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Der Triumph der Heilerin.indd

Titel: Der Triumph der Heilerin.indd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannter Autor
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ausgelaugt, unendlich erschöpft. Er hatte dieses Gespräch gefürchtet, hatte sogar erwogen, Brügge zu verlassen und sich seinen Truppen anzuschließen, die an der südlichen Grenze zu Frankreich standen, nur um Edward nicht treffen zu müssen. Aber dann hatten seine Neugier und die letzten Reste von Mitgefühl gesiegt, und er hatte dem Treffen zugestimmt. Dies und seine Ehe mit Margaret, die ihm lieb und teuer war. Und Edward war sein Freund gewesen, war, so seltsam es klingen mochte, noch immer sein Freund.
    Der Herzog seufzte und beugte sich vor, um roten Wein in Edwards Kelch zu gießen, bevor er sich selbst nachschenkte.
    »Ich kann Euch nicht zustimmen, mein Freund. Es ist schwierig, die Zukunft richtig einzuschätzen, sehr schwierig. Was mir mein Herz sagt und was mir mein Verstand sagt, das sind zwei völlig verschiedene Dinge. Und diesen Widerspruch müssen wir aushalten. Wir beide gemeinsam.«
    Edward schwieg, hielt dem Herzog aber seinen gefüllten Kelch entgegen, den dieser, zögernd, mit seinem eigenen berührte.
    »Die Zukunft? Das kann ich Euch sagen, Bruder. Das ist schon immer meine Stärke gewesen.« Edward lächelte, ein unerwartet liebenswertes Lächeln. Karl musste unwillkürlich ebenfalls lächeln. Er kannte Edward, seit dieser ein Knabe gewesen war, und das hatte auch in diesen schwierigen Zeiten Gewicht.
    Das Gespräch dauerte die ganze Nacht. Der König und der Herzog diskutierten und stritten miteinander und suchten nach einer Lösung für ihre gegensätzlichen Interessen. Sie sprachen ehrlich miteinander, denn sie wähnten sich allein. Doch das waren sie nicht.
    Philippe de Commynes hörte jedes Wort, das sie sprachen. Er saß hoch oben in einer geheimen Nische im Dachgebälk und lauschte. Er allein kannte diesen Ort, der sich als sehr nützlich erwiesen hatte, vor allem in jüngster Zeit, vor allem an diesem Abend. Nach der Jagd, wenn die Männer noch am Feuer saßen und tranken, zog sich Philippe manchmal schon früher zum Schlafen zurück, kletterte aber in Wirklichkeit das Dach hinauf, wo er sich dicht unter den Dachplatten bäuchlings über einen schmalen Gang schob, der für die gelegentliche Inspektion des Dachstuhls gebaut worden war. Dort legte er sich dann hin und hörte, was tief unter ihm vom Herzog und seinen Vertrauten gesprochen wurde, die unterdessen immer tiefer in ihre Kelche schauten. Danach pflegte er aufzuschreiben, was er gehört hatte.
    Auf diesem Lauschposten erfuhr er auch, wie sehr der Herzog ihn - seinen eigenen Cousin - verachtete, und er hörte jedes Mal das prustende Lachen, wenn sie ihn als Stiefelkopf be-zeichneten. Durch diese Erfahrung war sein Herz erstarrt und seine Loyalität vergiftet.
    Als Philippe de Commynes an diesem Abend mit kaltem Blick nach unten schaute, erblickte er einen entthronten König und einen, der den Königsthron noch anstrebte. Und er wusste, dass das Glücksrad sich zu seinen Gunsten gedreht hatte. Ja, diese Nacht bedeutete wahrlich Glück, für ihn und erst recht für Louis de Valois. Er hatte dem französischen König schon einmal das Leben gerettet, wie dankbar würde Louis erst sein, wenn Philippe auch noch sein Königreich rettete?
    Kapitel 33
    »Wie viel ist dir das Königreich wert, Edward?« Anne hatte die Nacht in der Küche der Jagdhütte verbracht. Zuerst hatte sie darauf gewartet, dass die Männer ihr Gespräch beenden und sie und Edward zum Hof zurückreiten würden. Schließlich aber war sie, den Kopf auf die Arme gebettet, am Tisch eingeschlafen. Als Edward sie im Morgengrauen weckte, war sie steif und fror. Sie und der schweigsame König ritten im ersten Licht des Tages zur Riverstead Farm zurück. Edward brütete auf dem ganzen Ritt vor sich hin.
    »Kein Preis ist mir zu hoch. Dich ausgenommen.« Er lächelte flüchtig, wollte ihr zu Gefallen fröhlich sein.
    »Warum?«
    »Warum überhaupt oder warum du?«
    Nun musste sie ebenfalls lachen und straffte die Zügel, woraufhin ihre hübsche Stute, empört über solch widersprüchliche Befehle von Händen und Fersen ihrer Herrin, laut schnaubte.
    »Überlegst du dir nie, ob du dich nicht weigern willst zu geben, was von dir gefordert wird?«
    Die Pferde schritten Seite an Seite über den Saumpfad am Flussufer. Im kalten Morgengrauen kämpfte sich die Wintersonne im Osten hervor. Der Atem von Mensch und Tier floss zu einer Dunstwolke zusammen.
    Edward beugte sich zu Anne hinüber und richtete eine Haarlocke, die sich auf ihre Wange gestohlen hatte. Seine Finger

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