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Der Tribun

Der Tribun

Titel: Der Tribun Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iris Kammerer
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hatte er sich einen lästigen Husten eingefangen. Als er am folgenden Morgen von Swinthas Geschäftigkeit geweckt wurde, spürte er ein feines Pochen zwischen den Schulterblättern. Vorsichtig schob er die Hand unter das Hemd, um die wunde Stelle zu berühren, doch das Tuch klebte auf der Haut. Als er versuchte, den Stoff abzulösen, benetzte eine zähe Feuchtigkeit die Fingerkuppen. Swintha hielt in ihrer Arbeit inne und sah ihn an. Ihre Hand legte sich beruhigend auf seinen Arm; dann erhob sie sich rasch und schlüpfte in die Nische ihrer Herrin.
    Er hatte den Stoff von der aufgebrochenen Wunde gerissen, ehe Thauris zu ihm trat, und folgte ihrem Wink, sich umzudrehen. Ihre Finger huschten über seinen wunden Rücken, sachkundig wie die eines Arztes.
    »Es ist nicht schlimm«, murmelte sie. »Dein Husten macht mir mehr Sorgen, jetzt, so kurz vor dem Winter.«
    Sie tupfte die Entzündung behutsam mit einem Tuch ab, das mit heißem Wasser getränkt war, trocknete sie und trug eine kühle Salbe auf.
    »Du sollst den Sud trinken, wie ich dir geraten habe«, sagte sie, als er sich räusperte. »Ich weiß, dass er nicht besonders gut schmeckt, aber er hilft.«
    Langsam erhob sie sich, ging zu den Banktruhen, die an der Stirnseite des Hauses aufgereiht waren. Nacheinander förderte sie verschiedene Kleidungsstücke aus derberem Tuch zutage, die sie Swintha mit einem raschen Wink übergab.
    Noch bevor Cinna den warmen Kittel über den Kopf gezogen hatte, betrat Hraban den Raum, wechselte ein paar geflüsterte Worte mit der Mutter und winkte Cinna zu sich. Draußen hielt er kurz Ausschau und nahm dann den Weg zum Tor. Schweigend folgte Cinna ihm, verließ sich darauf, dass Hraban wusste, was er tat, und dass Liuba anderweitig beschäftigt war. Sein Atem verwandelte sich in dünnen weißen Dampf, während er den Umhang unter den Armen feststopfte. Er bemühte sich, das leichte Humpeln, das ihm von Arminius’ Behandlung geblieben war, zu verheimlichen, doch der Abstand zwischen ihnen vergrößerte sich zusehends. Nachdem sie das äußere Tor hinter sich gelassen hatten, ging Hraban langsamer, so dass sie die Straße im Tal gemeinsam erreichten.
    Eine zarte Eisschicht, die von winzigen Rissen durchzogen war, bedeckte die zahllosen Pfützen. Erbarmungslos kroch die Kälte in die Ärmel der beiden Hemden, die Cinna übereinander trug. Mühsam rang er den Hustenreiz nieder.
    Hraban folgte der Straße bis zu der Stelle, wo sie auf den kleinen Fluss stieß, der den See speiste. Die aus roh behauenen Bohlen gezimmerte Brücke wirkte wenig Vertrauen erweckend; sie mit einem Wagen zu befahren, wäre ein äußerst kühnes Unterfangen gewesen. Es war nicht mehr als ein breiter, schwankender Steg, den sie möglichst rasch hinter sich brachten. Unter ihnen sprang das Wasser über runde Steine, und glasige Eishäute ragten aus dem unterspülten Ufer.
    Wenige Schritte hinter der Brücke zweigte ein breiter Weg in Richtung Norden ab, den Hraban einschlug, ohne sich umzusehen. Sie passierten eine Wiese, deren Gras bereits vergilbt war und hinter der sich Brachland erstreckte, bevor sich ein weiterer Wald um sie schloss und der schmaler werdende Pfad sie zum Seeufer führte.
    »Ich denke, es ist an der Zeit, dass du mir einiges erklärst«, brach Cinna das Schweigen.
    Hraban warf einen Blick zurück. »Ich bin mir nicht sicher, ob das gut ist.«
    »Ich würde wirklich gerne wissen, wie groß die Gefahr ist, in der ich mich befinde, und ob überhaupt noch eine Möglichkeit besteht, dass ich jemals wieder herauskomme.«
    Unentschlossen trottete Hraban weiter.
    »Was genau willst du wissen?«, murmelte er vorsichtig.
    »Alles. Von Anfang an.«
    »Alles? Glaubst du, ich weiß alles?«
    »Es würde mir schon genügen, wenn ich wenigstens so viel wüsste wie du.«
    Der Wald wurde dichter; ein brauner Nadelteppich dämpfte ihre Schritte. Kleine Wellen leckten ein Stück weit neben dem Pfad am Ufer und an den dünnen Eisschollen, die sich im Schatten zahlreich gebildet hatten.
    »Wo ist dieser Aufstand entstanden?«
    »Aufstand ist vermutlich das falsche Wort für das, was geschehen ist«, begann Hraban zaghaft. »Immerhin waren es eure eigenen Hilfstruppen, die sich gegen euch erhoben haben. Versprochene Belohnungen waren nicht geleistet worden. Hinzu kam, dass Varus durch die Lande zog und überall kleine Gerichtshöfe einrichtete –«
    »Die eifrig in Anspruch genommen wurden«, unterbrach Cinna ihn. »Das ist nichts Neues.«
    Hraban sah ihn

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