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Der Triumph der Heilerin.indd

Titel: Der Triumph der Heilerin.indd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannter Autor
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seinen Inhalt verbarg. Im ersten Moment war le Dain verwirrt, denn er sah zwei gesunde Säuglinge, die Seite an Seite trotz des Lärms um sie herum friedlich schliefen. Doch dann zog die junge Mutter die Decke vollständig fort und gab den Blick auf das Scheusal frei.
    Neugierige Höflinge drängten sich vor, um besser sehen zu können. »Zurück!«, befahl der Barbier den Wachen, die daraufhin sofort ihre Spieße senkten.
    War es die barsche Stimme le Dains oder der empörte Protestschrei eines der höchsten Würdenträger des Landes, wodurch das Ding in dem Korb erwachte? Jedenfalls begann es zu greinen wie jedes andere hungrige Kind auch, und jene, denen es gelang, einen Blick darauf zu werfen, erzählten, dass wunderbarerweise die beiden Gesichter von engelsgleicher Schönheit seien, mit schwarz gelockten Haaren und Augen so blau wie ein See im Sommer.
    »Das reicht«, befahl le Dain. »Deck dieses ... Ding wieder zu. Der König wartet.« Die Mutter beugte sich über den Korb und legte behutsam die Decke wieder darauf. Und als sie den Korb vom Boden hochhob, flüsterte sie in einem Kauderwelsch, wie es alle Mütter mit ihren Kindern sprechen. Le Dain bemerkte, dass sich auf ihrem Mieder dunkle Flecken abzeichneten. Das Kindergeschrei hatte ihren Milchfluss ausgelöst. Unwillkürlich überkam le Dain eine Woge des Mitleids. »Hier.« Er streckte seine Hand aus und bedeutete ihr, dass er den Korb tragen wollte. Einen Augenblick flammte Trotz in den blauen Augen des Mädchens auf - wenigstens diese hatte sie ihrem Kind vererben können -, doch dann machten sich Angst und Hoffnungslosigkeit auf ihrem Gesicht breit. Sie senkte ihren Kopf und übergab le Dain den Korb, in dem ihr Kind - oder ihre Kinder - schrien.
    Als le Dain den Korb nahm und hin- und herschaukelte, hörte das Geschrei seltsamerweise auf, und vier blaue Augen hefteten sich auf ihn. Beobachteten sie ihn etwa? War dies der Beweis für die Vaterschaft des Teufels, oder war es nur ein zufälliger Blick von Neugeborenen? Le Dain, der selbst Vater war, wusste es nicht. Wenn diese Kreatur wirklich teuflischen Ursprungs war, dann war seine erste Annahme richtig. Da er aber schon eigene Neugeborene im Arm gehabt hatte, war er sich fast sicher, dass die zweite Annahme zutraf.
    Er machte den Türwachen ein Zeichen und bedeutete dem Mädchen, ihm in den Audienzsaal zu folgen. »Komm. Der König ist an deinem Ungeheuer sehr interessiert.«
    Das Mädchen zuckte zusammen und errötete vor Scham. Sie war noch nicht daran gewöhnt, die Mutter eines Lakaien der Dunkelheit zu sein. Sie faltete ihre Hände über der Brust, eine ungewollt anrührende Geste, und eilte dem hohen Hofbeamten nach. Am liebsten hätte sie sich bekreuzigt, aber sie traute sich nicht. Wenn sie wirklich eine Teufelsbrut war, würde Gott sie dann vor Empörung zu Asche verwandeln, wenn sie seinen Trost und seinen Schutz erflehte?
    Der König beobachtete die seltsame Prozession mit Furcht und mit Faszination. Wenn dieses Mädchen wirklich eine Satansbraut war, warum sah sie dann nicht danach aus? Sie war unterwürfig, klein und verängstigt. War das nur eine listige Verkleidung, eine Täuschung?
    »Zeig her.«
    Le Dain stellte den Korb mit dem nun stillen Ungeheuer auf die unterste Thronstufe und bedeutete dem Mädchen, näher zu treten. Vor lauter Angst rutschte sie auf den Knien zum Thron, das Rascheln ihres Kleides war das lauteste Geräusch in dem großen, kalten Audienzsaal. Sie griff in den Korb, hob ihr Kind heraus und wickelte es bedachtsam in die wollene Überdecke. Kaum lag das Kind in ihren Armen, drückte sie es automatisch an ihre Brust. Beim Geruch der auslaufenden Milch fingen die beiden Mäulchen an zu wimmern. Die beiden Köpfchen drehten sich zu ihr und wollten saugen. Hilflose Tränen rollten über das Gesicht der Mutter, als sie, die Schreie ignorierend, ihr Kind von sich weghielt, damit der König es genau studieren konnte.
    »Setz dich. Zeig mir, wie du es stillst.«
    Die junge Mutter beeilte sich, dem Befehl nachzukommen. Sie wagte sogar, ihrem Kind ein paar beruhigende Worte zuzuflüstern, und ließ sich schwer auf den Stufen nieder. Dann schnürte sie, so schnell sie konnte, ihr Mieder auf, während die beiden kleinen Köpfe ein lautes Geschrei begannen.
    »Scht, scht, nur Geduld. Hier, hier ist sie doch ...«
    Keusch wandte sie sich von Louis de Valois ab. Die Schreie des Säuglings gingen in eifriges Schniefen über, als sie ihn in ihren Schoß bettete und das eine

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