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Der Tribun

Der Tribun

Titel: Der Tribun Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iris Kammerer
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berührte sie zögernd. Sie blickte ihn an, eine ängstliche Gefangene ihres verrutschten Kleides, während seine Hände über sie glitten, die zarte Wölbung berührten, die harten Spitzen. Sein Mund raste hungrig über ihre Haut, bedeckte sie mit Küssen und Bissen, unter denen sie sich in stummem Widerstreben wand. Er zerrte das Hemd über ihren Kopf, und indem er dabei unwillentlich ihre Arme fesselte, vereitelte er jede Gegenwehr und fand sie hilflos ausgeliefert. Er presste sie an sich und vernahm wie durch einen Schleier sein heiseres Flüstern. Ein Damm schien zu brechen, ein glühender Strom aufzusprudeln, der ein immer wieder unterdrücktes Verlangen emporschleuderte und sich seinen Weg in jede Faser bahnte. Fieberhaft wand er sich aus den Kleidern und warf sich auf sie wie ein Verdurstender auf den endlich gefundenen Quell, rasend vor Furcht, die süße Rettung könne ein Trugbild sein.
    Ihre Lippen lagen nass und spröde auf seinen unrasierten Wangen. Irgendwie hatte sie sich von dem Hemd befreit und ihn umarmt. Er zwängte sich zwischen ihre widerstrebenden Schenkel, die Finger hart um ihre Oberarme krallend, drückte sie in das raue Stroh, und nur nebelhaft nahm er wahr, dass sie ihn umklammerte.
    Das kurze Zurückzucken, mit dem sie ihn empfangen hatte, riss ihn aus der Wut. Dumpf erinnerte er sich, dass sie ihn irgendwann sehr kleinlaut gebeten hatte, ihr nicht weh zu tun, erkannte die Wachsamkeit, die Angst, die sie unter seiner Rohheit hatte schrumpfen lassen. Die Lust gefror.
    Er war reglos liegen geblieben, ihre Körper wie zwei Hände im Gruß verschränkt, bis er bemerkte, dass ihre Fingerspitzen schüchtern über seinen Rücken strichen. Verwundert fühlte er die sanfte Liebkosung ihrer Lippen an seiner Schulter, seinem Hals, ihren warmen Atem in seinem Nacken. Sein Blick stürzte in ihre meergrünen Augen. Wie spiegelglatte See ein Schiff trug sie ihn, wie träge Wasser, die der Wind aufrührte, regte sie sich sacht. Das leise Plätschern erhob sich kräftiger, Sturm pflügte Wogen aus der Flut; ihr Körper warf sich ihm entgegen, dass ihm schwindelte. Er sah die Glut in den halb geschlossenen Augen, hörte sich flüstern, als wäre ein anderer in diese Hülle gefahren, leise, wirre Spiele mit dem Klang ihres Namens, ihre Stimme an seinem Ohr, versank er in ihrer Umarmung, ein Schiff, das den Strudel sucht, in den es gezogen wird. Wellen warfen ihn herum, schlugen über ihm zusammen, stießen ihn hinab in den Wirbel, hinab in den Schoß der See, die sie war, und wo er mit einem erstickten Aufschrei, Salz auf den Lippen, an ihrem Mund ertrank.
    Unter der süßen Last ihres Leibes lauschte er dem Rauschen, das nicht Brandung war, sondern windgestreicheltes Laub, dem Knistern und Knacken der im nächtlichen Hauch erwachten Herdglut und Sunjas Atem. Er nahm ihr Gesicht in seine Hände, um sie zu betrachten, den Schatten, den ihr Haar im Zwielicht auf ihre Wange warf. Die Geliebte, die er in seinen Träumen hundertmal berührt, hundertmal geküsst, hundertmal umarmt hatte.
    Ein dünner Streifen Licht fand Einlass durch die Falten des Vorhangs. Sie stützte sich auf ihre Hände und sah ihn an. »Ich sollte gehen, solange ich es noch unbemerkt kann.«
    »Das halte ich für keine gute Idee«, murmelte er, ließ einen Fingernagel sacht an ihrem Arm heraufgleiten. Seine Hand verfing sich in ihren zerzausten Locken. »Keine Versteckspiele. Ich bin kein Dieb. Es ist nichts geschehen, was nicht durch eure Gesetze gestattet wäre.«
    »Und vorhin?«, widersprach sie. »Du wolltest mich zurückschicken, hast du das schon vergessen?«
    »Ich habe dich Segestes nicht anvertraut, damit er dasselbe tut, was Arminius gemeinsam mit Liuba und diesem Dagumers ausgeheckt hat. Dann hätte ich dich ebenso gut zurücklassen können.« Behutsam streichelte er ihre Wange. »Wie ich es verstehe, habe ich ein älteres Recht auf dich – und das habe ich mir genommen. Nicht mehr und nicht weniger.«
    Sie wich seinem Kuss aus, richtete sich auf. »Er wird wütend sein.«
    »Na und? Was will er denn tun? Er hat mir doch selbst …« Er stutzte, als sein Blick auf seine Hand fiel. Der Ring war verschwunden.
    Er fuhr hoch, seine Finger wühlten sich in die Decken, in das Stroh darunter, während er leise fluchte. Er riss den Vorhang beiseite, lief zum Herd, wo er einen Span entzündete, mit dem er zurückkehrte, um in seiner verzweifelten Suche fortzufahren.
    »Suchst du das hier?«
    Sunja nestelte an einer wirren Strähne, dann

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