Der Triumph der Heilerin.indd
ihres Halses und ihrer Schultern, die eine vollkommene Ergänzung zu den Rundungen ihrer Brüste und ihrer Hüften bildete. Und plötzlich war diese Frau für Edward Plantagenet reizvoller als jedes Land, das es zu erobern galt. Diese lebendige, junge Frau, deren Atem und deren Duft, deren Haut, Augen und Mund die ganze Welt enthielt, enthob ihn seiner körperlichen Lüste und versetzte ihn in ein anderes Reich, einen einfachen Ort, wo es weder Ende noch Anfang, sondern nur das Hier und das Jetzt gab.
Er und sie zusammen - das war seine Heimat, sein Königreich: ein Ort jener Wirklichkeit, nach der er instinktiv immer gesucht hatte. Er hatte nie verstanden, was das Fehlen dieser Wirklichkeit bedeutete, bis zu diesem Moment. Aber als er nun Anne in seinen Armen hielt, Haut an Haut mit dieser Frau lag, da begriff er. Der Verlust von Anne war eine eiternde Wunde gewesen, die ihn fast vergiftet hätte. Doch nun war dieser Verlust behoben, und es war herrlich, wieder in ihren Armen zu liegen, zu schmelzen, zu beben, sich hinzugeben. Und zu genesen.
Sein nackter Oberkörper presste sich an ihre Brüste - er so hart, sie so zart. Anne wand sich heftig in seinen Armen, noch fester, noch wilder wollte sie ihn halten, ihre Fingernägel gruben sich in seine Schultern, seinen Rücken, und sie zog ihn zu sich herunter.
Wie einfach das war, wie einfach war es, sich hinzugeben.
Seine Schenkel zwischen ihren Schenkeln, nichts anderes existierte mehr.
»Wir haben das Feuer neu entfacht, du und ich.« Sie stieß die Worte keuchend hervor, während er, langsam, hart, in sie eindrang. »Ich möchte brennen, möchte verglühen.« Er nahm ihre Lippen zwischen seine Zähne, dann stieß er seine Zunge in ihren süßen Mund, so dass alle Worte erstickt wurden. Sie stöhnte und bewegte sich, fand seinen Rhythmus, hob ihm ihre Hüften entgegen und nahm ihn noch tiefer in sich auf.
Wie der Gekreuzigte lag er über ihr, die Arme weit zur Seite ausgestreckt hielt er ihre Handgelenke umklammert und drückte sie in das weiche, tiefe Heu, dem der Duft des vergangenen Sommers entströmte.
»Du bist mein.«
»Ja, Gott stehe uns bei.«
Es war ein Gebet, eine machtvolle Beschwörung, dann trug eine Welle sie beide davon, eine Welle aus Feuer, Licht und unendlichem Dunkel. Und zwei verlorene Seelen fanden Frieden, fanden einander. Ein weiteres Mal.
Kapitel 34
»Wo stehen die Truppen des Herzogs?«
Philippe de Commynes versuchte, sich sein Unbehagen nicht anmerken zu lassen. Er setzte die gleichgültige Miene des erfolgreichen Höflings auf und verneigte sich tief. Im Geiste aber sah er sich schon in die selbst gestellte Falle geraten.
»Euer Majestät, mein Herr, der Herzog, hat mich nicht mehr wissen lassen, als was in den Briefen steht, die Ihr in Händen haltet.«
»Kommt schon, Monsieur. Wenn der Herzog ein treuer Untertan von mir ist, kann er sich einer harmlosen Frage wie dieser kaum entziehen.«
Mit spitzen Fingern reichte er die samtene Brieftasche mit dem burgundischen Wappen an le Dain, den Barbier weiter, der neben dem Thron stand.
Philippe räusperte sich nervös. »Mein Herr befürchtet einen Angriff der Engländer - vom Grafen Warwick, Euer Majestät. Das ist allgemein bekannt.«
Louis schwieg, aber er begann, mit seinem Fuß auf den Boden zu klopfen. Dieses Klopfen erfüllte alle Anwesenden mit Entsetzen. Eilig fuhr Philippe fort: »Erst kürzlich haben englische Freibeuter Vlissingen und Sluis überfallen und zahlreiche Handelsschiffe versenkt, die dort auf das Frühjahr warteten. Sie haben auch die Küstenstädte geplündert und Handelsgüter geraubt. Mein Herr ist der Meinung, dass er sein Volk beschützen muss.«
»Seine Majestät König Louis hat aber erfahren, dass die bur-gundischen Truppen hauptsächlich in der Picardie zusammengezogen werden. Also in deutlichem Abstand vom Meer und den von Euch erwähnten Häfen.« Mit öliger Stimme hatte der Barbier für seinen Herrn das Wort ergriffen.
Der Stehbund des vornehmen Unterhemds von Philippe de Commynes war klatschnass, und die Schweißflecken unter seinen Achseln würden auch den kostbaren Seidenrock bald unwiderruflich ruiniert haben - er spürte, wie ihm der Schweiß an den Seiten hinunterrann. Wieder verneigte er sich, diesmal mit an den Körper gepressten Armen, um den Gestank zu unterdrücken. Der König zog seine Augenbrauen hoch, dieser Mann hatte Ähnlichkeit mit einem Wasservogel, der nach Futter taucht.
»Euer Majestät, es geht dabei um
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