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Der Triumph der Heilerin.indd

Titel: Der Triumph der Heilerin.indd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannter Autor
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des Prinzenhofes herrschte ein buntes Treiben, als sich Herzog Karl, Herzogin Margaret und der herzogliche Hofstaat an den Tischen niederließen, die mit Tellern, Platten und tiefen Schüsseln voll beladen waren. Der Magen des Herzogs knurrte. Hoffentlich war der Mönch mit seiner
    Moralpredigt bald fertig, sonst würden die Speisen alle kalt werden.
    »Wenn ihr die verabscheuungswürdige Verkörperung von Sünde und fleischlicher Lust nicht vernichtet, die sogar an diesem heiligsten aller Tage unter Euch weilt, so wird sich all Euer Tun in Asche und Staub verwandeln, denn Gott straft die Überheblichen.«
    Karl achtete nicht auf die Rede des Mönchs. Er hatte so viel zu erledigen, dass er seine Anwesenheit hier beim Fest als vergeudete Zeit empfand. Seine Gäste nahmen allmählich ihre Plätze ein, wurden still und hörten zu. Der Eifer des Mönchs hatte für sie etwas Bezwingendes.
    »Ich, ein elender, unwürdiger Sünder, bin hierhergekommen, Euch die Wahrheit unseres Herrn und Erlösers nahezubringen, und Euch, Herzog Karl, zu ermutigen, so zu handeln, dass Eure Seele und die Seelen aller hier heute Anwesenden gerettet werden mögen.«
    Margaret, Herzogin von Burgund, war gegen die überhöhte Rhetorik eines Bruder Agonistes gefeit. Aufgewachsen an englischen Höfen, kannte sie solche Moralpredigten nur zu gut. Unbeteiligt sah sie auf den schmutzigen und ausgezehrten Mönch, der von einer höher gelegenen Galerie wie von einer Kanzel herab predigte. Allmählich jedoch ärgerte sie der Tenor seiner Worte. Sie klangen einfach zu finster, zu hasserfüllt für die Weihnachtszeit. Die Herzogin erinnerte sich nur ungern an die Unterredung mit Philippe de Commynes an diesem Vormittag. Karl hatte sich schließlich einverstanden erklärt, dass der Mönch zum Auftakt des Festmahls eine Predigt halten durfte. Schließlich sei er ein heiliger Mystiker und Seher und in Paris sehr bekannt. Außerdem war Agonistes seit einiger Zeit der Leibheiler des Königs von Frankreich. Das war für den Herzog nicht ohne Interesse, und nach dem Fest wollte er mit dem Mann sprechen. In Kriegszeiten war es immer nützlich, an Informationen zu kommen.
    Die Herzogin aber mochte stinkende Mystiker nicht sonderlich, egal, welche Verdienste sie erworben hatten. Sie kräuselte ihre Nase. Der Gestank des ungewaschenen Mönchs konkurrierte, selbst auf diese Entfernung, mit den Essensdüften vor ihr am Tisch. Vielleicht war der Mann einfach verrückt? Nach ihrer Erfahrung war das bei solchen Asketen oft der Fall, und dieser hier zeigte alle Anzeichen dafür: Er schwadronierte, er spuckte beim Sprechen, er fuchtelte wild mit den dürren Armen und spie unheilvolle Ermahnungen und Verdammungen in die Luft - worüber und wogegen, das war allerdings schwer zu be»... denn wisset, die Hure von Babylon weilt in Eurer Mitte und vergiftet diesen Ort mit ihrer Verderbtheit und ihrer Zauberei, denn sie ist eine Hexe! Und steht nicht in der Bibel geschrieben >Die Zauberinnen sollst du nicht leben lassen    Margaret verzog das Gesicht. Moralpredigt hin oder her, hier überschritt der Mönch eindeutig seine Grenzen. Den Herzog persönlich zu beschuldigen, einer Hexe Unterschlupf zu gewähren. Lächerlich. Einfach primitiv!

    »Mann, haben wir nicht genug gehört? Das Essen wird kalt.«
    Karl warf Margaret einen ratlosen Blick zu, als wollte er sagen: Und was, bitte, soll ich tun? Er tätschelte ihre Hand und flüsterte: »Er wird bald zu Ende sein.«
    Diesmal hörte die Herzogin deutlich den Magen des Herzogs knurren. Sie unterdrückte ein Kichern. Dann wandte sie ihre Aufmerksamkeit wieder dem Mönch zu. Irgendetwas an ihm - vielleicht seine Stimme - weckte eine schwache Erinnerung, die sie beunruhigte. Sie hatte diesen Mann schon einmal gesehen. Margaret suchte den Saal nach Philippe de Commynes ab. Sie wollte mehr über den Mönch wissen, dessen
    Akzent für einen Franzosen recht merkwürdig klang. War da nicht sogar ein englischer Anklang in seinen Reden? Wie konnte das sein?
    Als Margaret sich umsah, bemerkte sie, dass die Höflinge wie angewurzelt auf ihren Plätzen saßen. Die Erwähnung von Hexerei hatte ein erregtes Murmeln im Saal ausgelöst. Sünder, hieß es, seien leichte Beute für Teufel und Hexen, denn diese konnten Sünden erkennen wie andere ein rotes Kleid. Manch einer mit einem schlechten Gewissen hörte der Predigt mit

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