Der Tribun
des Abends verschwunden, doch der würde den Weg auch alleine schaffen, schnarchte vielleicht schon längst unter seinen Decken. Obwohl Segestes beim Abschied noch Witze über Cinnas tastende Schritte gerissen hatte, fand er die Tür überraschend mühelos und sah sich sogar imstande, sie gut zu schließen, ehe er am Herd niederkauerte, um für die Nacht ein neues Scheit auf die Glut zu legen.
Das Holz knisterte in der Hitze. Thrasas Lagerstatt war aufgedeckt und leer. Cinna drehte den Ring an seinem Finger, summte ein spöttisches Soldatenlied und nahm zielstrebig seinen Weg zum Bett. Leise Atemzüge schwebten an sein Ohr. In dieser Nacht war nichts gegen einen süßen Abschluss einzuwenden. Er zog die oberste Decke zur Seite und erblickte schemenhaft den schlanken, weiß schimmernden Nacken eines Mädchens im dünnen Hemd, eine letzte Gabe des Fürsten, zweifellos hübscher als die Magd, die Thrasa übernommen hatte.
Das Mädchen presste stumm das Gesicht ins Kissen, als er neben sie zwischen die wollenen Laken glitt. Er fasste sie an der Schulter, um sie umzudrehen, doch bevor er ihr Gesicht hätte sehen können, gruben sich ihre Hände in sein Haar, und sie presste ihre Lippen auf seine.
Mit diesem stürmischen Angriff hatte er nicht gerechnet. Befremdet, aber durchaus erfreut duldete er die Umklammerung in der Trägheit des Rausches. Sie drängte sich an ihn, pflückte ängstlich und fordernd zugleich Küsse von seinem Mund, und was er roch, was er schmeckte, erinnerte ihn an ein Mädchen, das sich ihm an den Hals geworfen und das er abgewiesen hatte.
Er fuhr hoch und schob sie von sich, schlagartig ernüchtert. Vom Herd glomm ein warmer Schimmer herüber und fiel über sie. Sunja lag unter seiner Decke, die Hände vor der Brust verschränkt, blickte sie ihn erschrocken an, und der straffe Zopf fiel auf ihre Brust. Cinna verharrte regungslos, während die Flämmchen im kühlen Luftzug aufflackerten und durch den halb zugezogenen Vorhang blinzelten. Dann streckte er zögernd die Hand aus, um eine Locke beiseite zu wischen, die sich über ihre Schläfe ringelte.
»Was tust du hier?«
Sie antwortete nicht, zog nur ein wenig den Kopf ein unter seinem Blick.
»Du kannst hier nicht bleiben.« Er sprach eindringlich, leise in der Furcht, jemand könne ihn hören, könne bemerken, dass ein Mädchen – nein, welches Mädchen bei ihm sei.
»Du musst es tun«, stieß sie mit gepresster Stimme hervor. »Du musst es tun! Wenn du es nicht tust, werden wir alle zugrunde gehen – Vater, Mutter, Hraban, Saldir, das ganze Dorf –«
»Sunja!« Er packte sie bei den Schultern, schüttelte sie, und als sie schluchzend in die Decken sank, richtete er sie an den Armen auf. »Was ist los?«
»Wenn du mich hier zurücklässt, werde ich eine Geisel des Segestes sein. Was, wenn er mich mit einem seiner Leute verheiraten will, um meinen Vater an sich zu binden? Was, wenn er selbst mich haben will?«
Ratlos strich er ihr übers Haar. Als er ihre Wange berührte, stockte ihm der Atem. Er flüsterte, sie müsse zurückgehen, sie werde sicherlich bereits vermisst, aber die Worte waren nur dahingesagt. Betäubend umhüllte ihn ihre Wärme, ihr Duft, ihr blasses Gesicht dicht vor ihm, die Nasenflügel bebend, an der Schläfe der Schatten einer pochenden Ader, und sie zitterte. Seine Fingerspitzen fuhren über ihre Wangen.
Ihre Augen öffneten sich, erwiderten dunkel und wach seinen Blick, ihre Finger umklammerten befehlend seine Handgelenke, und sie schob ihn sanft von sich. Der dicke Zopf verfing sich in dem klaffenden Halsausschnitt. Fahles Licht zauberte einen Schimmer auf ihre Haut, und ihr Haar duftete nach frischen Blüten. Langsam umfasste sie den Zopf, langsam zog sie die Schleife auf, die ihn hielt, löste das Band, so dass die Flechten auseinander schnellten. Er ergriff ihren Arm. Seine Augen hetzten unschlüssig über ihr Gesicht, das sie ein wenig vorgestreckt hatte, zu dem Busen, und er ahnte die Röte auf seinen Wangen, den närrischen, lächerlichen Zug. Unversehens kam dieses Gesicht auf ihn zu, leicht schräg gelegt, die Augen fest geschlossen. Sie zog ihn in die Umarmung, in die Berührung der Lippen, die sich verfehlten, fanden, sich kaum trennten, als sie seinen Namen flüsterte, wieder und wieder, unterbrochen von Küssen und kurzen, warmen Atemstößen.
Hastig schob er das dünne Hemd hoch, bis es sich unter ihren Achseln aufrollte, lauschte den unruhigen Atemzügen, die ihre Brüste hoben und senkten,
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