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Der Tribun

Der Tribun

Titel: Der Tribun Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iris Kammerer
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hölzernen Gitter, einer den anderen umklammernd, die Finger in Tuch krallend. Hrabans Atem streifte warm Cinnas Wange, der immer noch fremde Geruch, vermischt mit Schweiß, Wolle und Leder, wollte sich ihm einprägen. Tränen rannen ihm über das Gesicht, während er mit dem Kloß in der Kehle kämpfte.
    »Denk daran«, flüsterte er rau, »dass du nicht gerecht sein musst – du musst gewinnen. Und … falls es doch so kommen sollte, dass du … dass du ausrutschst … dass du stürzt … sieh zu, dass du am Leben bleibst. Versprich mir das, Inguhraban, Inguiotars Sohn!«
    Ein kurzes, heftiges Nicken kratzte über seine Wange; er schluckte hart. »Und versprich mir, dass ihr alles daransetzen werdet, dass Ermanamers mich nicht kriegt. – Versprich es!«
    Hraban löste das Gesicht von den Stangen, auf dem dunkle, senkrechte Male zu sehen waren. Zögernd tätschelte er Cinnas Schultern. Er stand so dicht an dem Gefängnis, dass, als er sich vorbeugte, sich ihre Stirnen berührten. Cinna spürte den kühlen Schweiß, der über Hrabans Gesicht lief. »Ihr werdet es auf keinen Fall zulassen.«
    Hrabans Hände glitten langsam weiter, und er zog sich so eng an Cinnas Körper, wie das Gitter es zuließ. »Wir werden es zu verhindern wissen – ich oder Vater«, flüsterte er.
    »Gut. Und jetzt geh und ruh dich aus. Du wirst wach und stark sein morgen. Du wirst morgen siegen!«
    Hraban gab ein zustimmendes Brummen von sich, als Cinnas Arme rasch zwischen Mantel und Hemd glitten und ihn von sich schoben. »Geh jetzt!«
    *
    Ein Stoß ließ die trügerische Zuflucht des Schlafes zerplatzen. Frühnebel tauchte den Hof in fahles Licht, als sich ein Bewaffneter in den Käfig zwängte. Hastig verkroch Trebius sich in einen Winkel, zog dabei die Decken von Cinnas Knien. Sein Gewinsel bot ein erbärmliches Schauspiel; die Monate in der Haft hatten ihn gebrochen. Nach dem Krieger schob sich der Kopf eines alten Weibes durch die Türöffnung, und ein dürrer Finger wies auf Cinna. Als der Mann, soweit das in dem engen Pferch möglich war, sich vor den Gefangenen aufbaute, hob Cinna beschwichtigend die Arme und richtete sich langsam auf. Unvermittelt brach Trebius in schrilles Kichern aus.
    »Ich fasse es nicht! Der edle Herr wird vor mir die endlose Straße der Finsternis beschreiten!«
    Ein Fußtritt brachte ihn mit einem Ächzen zum Schweigen.
    Das war es also. Sie warteten gar nicht erst ab, bis der Zweikampf entschieden sein würde. Vier alte Frauen umringten ihn, ihr graues Haar war offen und ungekämmt, die ausgeblichenen Kleider hingen ohne jeden Halt durch Gürtel oder Fibeln von ihren knochigen Schultern, und sie murmelten unentwegt vor sich hin, Worte, die er nicht verstand. Betäubt ließ er alles über sich ergehen, als geschehe es einem anderen. Während zwei wuchtige Krieger ihnen wie eine Art Ehrengarde voranschritten, schlugen sie den Hauptweg durch die Siedlung ein, an dem sich vereinzelte Neugierige eingefunden hatte. An einem der Zäune stand Sunja, den Mantel unordentlich um ihre Schultern gelegt, und ihre Flechten waren noch wirr. Rasch wandte Cinna sich ab und wünschte, Nebel möge ihn einhüllen.
    Er wurde zum Fluss hinuntergeführt, wo die Reste niedergebrannter Wachfeuer glommen. Als die alten Weiber stehen blieben, löste eine von ihnen ihre Hand aus den Falten ihres dünnen, im Morgenwind flatternden Kleides, darin ein plumpes Messer, eine Klinge aus ölig schimmerndem Stein, mit der sie sich ihm näherte, ohne in ihrem Gemurmel innezuhalten. Sie griff in seinen Kittel und zerschnitt den abgetragenen Stoff, während er reglos stand, unfreiwilliger Zeuge eines Albtraums. Ebenso verfuhr sie mit dem Hemd. Die Fetzen warf sie einer anderen zu, die diese zu einem wieder entfachten Feuer trug.
    Cinna schrak zusammen. Die Locke. Er stieß einen Laut aus, kaum mehr als ein Krächzen, und winkte nach dem Hemd, das ihm zurückgegeben wurde, tastete über die Naht des Halsausschnittes, bis er den kleinen Wulst spürte, den Knoten des Bandes, welches das zarte Gespinst zusammenhielt. Schnell kratzte er es heraus und schloss die Hand um diesen traurigen Rest einer blonden Strähne. Die Alte zerschnitt indessen seinen Hosenbund, so dass das Beinkleid über seine Schenkel hinunterrutschte, und wies zum Wasser, über dem die letzten Frühnebel schwebten.
    Während seine Kleider ein Fraß der Flammen wurden, ließ Cinna sich in die träge dahinströmenden Fluten führen. Mit der Kälte, die zuerst die Knie, dann die

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