Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Tribun

Der Tribun

Titel: Der Tribun Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iris Kammerer
Vom Netzwerk:
den Kopf, starrte Cinna wild an. »Vater hat ihn verstoßen und zum Feind erklärt – du würdest sagen, er hat ihm Feuer und Wasser verboten.«
    »Und deine Mutter?«
    Achselzuckend wandte Hraban sich ab. »Ich glaube, sie wollte es mehr als Vater. Als sie erfuhr, dass Liuba uns belogen hatte, dass er seine eigene Schwester dazu benutzte, seinen Vater in ein Bündnis zu zwingen, verfluchte sie ihn.«
    Hrabans hustender Fuchs wurde weggeführt; dass man gut für ihn sorgen würde, zeigte Segestes’ freundliche Miene. Er nahm Hrabans Arm und wies einladend auf die Tür seines Hauses. Cinna wäre lieber draußen geblieben, um überblicken zu können, wer sich seinem Quartier näherte, dem Haus, in dem Thrasa Sunja bewachte – sofern zumindest dieser zuverlässig war.
    »Dagumers kündigte an, er werde eine hohe Entschädigung verlangen für die beiden Pferde, seine Aufwendungen und die entgangene Verbindung«, murmelte Hraban und nahm einen weiteren Zug von dem Becher, den Segestes’ Tochter ihm gereicht hatte. »Du hast uns gerettet – und Sunjas Leben dafür geopfert.«
    Er lächelte matt. Cinna hätte Sunja gerne zu ihrem Bruder gebracht, doch er misstraute Segestes und musste sich darauf verlassen, dass Thrasa Wort hielt, obwohl es zum Schaden seines Gefolgsherrn war.
    »Es wird eine Fehde geben«, fuhr Hraban fort. »Deshalb bringe ich Saldir zu Wakramers. Dass wir unterwegs den Späher trafen, ist Zufall – oder Wille der Götter.«
    Segestes mischte sich ein. »Ich wäre bereit, deine Schwester in meinem Hause aufzunehmen, Inguhraban, Inguiotars Sohn. Nicht als rechtmäßige Gattin, aber ich würde sie ehren, damit ihre Anwesenheit meinem Hause Glanz verleiht, ihre Liebe meinen Nächten Freude und ihre Fürsorge meiner Tochter das, was sie seit dem Tod ihrer Mutter missen muss.«
    Noch während er sprach, wandte Hraban sich Cinna zu, und sie wechselten einen langen Blick.
    »Es ist deine Entscheidung«, flüsterte Hraban gepresst.
    In seinen Augen tanzten beredte Lichter, er schien zu drängen, zu bitten, zog die Brauen leicht zusammen. Wenn er wollte, dass Sunja an diesen Mann fiel, würde er dann nicht sofort zustimmen oder auf die Einhaltung irgendwelchen absonderlichen cheruskischer Bräuche pochen, anstatt ihn zu fragen?
    »Was gibt es da zu entscheiden? Ich habe sie mir genommen, und ich werde sie behalten. Das Haus meines Vaters ist ein Ort, der ihr angemessen ist und dem sie ebenso viel Glanz verleihen kann. Außerdem bin ich willens und imstande, sie zu meiner rechtmäßigen Gattin zu machen.«
    Ein feines Lächeln grub sich in Hrabans Mundwinkel und leuchtete aus seinen Augen. Cinna fühlte sich ertappt, und obwohl er wusste, dass er nicht gelogen hatte, war es nur ein Versprechen, mit dem er Segestes übertrumpfen konnte, ein nicht einmal allzu aussichtsreiches. Doch kaum dass er es ausgesprochen hatte, war er entschlossen, es zu halten und erwiderte Hrabans Blick, den unversehens etwas anderes einfing. Seine Züge hellten sich auf, er stürmte an Cinna vorbei, der ihm nachschaute und sah, wie die Geschwister einander umarmten. Hinter ihnen zuckte Thrasa hilflos die Achseln.
    »Wir hätten einen Handel machen können«, raunte Segestes. »Freies Geleit und keine Frau, die dich aufhält auf deinem Weg zurück.«
    Sunja befreite sich und führte Hraban mit festen Schritten zu Cinna, ergriff dessen Rechte, so wie sie bereits die ihres Bruders hielt, und legte ihre beiden Hände zusammen, umschloss sie warm mit ihren. »Wenn ich noch das Recht habe, einen Wunsch auszusprechen oder einen Rat zu geben, dann hört mich an und haltet Frieden.«
    Ihre Stimme war fest, sie hatte sich die Worte offenbar zurechtgelegt, und Hrabans Begrüßung hatte ihr Mut gemacht. Hraban griff nach Cinnas Schultern, wie er es schon einmal getan hatte auf dem Anwesen des Segimers, in der Nacht vor seinem Zweikampf. Doch diesmal war es Cinna, der ihn an sich zog und ihm den Rücken tätschelte, während er den scharfen Geruch des Schweißes einatmen musste. Rasch schob er Hraban von sich, stieß scherzhaft mit dem Finger nach ihm. »Du brauchst ein Bad!«
    »Das wird er bekommen, ebenso wie seine Geschwister«, meldete sich Segestes, und mit einem Händeklatschen versammelte er eine kleine Schar von Bediensteten um sich.
     
    Noch während der hektischen Vorbereitungen traf die Reisegruppe unter Waihtis’ Führung ein. Inguiomers ließ es sich nicht nehmen, dem Mann, der seinen Braunen übernahm, genaue Anweisung zu dessen

Weitere Kostenlose Bücher