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Der Tribun

Der Tribun

Titel: Der Tribun Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iris Kammerer
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das schöne Stück Hraban geben, doch der schob seine Hand mit einem Lächeln zurück.
    »Beeil dich. Wir werden den ganzen Tag unterwegs sein.«
     
    Nach langem Marsch auf dem Weg, der sie den Fluss entlang geführt hatte, waren sie auf einen schmaleren Pfad abgebogen. Hraban musste absitzen, weil die Räder sich in den schweren Waldboden fraßen. Nur mühsam ließ sich der Wagen vorwärts bewegen, so dass sie schließlich das Zugpferd ausspannten und es mit den leeren Krügen und Beuteln bepackten, die auf der Ladefläche gestanden hatten. Hraban half seiner Schwester aufs Pferd; wie eine Dame saß sie seitwärts im Sattel, während er es den schmalen Weg hinaufführte.
    Schon von fern bemerkte Cinna die Palisade aus den schlanken Stämmen junger Eschen zwischen den Bäumen. Dort entsprang das Rinnsal, das den Pfad ins Tal begleitete. Kein Tempel, kein Priester weit und breit; auch dieses Heiligtum war nichts als ein winziger, von einem Knüppelzaun umgebener Hain am Hang eines abgelegenen Berges; grob geschnitzte Holzfiguren waren hier und dort in den Boden gerammt, alles Übrige unberührt wie in einem verwilderten Garten. Faulendes Laub und zerfallenes Schilf bedeckten als schuppige Haut die schwarze Erde. Den einzigen Unterschied zum Opferplatz am See schien der Quellteich zu bilden, der sich inmitten des eingezäunten Geländes befand.
    Die Geschwister ließen Cinna bei den Pferden zurück und betraten den Hain auf morastigen Bohlenwegen. Aus Hrabans Andeutungen hatte er schließen können, dass ihre Aufgabe längere Zeit in Anspruch nehmen würde. Die mitgeführte Decke rollte er zu einem notdürftigen Sitzpolster zusammen, bevor er sich neben einer Buche niederließ und in dem Versuch, die Zeit zu verdösen, den Mantel enger um sich schlang.
     
    Leichte Schritte ließen ihn aufmerken. Kaum die Augen öffnend, sah er Sunja näher kommen; ihr Gang war beschwingt, und das Kleid floss schwer um ihre Beine. Auf ihren Zügen schimmerte ein feines Lächeln, kaum mehr als eine Andeutung. Er richtete sich langsam auf. In den Augen eines Römers war sie mit ihren siebzehn oder achtzehn Jahren eigentlich schon eine alte Jungfer; ihr fehlte das Hilflose, Niedliche, Rührende, das Bräute auszeichnete. Sie bebte und zitterte nicht wie diese zarten Blümchen, wie seine arme Marcia. Auch nicht wie das andere Ding, das sein Vater in seiner Abwesenheit für ihn ausgesucht hatte, um den Ehegesetzen des Augustus Genüge zu tun. Sunja besaß die Anmut einer Rose, sie hatte ihren eigenen Kopf, einen schönen Kopf mit eigenen Gedanken. Es würde schwierig werden, sie an die Gepflogenheiten in einem anderen Haus zu gewöhnen. Doch ihr zukünftiger Mann würde nicht warten müssen, bis die Knospe erstmals die spröden Kelchblätter sprengen würde; diese Rose prangte bereits in erster Blüte und verströmte kühlen, tauigen Duft.
    Als sie an den Schnüren der mitgebrachten Beutel nestelte, trat er zu ihr. Einen Augenblick lang atmete er diesen Duft und berührte ihre Finger, als er ihr die harten Riemen entzog. Nur zögernd wich sie zur Seite, vielleicht ohne zu bemerken, dass er seine Hand unnötig lange auf ihrer hatte liegen lassen. Er löste den schweren Beutel vom Trageriemen, öffnete ihn und hielt ihn ihr hin. Sie dankte mit einem Blinzeln, bevor sie sich darüber beugte und darin kramte, wobei zwischen den beiden dicken Zöpfen der Nacken leuchtete und sich in dem Schatten verlor, den der Kragen des Kleides auf ihre Haut warf. Schnell richtete er den Blick auf einen der umstehenden Weißdornbüsche, dessen Zweige mit spitzen Dornen bewehrt waren.
    Sie fand, was sie gesucht hatte, einen winzigen Gegenstand, den sie in der Linken verbarg. Ihre Hand drückte leicht seine, dann kehrte sie zurück in den umzäunten Hain.
     
    Die Sonne neigte sich bereits gen Westen, als sie sich auf den Rückweg machten. Auf dem Karren standen zwei große Krüge, bis zum Rand gefüllt mit geweihtem Wasser aus der heiligen Quelle; Haus und Versammlungsplatz sollten damit gereinigt werden. Weit entfernt vom Dorf, wo der Wald dicht und dunkel stand, schritt Hraban auf dem schmalen Weg neben seinem Pferd voran. Er schien völlig sorglos, obwohl ihn der schroffe Abschied des Arminius und die unheilvollen Zeichen – Saldir hatte Cinna alles zugetragen, was sie gehört hatte – zutiefst beunruhigt haben mussten. Schließlich hatte Cinna am eigenen Leib erfahren, dass es genügend umherziehende Strolche und Banden gab, welche die Belohnung für die

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