Der Triumph der Heilerin.indd
kam er wieder heraus, in Begleitung einer Frau. Sie ritten zusammen auf seinem Pferd fort. Sie ritten hinunter zum Fluss zu einem privaten Anwesen. Das ist alles, was ich weiß.«
Das Gesicht der Königin war kreideweiß geworden. Ihre Stimme klang wie ein Peitschenschlag. »Nein. Du weißt noch mehr. Das sehe ich dir an. Was ist es?«
Jacquetta verzog das Gesicht. Die Königin war immerhin ihre eigene Tochter. Und sie litt. »Ach, mein Kind ...«
Wenn sie es irgendwie vermeiden konnte, wollte sie schweigen. Doch Elizabeth Wydeville sah ihre Mutter kühl an.
»Fahr fort, Mutter. Ihr müsst es mir sagen, wenn ich es Euch befehle. Ich bin die Königin.«
»Nun gut. Wenn Ihr es unbedingt wissen wollt. Der König und diese Frau sind immer noch dort in diesem Haus. Das Tor ist zugeschlossen, und die Lichter sind aus.«
Die Königin wiederholte diese Worte, als wollte sie sie auf der Zunge zergehen lassen. »Die Lichter sind aus.« Abrupt drehte sie sich zur Seite und begann zu schluchzen. Die Herzogin wurde von Mitleid und Angst überwältigt. Wenn die Königin verstoßen werden würde, wenn sie die Gunst des Königs verlöre, dann wäre auch das Haus Wydeville am Ende. Sie beugte sich vor und strich ihrer Tochter über die Augenbrauen.
»Nun, nun, meine Tochter. Das ist doch nicht so schlimm. Diese Frau ist doch nur eine Dirne. Hat er denn jemals mehr als ein oder zwei Tage mit so einem Mädchen verbracht? Du bist die Königin. Die Mutter seines Sohnes.«
So schnell wie eine zubeißende Schlange drehte sich Elizabeth zu ihrer Mutter um. Ihre Tränen waren Tränen der Wut, nicht der Verzweiflung.
»Sie ist es, sie muss es sein. Anne de Bohun. Sie ist die Mutter seines erstgeborenen Sohnes. Und er liebt sie, nicht mich.«
Es dauerte einen Augenblick, bis Jacquetta wieder klar denken konnte. »Aber Kind, Könige haben immer uneheliche Kinder gehabt, und das wird auch immer so sein. Du bist Edwards rechtmäßige Frau. Diese Liebe, die dir Angst macht, ist nicht von Dauer. Im Gegensatz zu deiner Stellung.«
Die Königin drehte sich wieder zur Seite.
»Geht, Mutter. Ihr versteht das nicht. Ihr versteht das einfach nicht.«
Kapitel 72
»Wach auf, mein Herz. Die Glocken haben zur Terz geschlagen. Es ist Morgen.«
Und was für ein Morgen. Ein Morgen der Glückseligkeit. Anne streckte sich genüsslich in dem zerwühlten Bett. Durch ihre geschlossenen Lider sickerte Sonnenlicht. Dann setzte sie sich erschrocken auf. »Die Cuttifers!«
Der König, der gerade dabei war, die Schlaufen an seinen Kniehosen zuzubinden, unterbrach seine Tätigkeit und beugte sich lachend über die nackte junge Frau. Er küsste eine Haarsträhne, die über eine ihrer sanft geschwungenen Brüste gefallen war. Dann richtete er sich wieder auf und streckte sich. Seine Augen verschlangen die geliebte Frau, die sich anmutig in den zerwühlten Laken räkelte. Welch ein herrlicher Anblick! Unwillkürlich zog sich sein Unterleib zusammen. Bilder der vergangenen, langen Nacht heizten seine Begierde von Neuem an.
Sollte er sein Hemd anziehen? Nein. Halb angezogen setzte er sich auf die Bettkante.
»Alles in Ordnung, mein Liebling. Sie haben eine Nachricht erhalten.«
Anne war besorgt. Sie bedeckte ihren Körper, wollte wenigstens jetzt ein wenig Sittsamkeit zeigen. »Was für Nachrichten? Was hast du ihnen gesagt?«
»Dass du bei den guten Schwestern von Zion um Vergebung deiner Sünden beten wolltest und deshalb einige Tage fortbliebest.«
Anne kreischte: »Einige Tage? Edward, das ist eine schreckliche Lüge! Ich muss mich sofort ankleiden.« Sie schwang ihre Beine über die Bettkante. Aber sie war nicht schnell genug. Lässig beugte der König sich vor, drückte die junge Frau in die Kissen zurück und umschloss ihre Handgelenkte mit seinen Hän-den. Er war nicht besonders sanft. Anne protestierte, und in dem kleinen Handgemenge fiel auf höchst reizvolle Art die Decke zu Boden.
»Warum ankleiden? Ich mag dich so.«
Die Morgensonne goss honiggelbes Licht durch die offenen Fenster. Es war schon wieder warm geworden. Annes unbedeckter Körper war wie in Gold getaucht. Beide atmeten schneller.
»Ich finde, du solltest keine Kleider tragen, Anne. Nie mehr.«
Quälend langsam beugte er sich hinab und küsste sie. Sie stöhnte, als seine Zunge in ihren Mund eindrang. Sie wehrte sich, versuchte zu sprechen, seine emsigen Hände aufzuhalten, er aber erstickte jedes ihrer Worte mit seinem Mund. »Wir sind zusammen, das ist alles, was zählt. Du
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