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Der Triumph der Heilerin.indd

Titel: Der Triumph der Heilerin.indd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannter Autor
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Gott, lass das nicht ein Vorzeichen für die Pest sein. Er mochte seinen Herrn nicht - natürlich nicht, wer mochte schon einen König? -, aber er verstand ihn. Als Kind war Louis von seinem Vater schlecht behandelt worden, und als Dauphin hatte der Vater ständig seine Autorität untergraben. Auch die Adligen hatten über ihn gelacht, weil er als Kind so unschön und schwächlich war und dann zu einem hässlichen jungen Mann heranwuchs. Niemand hatte angenommen, dass dieser schrumpelige Junge überleben, geschweige denn einmal regieren würde. Aber er hatte überlebt, und er regierte, und damit musste man sich eben abfinden.
    Sie hatten immer Schwierigkeiten angezogen, dieser König und sein Königreich. Aber die Engländer und die Burgunder? Das wäre noch schlimmer, viel, viel schlimmer. Es war seine
    Pflicht: Er, Alaunce Levaux, musste den König für Frankreich retten, sonst würden sich Anarchie und Zerstörung breitmachen.

Kapitel 30
    »Verflucht sei er. Verdammt. Vernichtet!« Der rhythmische Sings ang begleitete die Stiche des winziges Dolchs. Einmal, zweimal, dreimal und noch einmal durchbohrte die silberne Spitze die Puppenbeine, die bereits von kleinen Löchern übersät waren. Der letzte Stich ging so tief, dass das Sägemehl herausrieselte und das Bein wie ein schlapper, leerer Sack aussah.
    »Tochter? Was tust du da?«
    Elizabeth drehte sich rasch um, die Puppe, die Louis de Valois verkörpern sollte, an die Brust gepresst. »Pst! Sei still, Mutter. Sonst hören sie uns.«
    Hastig warf Herzogin Jacquetta die Tür des Jerusalemzimmers zu. Es war eine wuchtige Tür, die sich im nasskalten Wetter verzogen hatte und ihr nicht gleich gehorchen wollte. Wie so vieles in ihrem Leben. »Wir müssen vorsichtig sein! Wenn du dabei ertappt wirst, wenn man dich sieht, dann ...«
    Elizabeths Augen glitzerten unheimlich. Das fahlgrüne Licht, das durch die dicken Fensterscheiben fiel, verlieh ihrer Haut die Blässe einer Leiche. »Ich werde erst aufhören, wenn er tot ist, Mutter. Das ist alles, was ich tun kann und was Ihr tun könnt. Ihr habt mich das doch gelehrt.«
    »Nein! Das ist zu öffentlich. Thomas Milling wird dir und auch mir keinen Schutz mehr gewähren, wenn er denkt, wir seien ...«
    Die blauen Augen der Königin verengten sich zu Schlitzen,
    als sich ihr Blick mit dem ihrer Mutter maß. Die Ähnlichkeit zwischen den beiden war manchmal erschreckend.
    »Was, Mutter? Hexen etwa? Die schwarze Magie betreiben?« Elizabeth Wydeville lachte ein wohlklingendes, glockenhelles Lachen. »Der Abt ist so vergeistigt, dass er so etwas nicht einmal denken würde. Warum auch? Er liest doch dauernd die Messe für uns. In seinen Augen sind wir zwei fromme Damen in höchster Not, die Gottes erlösender Barmherzigkeit bedürfen. Und recht hat er. Außerdem, Euer kleines Spielzeug hier hat doch keine Macht.« Elizabeth schwenkte bedrohlich die Puppe, deren Arme und Beine kläglich herumschlenkerten. »Wir tun doch nur so.«
    Die Königin setzte sich jäh hin und schlug die Hände vors Gesicht. Sie sprach die Wahrheit, und das war für sie unerträglich und quälend. Wie kindisch, so zu tun, als ob man dem mächtigen König von Frankreich Schaden zufügen könnte, indem man auf eine mit Sägespänen ausgestopfte Puppe einstach. Lächerlich! Alles nur ein Spiel, alles nur Einbildung. Ihre Mutter hatte recht, es war töricht, so etwas in den Gemächern des Abts zu machen.
    Jacquetta legte ihrer Tochter zögernd eine Hand auf die Schulter. Körperlicher Kontakt zwischen Mutter und Tochter kam selten vor. Unerwartet legte Elizabeth ihre Hand auf die der Mutter, und das ermutigte die Herzogin.
    »Sie hat ihren Zweck erfüllt. Gib sie mir, Tochter. Ich möchte nicht, dass du vor mir verbrannt wirst.«
    In ihren Worten schwang ein bitterer Humor mit. In glücklicheren Tagen hatten Mutter und Tochter über Jacquettas Ruf bei Hof lachen können. Hartnäckige Gerüchte behaupteten, die Herzogin hätte Elizabeth beigebracht, den König zu behexen, denn warum sonst hätte er eine Frau heiraten sollen, die fünfJahre älter war als er und Witwe eines Ritters der Lancaster mit zwei kleinen Söhnen? Seufzend hielt sich die Königin die
    Königspuppe vor die Augen und starrte in ihr aufgemaltes Gesicht. »Adieu, Sire. Mögt Ihr nicht wohl leben.«
    »Tochter!« Die Stimme der Herzogin klang scharf.
    Ohne ein weiteres Wort reichte Elizabeth ihr die Puppe und wandte den Blick ab, als Jacquetta sich bückte, um das primitiv gemachte Ding

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