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Der Tristan-Betrug

Titel: Der Tristan-Betrug Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Ludlum
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zusammengebaut und wartete jetzt in seinem Zimmer, um ihn damit zu überraschen. Ein Funkgerät durfte er natürlich nicht unbeaufsichtigt in einem Hotelzimmer stehen lassen.
    Aber die Zimmertür war abgesperrt, und sein wiederholtes Anklopfen blieb ohne Echo. Auch aus Rogers Zimmer meldete sich niemand. Metcalfe kehrte zum Schreibtisch der deschurnaja zurück. »Mein Zimmer ist abgesperrt«, sagte er streng. Nur so konnte man mit den sauertöpfischen Kontrolleurinnen zurechtkommen: indem man die Herrischen anherrschte. »Ich brauche den Schlüssel, und wenn Sie ihn einem Unbefugten gegeben haben, sorge ich dafür, dass Sie rausfliegen.« Er wies seinen Reisepass vor. »Haben Sie meinen Zimmerschlüssel jemand anders gegeben?«
    Die deschurnaja war im ersten Augenblick sprachlos. Sie war eine Frau, die nach dem äußerst wichtigen sowjetischen Prinzip porjadok - Ordnung - lebte. Es gab eine Methode, etwas richtig zu tun, und sie hatte dagegen verstoßen, indem sie einen Zimmerschlüssel dem falschen Gast gegeben hatte. Sie hielt Metcalfe mit finsterer Miene den Zweitschlüssel zu seiner Tür hin. »Aber bringen Sie ihn wieder zurück!«, rief sie ihm noch nach.
    Natürlich konnten alle möglichen Leute sich den Zimmerschüssel geholt haben: NKWD-Agenten, obwohl sie vermutlich Zugang zu Generalschlüsseln hatten, oder sogar jemand von der amerikanischen Botschaft. Erst als er zum zweiten Mal seine Zimmertür erreichte, erinnerte er sich an Ted Bishops Worte.
    Ein Kraut-Gentleman ... Er hat gesagt, ein alter Freund habe ihn gebeten, jemanden aufzusuchen. Hat gesagt, er könne sich nicht an den genauen Namen erinnern. Einfach jemand, der vor kurzem aus Paris angekommen ist ... Irgendwas an seiner Story hat leicht faul gerochen.
    Ein Kraut-Gentleman. Ein Nazi. Dem Typ nach vom SD - vom Sicherheitsdienst, der SS-Geheimpolizei.
    Jemand, der vor kurzem aus Paris angekommen ist, um hier jemanden aufzusuchen.
    Die Zerstörung der »Höhle«, ihrer geheimen Pariser Funkzentrale, war nur der Anfang gewesen. Corkys Netzwerk wurde aufgerollt. Irgendwie hatten sie seine nach Moskau führende Spur aufgenommen.
    Was seinen Freunden von der Pariser Station zugestoßen war, konnte ihm leicht ebenfalls passieren.
    Jemand lauerte ihm in seinem Zimmer auf. Davon war Metcalfe jetzt überzeugt.
    Er wartete darauf, Corkys Netzwerk endgültig aufrollen zu können. Er wartete auf ihn, um ihn zu ermorden.
    Dies war eine Falle, erkannte Metcalfe, in die er jedoch nicht gehen würde. Er hatte keine Waffe; folglich durfte er das Zimmer nicht betreten. Es gab einen anderen Weg in die Hotelhalle hinunter, auf dem er nicht an der mürrischen deschurnaja vorbeigehen und zeitraubende Erklärungen abgeben musste. Er rannte die Personaltreppe hinunter, nahm dabei je zwei Stufen auf einmal. Dann durchquerte er mit irritierter Miene die Hotelhalle und baute sich am Empfang auf.
    »Dieser verdammte Schlüssel!«, rief er aus, indem er ihn hochhielt. »Er passt nicht ins Schloss!«
    »Wissen Sie bestimmt, dass Sie den richtigen Schlüssel haben, Sir?«, fragte der Angestellte an der Rezeption. Er ließ ihn sich geben, begutachtete ihn. Die Zimmernummer war deutlich lesbar auf dem Schlüsselanhänger eingeprägt. Ein Irrtum war ausgeschlossen.
    »Man dreht ihn nach links, Sir. Entgegen dem Uhrzeigersinn.«
    »Das weiß ich. Aber es funktioniert nicht. Schicken Sie bitte jemanden mit hinauf, der die Tür aufkriegt? Ich hab's eilig.«
    Als der Angestellte auf eine Klingel schlug, tauchte aus dem Gepäckraum hinter dem Empfang ein Page auf.
    Nach knapper Einweisung in rasend schnellem Russisch trat der Page - noch ein Teenager - auf Metcalfe zu, verbeugte sich schüchtern und griff nach dem Zimmerschlüssel. Metcalfe folgte ihm zum Aufzug. Im dritten Stock stiegen sie aus, gingen an der deschurnaja vorbei, die Metcalfe anfunkelte, ohne etwas zu sagen, und folgten dem Korridor zu seinem Zimmer.
    »Ist das Ihre Tür, Sir?«, fragte der Junge.
    »Versuchen Sie's mit dem Schloss. Ich habe keinen Erfolg gehabt.« Während Metcalfe sprach, blieb er hinter dem Pagen. Falls der unbekannte Deutsche im Zimmer auf der Lauer lag, würde er nicht schießen - wenn er Metcalfe überhaupt mit einer Schusswaffe erledigen wollte -, sobald er die Stimme des Jungen hörte. Lauerte dort drinnen wirklich ein Killer, würde er sich nicht von humanitären Überlegungen in Bezug auf ein unschuldiges Opfer, sondern allein von praktischen Erwägungen leiten lassen. Einem professionellen

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