Der Tribun
gewaltigen Leiber, ehe er zur Seite ausbrach, um in langen, schnellen Sätzen zum Haus zu rennen. Zischend sauste ein Pfeil an ihm vorbei, um sich in das Strohdach zu bohren. Ein zweiter streifte ihn, ritzte Hemd und Haut.
Ein Knistern und Brausen verriet, dass die Angreifer Feuer legten. Schon stand einer der Schuppen in Flammen, Schreie und Lärm brandeten auf, als die Dorfbewohner zusammenliefen. Kaum gelang es Cinna, ins Haus einzubrechen, wo die Frauen ihm entsetzt entgegenstarrten; sie hatten einen Feind erwartet. Hastig verriegelte Cinna die Tür.
Leiber prallten gegen die mürben Planken, die für eine derartige Belastung nicht gebaut waren. Holz knirschte und splitterte. Seine umherirrenden Blicke fielen auf Thauris, die einen Dolch in Händen hielt. Deren Augen ihn feige schalten. Gunthis, Swintha und Saldir rafften fahrig Habseligkeiten zusammen. Draußen toste wilder Kampfeslärm, als Inguiotar und seine Leute sich der Übermacht der schwer bewaffneten Eindringlinge stellten.
Die Tür krachte unter einem erneuten Ansturm. Gunthis bewaffnete sich mit einem glühenden Scheit und trat das Feuer aus, Saldir schüttete Sand über die Glut, und Swintha rang die Hände gen Himmel. Das Kind rannte zu Cinna, als erhoffe sie sich von ihm Hilfe.
Weiß leuchtete Inguiotars kostbarste Waffe von ihrem Platz an der Wand, schimmerten die silbernen Beschläge der Schwertscheide auf dem Wolfsbalg. Cinna drückte Saldir die blutverschmierte Speerspitze in die Hand. Mit einem Satz stand er auf einem Schemel. Er riss die beiden Lanzen herunter und warf sie den Frauen zu. Als seine Finger die mit Silber beschlagene Scheide umfassten, schrie Thauris auf.
Kühl schmiegte sich der mit ledernen Riemen umwickelte Griff in seine Hände. Thauris hatte sich an ihn gehängt, ihm wütend befohlen, die Waffe fallen zu lassen, just als die Planken krachend zersplitterten, der Riegel zersprang und die Zapfen brachen.
Ohrenbetäubender Lärm erfüllte das Haus. Kreischend wich Swintha in den hintersten Winkel zurück, verfolgt von den beiden Angreifern. Der eine bekam Saldirs Zöpfe zu fassen, zerrte das Mädchen zu sich. Dann hielten die beiden Krieger inne. Sie wechselten einen Blick und verzogen die Gesichter zu einem Grinsen. Was sie sahen, waren drei verschreckte Frauen, das Mädchen, das sich bereits in ihrer Gewalt befand – und der Gefangene, den sie wohl suchten.
Als sie vorrückten, hielt Cinna die Waffe noch immer hinter dem Rücken verborgen. Er drehte sich halb um, als wolle er flüchten. Stattdessen riss er das Schwert aus der Scheide und sprang im selben Moment vor, bewaffnet mit der strahlend weißen Klinge aus gehärtetem Stahl. Thauris zur Seite stoßend, warf er sich den Kriegern in den Weg.
Als wäre sie ein Teil von ihm, lag die Waffe in der Hand, schwer und scharf, Werkzeug seines Willens. Die Männer stutzten. Sie hatten wohl erwartet, einen ratlosen, um Gnade winselnden Knecht vorzufinden, keinen entschlossenen Krieger. Sogar Thauris starrte ihn bestürzt an.
Unversehens brach einer der beiden in schallendes Gelächter aus. Der andere fasste seinen nagelbewehrten Prügel fester, schwang ihn mit einem wilden Brüllen. Cinna wich der Waffe gewandt aus, klug genug, den Angriff nicht abzuwehren. Er schnellte vor, stieß nach dem Gesicht des Gegners und drängte ihn zurück, bis er taumelte. Schneller als erwartet fuhr ein pfeifender Hieb durch die Luft, trennte die gefährliche Keule von einer unbrauchbaren Hand. Mit einem Schrei rammte Thauris die Lanze in den Körper des Verwundeten, während Cinna sich dem zweiten Widersacher zuwandte.
Saldir hatte sich losgerissen. Wieder hastete sie zu ihm, versteckte sich hinter ihm. Der Eindringling machte keine Anstalten zu einem Angriff, stand nur mit weit aufgerissenen Augen da.
Das Schwert, das Cinna vor sich hielt, zitterte in seiner Linken, als verlange es nach neuem Blut. Der Mann schien nicht kämpfen zu wollen – im Gegenteil: Er wich zurück, prallte gegen die zerbrochene Tür, stolperte rückwärts über die Trümmer. Sein Schwert schlug dumpf auf dem Boden auf. Cinna setzte dem Mann nach, der ihn aus schreckgeweiteten Augen anstarrte und sich nur zögernd mit den Armen vor den ungezielten Stichen schützte. Plötzlich warf er sich herum und stürzte hinaus.
»Teiwas!«, brüllte er über den Hof. »Teiwas! Er ist unberührbar!«
Als Cinna aus dem Haus brach, war er für einen Augenblick vom Licht geblendet. Saldir schrie neben ihm auf. Cinna wirbelte
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