Der Traurige Polizist
dem Hörer. »Captain, es ist wieder Zeit fürs Scheinwerferlicht«, sagte Cloete aus der
Presseabteilung. »Die Fernsehleute wollen ein Interview. Und Sie wissen ja, wie wichtig die für uns sind.«
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|185| 20
Der Bankräuber betrat die Zweigstelle Milnerton der Premier Bank um 15.32 Uhr. Er ging mit federnden Schritten. Heute sah
er aus wie Elvis Presley. Er hatte sein schwarzes Haar zurückgekämmt, eine Tolle neigte sich jedoch über seine Stirn, er trug
Koteletten, buschige Augenbrauen und eine dunkle Brille. Er war in eine weiße Hose, weiße Schuhe, ein weißes Hemd und eine
weiße Jacke gekleidet.
Aber seine Krawatte und die Waffe unter seiner Jacke waren schwarz.
»Hallo«, sagte er zu Rosa Wasserman, einer dicken neunzehnjährigen Brünetten, die von großer Nervosität geplagt wurde.
»Guten Tag, Sir«, sagte Rosa. »Was kann ich für Sie tun?«
An diesem Tag erledigte der Bankräuber seine Geschäfte im Takt des Rock’n’ Roll, den nur er im Konzertsaal seines Hirns hören
konnte. Sein rechter Fuß tippte den Takt, seine Stimme imitierte die des verstorbenen King.
»Also, meine Süße. Greifen wir uns doch eine dieser großen Banktaschen und füllen sie mit Fünfzig-Rand-Noten. Ich hab hier
eine große alte Knarre unter meiner Jacke, die ich ungern benutzen möchte.«
Er hob den Saum der weißen Jacke ein wenig. Rosa hörte das Wort »Süße«, sah den schwarzen Griff der Waffe. Sie erstarrte,
den Mund auf Halbmast, was ihr Doppelkinn noch betonte.
|186| »Und laß den Fuß vom Alarm. Komm schon, Süße, laß uns tanzen.«
Rosas Puls war dramatisch angestiegen, ebenso ihre Atemfrequenz, was der Bankräuber sogleich bemerkte.
»Welches Parfüm tragen Sie? Es riecht wunderbar.«
Leider funktionierte das nicht bei Rosa Wasserman. Er sah, wie die Panik sie befiel – ihre Hände zitterten, ihr Busen wogte
auf und ab, der Blick wurde wild, die Nasenlöcher weiteten sich, das Doppelkinn entwickelte ein Eigenleben.
»Scheint, als hätte ich meine Mauser mitbringen sollen«, sagte Elvis, und mit diesem einen kurzen Satz veränderte sich seine
Situation für immer.
Rosa schaute manchmal morgens in den
Burger
, bevor ihr Vater die Zeitung las. Sie wußte um die Mauser-Morde. Ihre Angst vor dem Mann, der vor ihr stand, nahm zu. Sie
preßte ihre Hände auf die Ohren, als wollte sie den Schuß nicht hören, der ihrem Leben ein Ende setzte.
Sie schrie mit aller Kraft, die ihr fetter Körper besaß, und drückte entschlossen den Alarmknopf.
Als ihr langer Schrei endete, riß sich der Bankräuber zusammen. »Süße, dafür wirst du bezahlen«, sagte Elvis und wandte sich
zur Tür.
Der Alarm war in der Bank selbst nicht zu hören, er machte sich nur auf dem Kontrollbildschirm einer Security-Firma bemerkbar.
Rosas Schrei aber hatte alle anderen in der Bank Anwesenden entgeistert. Sie starrten sie an, nicht den Mann in Weiß. Der
Bankräuber ging zur Tür hinaus. Rosa zeigte auf ihn und schrie erneut. Die Anwesenden schauten in die Richtung, in die sie
zeigte, sie verdrehten überrascht die Köpfe, aber der Bankräuber war schon verschwunden.
|187| Joubert fuhr aus der Premier-Bank-Filiale Milnerton ins Sanatorium. Er war genervt. Die Zeitungsreporter hatten endlos Fragen
gestellt. Er wußte, was sie aus dieser Geschichte machen würden. Ein Blick auf das Werbeposter des
Argus
reichte schon:
MAUSER-MÖRDER
MACHT ERNST
Glücklicherweise hatte der versuchte Banküberfall zu spät stattgefunden, um noch in der Zeitung zu stehen. Und die Fernsehleute
hatten noch nicht einmal davon Wind bekommen. Aber morgen würde die Hölle los sein. Joubert hatte den paar Reportern erklärt,
daß die Sache nicht unbedingt eine Verbindung zwischen dem Bankräuber und dem Mauser-Mörder darstellte. Der Bankräuber konnte
es einfach nur als Drohung gesagt haben. Doch das hatten die Journalisten nicht hören wollen.
»Sie können die Möglichkeit einer Verbindung aber nicht ausschließen, Captain?«
»Nein.«
Sie kritzelten auf ihre Notizblöcke.
Rosa Wasserman hatte sich aus einem elenden Bündel Angst in die Frau der Stunde verwandelt. Sie war diejenige, die den Reportern
verkündet hatte, der Bankräuber habe von »seiner Mauser« gesprochen.
»Und er hat mir mit dem Tod gedroht.«
Dieser Zirkus hätte Benny Griessel gefallen. Benny hätte seine normalerweise ironische Sicht der Medien mit ihm geteilt.
Joubert hielt vor dem Gebäude aus roten Ziegeln und ging
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