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Der Tribun

Der Tribun

Titel: Der Tribun Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iris Kammerer
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aufgeschnappt, wenn sie unbeachtet in der Nähe der Männer gewesen war, scheinbar vertieft in ihre Handarbeit. Cinna konnte ein Schmunzeln kaum verhehlen; sie würde ihrem Vater sicher noch viel Freude bereiten.
    »Es ist unwichtig, woher ich es weiß. Ich weiß es, und ich schätze es nicht, wenn jemand sich nicht an das hält, was er verspricht.«
    Segestes verharrte einige Atemzüge lang stumm und starrte seinen Gast mit verschränkten Armen und undurchdringlicher Miene an, ehe seine Hand eine zögerliche Einladung beschrieb. »Gehen wir hinein.«
    In eben diesem Augenblick ertönten Rufe vom Tor, und ein Reiter stürmte mit hängenden Zügeln den Weg entlang. Vor Segestes’ Haus brachte er sein Pferd zum Stehen und sprang herunter, um seinen Herrn mit einer schiefen Verbeugung zu begrüßen. Noch ehe dieser ihn aufforderte, sprudelte der Bericht über seine Lippen, und er verkündete, dass Inguhraban, Inguiotars Sohn, sich auf dem Weg zu Segestes’
    Burg befinde, und bei sich führe er seine jüngeren Geschwister, unterwegs zu Wakramers, dem Bruder ihrer Mutter.
    Segestes warf Cinna einen scharfen Blick zu. »Wolltet ihr dort eine Versammlung eurer verschwägerten Sippen abhalten?«
    Unbeirrt fuhr der Bote fort, Inguhraban habe auf die Nachricht hin, seine Schwester befinde sich in der Burg des Segestes, verlangt, hierher gebracht zu werden. Er hätte sich kaum davon abbringen lassen, sofort aufzubrechen, wenn ihn nicht die Sorge um die Geschwister zurückgehalten hätte.
    Cinna fröstelte. Er hatte gewusst, dass es ein Fehler gewesen war. Bis zum gestrigen Abend hätte er den Kopf noch aus der Schlinge ziehen können. Jetzt war sein Leben, wenn er Hrabans eigenen Worten Glauben schenkte, nicht den Dreck unter seinen Fingernägeln wert. Er tastete nach seiner Kehle.
    »Ich vermute, du würdest deine Unbedachtsamkeit jetzt gerne rückgängig machen.« Segestes hob die Schultern und ließ sie wieder fallen. »Ich kann dir nicht helfen. Du hast deinen Anspruch geltend gemacht.«
    »Ich bestehe darauf«, erwiderte Cinna rau. »Alles, was ich will, ist, dass ihr nichts geschieht.«
    »Das möchte ich auch – seitdem sie mein Haus betreten hat. Wenn ihr Vater auch nur andeutet, ihr etwas zuleide zu tun, werde ich sie nicht herausgeben. Eher würde ich sie als Frau zu mir nehmen. Schon um Thiudasneldas willen.« Wieder traf Cinna ein Funkeln aus den verengten Augen. »Ich kann es noch immer.«
    Cinna erwiderte den Blick, bis Segestes sich dem Späher zuwandte und ihn mit einem Nicken entließ. Es musste eine andere Lösung geben.
    Ein weiterer Reiter trieb sein Pferd den Weg hinauf, scheuchte die Menschen mit hellen Rufen aus dem Weg. Hrabans Stimme. Kaum auf dem Hof, brachte er seinen Fuchs mit scharfem Zügelzug zum Stehen. Die Brust des Tieres war mit weißen Flocken gesprenkelt, und es keuchte bei heraushängender Zunge. Hraban war mit einem Satz abgesprungen, strauchelte und stolperte vorwärts, und ehe Cinna sich versah, stand er gefährlich nahe vor ihm und starrte ihn an.
    »Wo ist sie?«, stieß er heiser hervor und packte Cinnas Schultern. »Wo ist sie?«
    Cinna wich zurück und näherte die Rechte dem Griff des Schwertes. »Was willst du von ihr?«
    »Ich war ein Narr! Ein blinder Narr! Ich hätte es erkennen müssen.« Aufgelöst hastete Hraban hin und her, und erst als er innehielt, schien er zu bemerken, dass Cinna die Hand an der Waffe hatte. »Diese schwachsinnige Drohung, dieser Schwur … es tut mir Leid.« Er bedeckte das Gesicht. »Bitte sag mir, wo sie ist.«
    »Gibt es einen Grund dafür, dass das wichtiger ist, als den Herrn der Burg zu begrüßen?«, meldete sich Segestes zu Wort.
    Langsam ließ Hraban die Arme sinken, neigte den Kopf und haspelte die Floskeln herunter, was Segestes befriedigt nicken ließ. Kaum war der Höflichkeit Genüge getan, wandte Hraban sich wieder Cinna zu. »Ich werde meiner Schwester nichts tun – weder ihr noch dir, ganz gleich, was geschehen ist. Nichts kann das übertreffen, was ich getan habe.«
    »Wovon sprichst du?«
    Nochmals vergrub Hraban das Gesicht in den Händen, rieb Stirn und Schläfen. »Ich habe meinem Bruder vertraut. Als ich ihn nach Harjawakrs’ Weihe zu Rate zog, brachte er uns auf Daguvalda, dessen Vater wir als unabhängig kannten. Doch was wir nicht wussten, war, dass auch Arminius schon eine Weile mit Dagumers verhandelte, dass Daguvalda Arminius zuneigte und dass ausgerechnet Liuba derjenige war, der die Verhandlungen führte.« Er hob

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