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Der Triumph der Heilerin.indd

Titel: Der Triumph der Heilerin.indd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannter Autor
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Geistlicher, die Dämonen in ihrem sündigen Fleisch aufzuspüren und zu vertreiben. Und so wollte er, der Diener Christi in Brügge, noch in dieser Nacht, mit Zustimmung des Herzogs, wenn auch nicht mit seiner uneingeschränkten Unterstützung, nach der Wahrheit fahnden. Er würde die Spuren des Teufels finden, die in diesem Weib Gestalt annahmen.
    »Lady Anne, wir wollen noch einmal einen Blick auf die jüngste Vergangenheit werfen. Zuerst lebtet Ihr im Haus von Sir Mathew Cuttifer hier in Brügge. Damals hattet Ihr, glaube ich, eine Dienerin namens Jenna?«
    Anne ordnete die Falten ihres Kleids über ihren Knien, um Zeit zum Nachdenken zu gewinnen. Ihr war endlich erlaubt worden, sich zu setzen - wenn auch nur auf einen schmalen Schemel. Das stundenlange Verhör hatte sie erschöpft, aber das wollte sie den Bischof nicht merken lassen.
    »Antwortet, Madame. Es nützt nichts, sich zu verstellen. Habt Ihr einmal eine Dienerin namens Jenna gehabt? Ja oder nein?«
    Der Bischof richtete sich bedrohlich auf, doch wegen der Leuchter hinter ihm an der Wand lag sein Gesicht im Schatten, und Anne konnte seine von der Kutte halb bedeckten Augen nicht sehen. Aber sie hörte den Triumph in seiner Stimme, wenn er sprach.
    »Ja. Sie ist an jenem Tag fortgelaufen, als ich von Sklavenhändlern entführt wurde, kurz nach der Hochzeit des Herzogs und der Herzogin. Seither habe ich das Mädchen nicht mehr gesehen.«
    »Aber ich.« Der Bischof atmete schwer, er spürte, dass Annes Kräfte nachließen. »O ja, ich habe sie gesehen. Sie ist eine Postulantin und steht unter meinem Schutz. Sie vergibt Euch, was Ihr getan habt, und betet täglich für Euch.« Er deutete ein Kreuz über Annes geneigtes Haupt an.
    Verwirrt sah sie auf. »Vergibt mir? Was vergibt sie mir?«
    Der Bischof zwang sich zu einem lauten, lang anhaltenden Lachen und wischte sich umständlich die Augen. Dann senkte er seinen breiten Hintern aufeinen vor Anne stehenden Bischofsstuhl und beugte sich zu ihr vor. Der Diener Gottes, der zu Gericht sitzt.
    »Ihr heuchelt Verwirrung, Lady Anne, das ist höchst erheiternd. Ich glaube nicht, dass unser Heiland jemals gelacht oder sich einer so animalischen Ausdrucksweise hingegeben hat - und doch würde er heute Nacht womöglich in mein Lachen einstimmen, denn Euer Scherz ist wahrlich gelungen!« Die Wölbung seines Bauchs schwabbelte, als er sich hämisch auf die Knie schlug.
    Anne zwang sich zu einem Lächeln, ihr Herz aber raste. Dieser Mann war wie eine große, fette, träge Katze, und sie war nicht bereit, für ihn die Maus zu spielen.
    »Es fällt mir schwer, Eure Erheiterung zu teilen, Bischof, denn ich weiß nicht, wovon Ihr sprecht.«
    Der Bischof beugte sich noch mehr vor. Er lachte nicht mehr, und Anne konnte nun seine Augen sehen: blassblau, ein frostiges Glitzern, der Widerschein von Eiszapfen, ohne jede menschliche Wärme.
    »Eure Dienerin Jenna hat ihre Beichte bei mir persönlich abgelegt, vor achtzehn Monaten. Sie beichtete, dass sie gehört hat, wie Ihr die Geister beschwört und mit ihnen konferiert habt. Sie beichtete, dass sie Euch in flagranti in ehebrecherischer Zweisamkeit mit Edward, dem damaligen König von England, gesehen hat. Sie sah und hörte, wie Ihr ein unschuldiges Kind, Euren eigenen Neffen, in heidnischer Weise unterrichtet und seiner unsterblichen Seele Schaden zugefügt habt. Leugnet Ihr diese Anschuldigungen, Madame?«
    Anne war sprachlos und wie erstarrt. Ihr Schweigen war eine Waffe in der Hand des Bischofs, und er machte keinen Hehl aus seiner grausamen Freude. Er saß vor dem bleichen Mädchen und flüsterte: »Ihr sagt nichts, Lady Anne. Hexe, Hure, Ehebrecherin. So hat Euch Bruder Agonistes genannt. Woher wusste er von dieser dreifachen Sünde, wenn nicht Gott selbst ihm die Wahrheit in die Hand gegeben hat, damit er die Gottlosen vernichte? Um Euch zu vernichten, Weib!«
    Da fand Anne ihre Sprache wieder. »Gott? Nein! Seine eigenen Sünden haben diesen Mann in den stinkenden Lumpen an diesen Ort getrieben. Sein Verrat an mir und dem König, dem er diente, haben ihn hierhergebracht. Seine eigene Lust und Verbitterung haben ihn getrieben. Er ist kein Diener Gottes!«
    Der Bischof hatte das Kruzifix ergriffen und stieß es nun wie eine Waffe in Richtung Anne.
    »Gestehe, Weib, und deine schwarze Seele kann vielleicht gerettet werden. Gestehst du nicht, verweigerst du dieses Geschenk, so wirst du verdammt sein. Außerdem wird die Kirche dich der weltlichen Gerichtsbarkeit dieser Stadt

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