht an. Er ging auf die Tür zu, die Geräusche hallten in seinem Kopf.
    Im Zimmer standen sechs Krankenhausbetten. Nur in einem, in der Ecke, lag jemand. Joubert blieb stehen. Im Halbdunkel sah
     man Griessels schwarzes Haar oberhalb der weißen Laken. Schwere Lederriemen streckten sich quer über das |189| Bett. Benny Griessels Körper zuckte spasmisch darunter, wie im Todeskrampf. Die Geräusche schienen tief aus seinem Inneren
     zu kommen, jedesmal wenn er ausatmete.
    Die Krankenschwester trat neben ihn. Sie sagte nichts. Sie schaute Joubert nur an.
    »Es tut mir leid«, sagte er leise. »Ich habe einen Fehler gemacht.«
    Dann wandte er sich um und ging hastig durch den grauen Flur. Der Klang von Benny Griessels gequälter Seele hallte noch in
     seinen Ohren, lange nachdem er schon seinen Wagen erreicht hatte.
     
    Margaret Wallace befand sich mit ihrer Familie im Fernsehzimmer. Ihre Mutter, ihr Sohn und ihre Tochter waren da. Sie aßen
     vor dem Fernseher, denn die Stille und Unsicherheit am Eßtisch störte sie alle.
    »Die Nachrichten heute«, sagte der Nachrichtensprecher mit ernstem Gesicht und verlas die Schlagzeilen. Margaret hörte nicht
     zu. Der Nachrichtensprecher verkündete eine neue politische Krise, eine schreckliche Dürre in der nördlichen Transvaal und
     dann: »Ein drittes Opfer des Mauser-Mörders am Kap, aber die Polizei tappt immer noch im dunkeln.«
    Margaret schaute auf und sah das Foto von Ferdy Ferreira. Dann widmete sich der Nachrichtensprecher den weiteren Ereignissen.
    Kannte sie dieses Gesicht nicht?
    »Soll ich ausschalten, Maggie?« fragte ihre Mutter.
    Margaret schüttelte den Kopf. Sie starrte auf den Bildschirm, auf dem nun Bilder von Politikern und Bauern zu sehen waren,
     aber im Geiste suchte sie nach der Erinnerung, die Mann und Ort zusammenbrachte.
    |190| »Heute morgen hat der Mauser-Mörder vom Kap zum dritten Mal zugeschlagen; die Angelegenheit entwickelt sich zu einer tragischen
     Mordserie. Das Opfer ist der 54jährige Mr. Ferdy Ferreira aus Melkbosstrand. Die Polizei erklärt, die Mordwaffe, eine hundert
     Jahre alte Mauser-Broomhandle-Pistole, sei die einzige Verbindung zwischen diesem Mord und den Todesfällen des Geschäftsmannes
     James Wallace und des Schmuckdesigners Drew Wilson, die beide innerhalb der letzten zehn Tage aus nächster Nähe erschossen
     wurden.«
    Während der Nachrichtensprecher diese Worte verlas, wurden die Bilder gezeigt, die der Kameramann in den Dünen aufgenommen
     hatte – die Kamera bewegte sich über den Sand, bis sie den Blutfleck erreicht hatte, der in den Sand gesickert war.
    Margaret schaute weg, denn das erinnerte sie immer noch an …
    Dann hörte sie eine Stimme, die sie kannte, und schaute wieder auf. Captain Mat Jouberts Gesicht auf dem Bildschirm. Sein
     Haar war immer noch zu lang und wirkte ungekämmt. Seine Schultern sackten herunter, als drücke ihn eine unsichtbare Last.
     Seine Krawatte war zu schmal. Sein Akzent, wenn er Englisch sprach, war in Ordnung.
    »Die einzige Verbindung scheint die Mordwaffe darzustellen. Wir haben keinen Grund, zu glauben, daß die Opfer einander kannten«,
     sagte der große Polizist.

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