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Der Tribun

Der Tribun

Titel: Der Tribun Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iris Kammerer
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straffte sich, würgte an dem Kloß in seinem Hals, da riss Waffengeklapper ihn aus seinen finsteren Gedanken.
    Als Cinna Hraban erblickte, flammte ein Hoffnungsstrahl auf. Doch dann erkannte er den Mann wieder, der mit Furcht erregend geschwärztem Gesicht hinter Hraban die Lichtung betrat, den Anführer der Krieger, die Inguiotars Anwesen überfallen hatten. Beide Männer trugen lederne Hosen und hatten ihre Arme mit breiten Riemen umwickelt, ihre nackten Oberkörper glänzten ölig. Ihre Bewaffnung bestand aus kurzen Schwertern und kleinen, leuchtend roten Rundschilden mit bronzenen Buckeln. Hraban hatte sich das Wolfsfell umgehängt, das Inguiotar bei seinen kostbarsten Waffen aufbewahrt hatte, während über Andagais’ funkelnden Augen der Schädel eines Keilers die Hauer bleckte.
    Einige Gehilfen der Priester verteilten sich mit Stecken und kleinen, steinernen Hämmern über die Lichtung. Ein Kreis wurde abgesteckt, die Stecken verband der sich als schier endlos lang erweisende rote Lederriemen, der eine Art Arena umfasste, groß genug, um ein Pferd darin zu trainieren. Dieser Riemen war also nicht für ihn bestimmt.
    Während die Priester gestikulierend und raunend die Grenze des Kampfplatzes weihten, baute Andagais sich am Rand auf und polierte mit herausfordernder Gelassenheit die Klinge seines Schwertes. Neben einem der Graugewandeten stand Hraban und bedeckte das Gesicht mit den Händen, entweder um zu beten oder um sich zu sammeln – vielleicht war es für ihn dasselbe. Längst hatte Cinna alle Zuversicht fahren lassen. Ein Freund, wohl der einzige wirkliche Freund, den er je gehabt hatte, setzte sein Leben für ihn ein und würde es verlieren in dem vergeblichen Versuch, ihn zu retten.
    Der älteste Priester betrat das Rund, besprengte den Boden mit Wasser, während er leise sang, Worte von Tapferkeit und Kampfeswut. Langsam senkte Hraban die Hände, ergriff Schwert und Rundschild, berührte die Stirn mit den Fingerspitzen und schritt in die Arena. Er schien seinen Gegner nicht zu beachten, als er sich an dem Platz aufstellte, den ihm der alte Priester zuwies.
    Ein dumpfer Ton brachte beide Männer zugleich in Bewegung. Andagais beugte sich weit vor und pendelte wie ein angriffslustiger Keiler unter dem borstigen Balg. Vernehmlich schnaubend fixierte er seinen Gegner.
    Brüllend stürzte er sich vorwärts. Cinna zuckte zusammen, seine Hände rissen unwillkürlich an den Fesseln, als Hraban den Schild nur ein wenig bewegte, um Andagais’ Angriff abzulenken. Der Schwarzgesichtige fuhr knurrend herum, die blanke Waffe beschrieb einen Kreis, schlug auf der Kante des Schildes auf und spaltete sie.
    Schneller als Andagais das Schwert wieder an sich bringen konnte, hatte Hraban den Schild weggerissen, warf sich damit auf den Gegner, der gegen das Seil taumelte. Die Priester hoben die Arme, ein Stab fuhr zwischen die beiden, die sofort die Waffen senkten. Hraban wich rückwärts auf die gegenüberliegende Seite des Kampfplatzes zurück.
    Diesmal wagte Hraban den Ausfall, schnellte durch die Arena, umrundete Andagais, der den Angriff mit einem Schrei erwiderte. Eisen blitzte auf. Krachend schlugen die Schilde aufeinander. Der Aufprall schleuderte Hraban zurück. Cinna sah ihn straucheln, sich fangen, als Andagais nach ihm stieß, ihn knapp verfehlte und sich mit einer schnellen Wendung in Sicherheit brachte. Ohne zu halten, vollendete er die Drehung; seine Beine wirbelten durch die Luft, stießen den Schild beiseite. Ein schneller Hieb traf Hrabans Unterarm, er wurde rücklings geworfen, stolperte, fuchtelte mit dem Schwert, um sich den nachsetzenden Angreifer vom Leibe zu halten. Der Schmerz zeichnete seine Züge. Aber die Schneide hatte sich nicht ins Fleisch gebissen – die Waffe hatte ihn nur mit der flachen Seite getroffen.
    Nachdem Andagais den Schild aufgehoben und senkrecht vor sich gestellt hatte, schien er nachzudenken; dann gab er dem Holzrund einen Schwung, dass es wie ein Rad schwankend zu Hraban rollte, der es gerade rechtzeitig einfing. Als er die Waffe aufnahm, zuckten seine Wangen, aber er wankte nicht. Andagais machte einen kurzen Satz, täuschte einen Angriff vor, doch Hraban blieb stehen, blickte ihm hart entgegen. Bei der nächsten Attacke riss er in einem Ausfallschritt nur kurz den halb zertrümmerten Schild hoch, um Andagais’ Klinge abzuwehren. Er wirkte lahm, Schürfungen sprenkelten seine Arme, aus dem straffen Haarknoten waren einige helle Strähnen entkommen und hingen ihm in die

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