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Der Triumph der Heilerin.indd

Titel: Der Triumph der Heilerin.indd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannter Autor
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Teufel auf der Suche nach verlorenen Seelen durch die Nacht. Irgendetwas stimmte nicht. Die beiden jungen Frauen bekreuzigten sich, klopften an das Scheunentor und baten laut um Einlass. Deborah aber starrte in die dunkle Ferne und betete um Hilfe. Aber sie betete zu einem anderen, einem älteren Gott. Sie betete zur Schwertmutter.
    In unsicheren Zeiten wie diesen verrichteten die Wachen am Kruispoort, einem der großen Stadttore von Brügge, ihren
    Dienst besonders sorgfältig. Jeden Abend wurde das Tor bei Sonnenuntergang geschlossen und fest verriegelt und bis zum Morgen für keine Menschenseele - weder Mann, Frau noch Kind - geöffnet.
    »Einen englischen Engelstaler für jeden, wenn ihr das Tor aufmacht! Kommt schon, lasst uns ein, wir haben Dringendes zu erledigen. Mein Herr, der König .« Hastings rief laut, aber seine Worte wurden vom Wind davongetragen.
    »Was? Ein König? Ha! Wenn er wirklich ein König ist, soll er gefälligst bei Tag wiederkommen, damit wir ihn sehen können. Und nun verschwindet! Bei dem Lärm wachen die Leute auf.«
    Entmutigt drehte sich Hastings zu Edward um. »Wenn es keinen anderen Weg in die Stadt gibt, Majestät .«
    Edward ritt vor das Tor, nestelte an seiner Kapuze und streifte sie zurück, so dass die Torhüter sein Gesicht sehen konnten. »Ich bin Edward Plantagenet, König von England.«
    Die Fackeln der Wachen kämpften mit demselben Wind, der auch seine Worte davontrug. Sie konnten unmöglich sehen, wer dort im Schatten der Stadtmauer stand und sie anschrie.
    Edward brüllte noch lauter. »Ich habe Wichtiges mit eurem Herzog, meinem Schwager, zu besprechen. Öffnet dieses Tor!«
    »Und wenn Ihr der Louis aus Frankreich wärt, was kümmert es uns.« Eine Salve von Pfeilen flog aus der Brustwehr des Stadttors - sie sollten die Fremden nur erschrecken, nicht töten. Ein Pfeil streifte William Hastings am Kopf, ein anderer flog so dicht am Ohr seines Pferds vorbei, dass es sich erschreckt aufbäumte.
    »Verschwindet. Sonst machen wir Ernst!«
    Edward wendete abrupt sein Pferd und trieb es erst zu einem leichten, dann zu einem gestreckten Galopp an. Er schrie: »Wie viele Tore gibt es hier, Richard?«
    Dieser hieb seine Fersen in die Flanken seines Pferds und rief: »Weiß nicht. Acht oder neun.«
    »Bei einem werden sie uns schon einlassen.«
    William Hastings sah zu Richard von Gloucester und schüttelte den Kopf. Der Herzog zuckte hilflos die Achseln. Das ist Wahnsinn, sagte sein Blick. William nickte mit grimmiger Miene. Keine Frau auf Erden war das wert. Das musste er dem König klarmachen. Aber nicht heute Nacht, das wäre zwecklos.
    Kapitel 40
    Die Weihnachtsnacht ging ihrem Ende zu. Bischof Odo von Brügge verhörte Anne bereits seit mehreren Stunden - anders konnte man die Befragung kaum bezeichnen. Nach den sensationellen Anschuldigungen von Bruder Agonistes war er sofort gerufen worden und zum Prinzenhof geeilt.
    Eine öffentliche Anklage wegen Hexerei war eine sehr ernste Sache, eine Sache, die die Vertreter der herrschenden Kirchenlehre etwas anging, eine brennende Sache. Herzog Karl war nicht abergläubisch - für ihn war das Gerede von Hexerei in einem modernen Staat reiner Unsinn -, aber er war Politiker. Bischof Odo war ein einflussreicher Mann und Karl war darauf angewiesen, dass sein Volk im Hinblick auf den bevorstehenden Krieg fest zusammenhielt.
    Deshalb wollte er, dass in der Stadt Ruhe herrschte. Und das Schicksal einer Frau war unter solchen Umständen weniger wichtig als das Weiterbestehen des Herzogtums Burgund. Also befahl Karl, trotz der Proteste seiner Gemahlin, dass zunächst einmal ein »Treffen« zwischen Anne und Bischof Odo stattfinden sollte. Im Interesse der öffentlichen Ordnung wollte er der Kirche erlauben, die Anschuldigungen gegen Anne auf infor-mellem Weg zu überprüfen. Das Verfahren förmlich zu eröffnen, das hätte bedeutet, Folterung zu billigen.
    Der Bischof war hocherfreut, seinem Herzog mit fachlichem Rat dienen zu können. Er ahnte, dass diese Frau - diese öffentlich gebrandmarkte Dienerin der Fleischeslust und des Teufels - seinen Aufstieg zu dem längst überfälligen Amt des Erzbischofs und weiter zur Erlangung des Kardinalshuts ebnen konnte. Anne de Bohun würde der letzte Beweis sein, dass er des Hochamtes würdig war, und er würde nicht scheitern. Auch ihr würde er Erlösung bringen. Natürlich würde er, wenn es sein musste, ihren Körper verbrennen, um ihre Seele zu retten, denn es war seine Pflicht als

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