Der Tribun
japsten, auch das Mädchen war da, wollte sich wütend auf ihn stürzen, doch der Bursche hielt sie zurück und herrschte sie an. Als Cinna in hilfloser Abwehr die Hand hob, umschloss Hraban diese mit einer warmen, freundlichen Pranke und zog ihn auf die Füße. Zum zweiten Male sah sich Cinna gefangen, zum zweiten Male würde man ihn in das schmutzige Dorf schleppen.
Hraban führte den Erschöpften zu dem großen Pony, das neben dem Rappen an einem Busch geduldig wartete. Dort hatten sich auch die Hunde wieder aufgepflanzt und hechelten ihnen mit bebenden Flanken entgegen. Das also waren die Heerscharen von Verfolgern, die ihm die Angst vorgegaukelt hatte – ein Mädchen, ein kaum mehr als halbwüchsiger Bursche und zwei magere Hunde. Cinna barg das Gesicht in den Händen und atmete tief durch.
Hraban schwang sich auf das Pony, half dann dem Gefangenen hinauf, so dass dieser hinter ihm zu sitzen kam. Als ob er ihm vertraue.
Entmutigt hockte Cinna auf dem Pony, das unter der doppelten Last schwerfällig heimwärts zockelte, obwohl der Reiter es ungeduldig vorwärts trieb. Sunja ritt ihnen voran, zügelte immer wieder den Rappen, um auf sie zu warten und den Bruder zur Eile anzuhalten. Ihr Anblick weckte die Erinnerung an die lebendige Haut, die er einen Augenblick lang unter seinen Händen gefühlt hatte, an den warmen Körper in seinen Armen und den Duft des Nachtlagers, den sie trug wie eine kostbare Salbe.
Fackelschein blinkte zwischen den Bäumen auf, ferne Rufe hallten durch den Wald. Die Pferde wandten sich dorthin und durchbrachen schließlich das Dickicht am Waldrand, wo sie von Bewohnern des Dorfes in breiter Reihe erwartet wurden. Vor ihnen stand Inguiotar, der schnaufend die Fäuste ballte und sich keine Mühe gab, seinen Groll zu verhehlen. Cinna fühlte sich wie ein Narr, als Hraban ihn vom Rücken des Ponys zog und mit unmissverständlichem Druck vor den Vater schob. Das Summen der zahllosen Stimmen erstarb.
Ein barscher Ruf traf Cinnas Ohr, dann Hrabans gepresste Warnung, dem Befehl des Herrn Folge zu leisten und zu Boden zu blicken. Trotzig warf Cinna den Kopf in den Nacken, als ihn Rieses Faust mit solcher Wucht traf, dass er wankte. Benommen nahm er wahr, dass jemand ihm Hände und Füße fesselte. Zwei kräftige, junge Kerle hakten sich an seinen Armen ein, zerrten ihn den Hang hinauf ins Dorf, durch das Tor und bogen in einen schmalen Pfad ein, der an Rieses Haus vorbeiführte zu jenem verhassten Verschlag. Wie ein widerspenstiges Kind wurde er hineingestoßen, die niedere Pforte von außen verriegelt, während er mit beiden Füßen dagegenhämmerte und schrille Verwünschungen ausstieß. Er fluchte und schmähte seine Peiniger, bis er bemerkte, dass sie bereits fortgegangen waren, ohne sich weiter um ihn zu kümmern.
IV
Der Morgen graute, färbte den östlichen Himmel rosig, und die aufgehende Sonne versprach einen weiteren klaren Tag. Durch die Ritzen der Wand starrte Cinna in das gleißende Licht, während er mit wundem Rücken auf dem Boden des Verschlages kauerte. Die Schultern schmerzten; er hatte den Rest der Nacht durchwacht, was ihm Gelegenheit genug gegeben hatte, darüber nachzudenken, ob diese Verschärfung der Gefangenschaft die einzige Strafe für seine Flucht bleiben oder ob Riese weitere Bosheiten aushecken würde. Wenn Sunja ihrem Vater den Angriff verraten hatte, ging es um Leben und Tod, davon war er überzeugt.
Fahrig zerrte er an den Riemen, die seine Handgelenke bissen. Seine Versuche, die Fußfesseln zu lösen, waren daran gescheitert, dass die aus den festgezurrten Knoten ragenden Enden der Riemen abgeschnitten worden waren, so dass er sie nicht zu fassen bekam und schließlich aufgab.
Mittag verging und brachte einen kurzen Regen; noch lange nachdem der Schauer versiegt war, fanden einzelne Tropfen ihren Weg durch das Strohdach. Als die Sonne wieder durch die Wolken brach, beobachtete er durch das dürre Flechtwerk der Wand, von dem der Lehmputz bröselte, die Frauen und Mädchen, die zwischen den Bäumen Leinen spannten und daran Laken und Kleider aufhängten. Sie hielten sich fern von seinem Gefängnis, doch weil sie aus dem Schutz der nassen Wäsche die Hälse reckten, um nach dem Verschlag Ausschau zu halten, argwöhnte Cinna, dass Riese verboten hatte, sich ihm zu nähern.
Die Frauen verschwanden, der Nachmittag mündete in einen kühlen Abend, und als sich Nacht herabsenkte, hörte er, wie das Vieh auf den Hof getrieben wurde.
Durst plagte ihn, heftete
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