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Der Triumph der Heilerin.indd

Titel: Der Triumph der Heilerin.indd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannter Autor
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recht seine Zähne, waren durchgeschüttelt worden. Aber die Tage, die dann folgten, als er und seine Begleiter Richtung Norden bis vor die Stadtmauern von Brügge ritten, waren für seine ungeübten Muskeln eine einzige Qual aus Kälte und Schmerzen.
    Bruder Agonistes hatte in einem Dominikanerkloster unweit des Prinzenhofs Herberge gefunden, aber er hatte kaum geschlafen. Als Philippe de Commynes am Morgen nach seiner Ankunft an die Klosterpforte klopfte, wurde ihm geraten, den Gast in der Kapelle des Klosters zu suchen. Commynes betrat leise die prachtvolle, kleine Kapelle, konnte den Mönch aber zunächst nicht sehen. Doch dann zuckte das, was er für einen dunklen Teppich vor dem Altar gehalten hatte, zusammen.
    Bruder Agonistes lag bäuchlings und mit ausgebreiteten Armen, nach dem Vorbild des Gekreuzigten, auf den kalten Steinplatten und hörte und sah nichts, was um ihn vorging. Entbehrung, Schmerz und Erschöpfung hatten ihn in die Leere und Stille vollkommenen Friedens gehoben. Er bereitete sich auf die kommende Prüfung vor.
    »Bruder, hört Ihr mich?« Eine schwache Stimme rief ihn. Gott?
    »Bruder?« Philippe de Commynes schüttelte den Mönch leicht an der Schulter. »Bruder Agonistes, wir haben wenig Zeit!«
    Die Stimme eines Menschen rief nach ihm. Verzweifelt fiel Agonistes in die Tiefe, fort vom göttlichen Licht in das vom Kerzenlicht unstet erleuchtete, Weihrauch geschwängerte Dunkel.
    Er krümmte sich und rollte sich wie ein Fötus zusammen, denn die Welt der Menschen wieder zu betreten bedeutete auch, die Schmerzen seiner von der Reise und der eisigen Luft strapazierten Muskeln und Lungen zu erleiden.
    Philippe de Commynes betrachtete mit Abscheu den sich windenden Haufen. Was sollte er Louis sagen, wenn dieser Anfall den Mann tötete? Er stieß den Mönch mit dem Fuß an, denn es ekelte ihn, sich die Hände an ihm zu beschmutzen.
    Agonistes öffnete seine Augen. Sie waren trüb wie die eines neugeborenen Kindes. Dann hustete er, würgte und spuckte grünlichen Schleim auf die sauberen Fliesen der Kapelle. Es war eine Geste der Verachtung. Dies hier war kein heiliger Ort, denn er lag viel zu nah am Hof, als dass wirkliche Heiligkeit in ihm wohnen konnte.
    »Bruder?«
    »Ich höre Euch, Monsieur.« Die Stimme des Mönchs klang heiser. Das Sprechen fiel ihm schwer, und er war zu schwach, um aufstehen zu können. Vor Anstrengung schloss er wieder die Augen.
    »Bruder, gebt mir Eure Hand. Ich werde Euch helfen.«
    Philippe de Commynes schwitzte, als er, seinen Widerwillen gegenüber dem schmutzigen Mann überwindend, die Hand ausstreckte.
    Der Mönch beachtete ihn nicht und sagte eine Novene auf.
    Die Zeit verging. »Lieber Bruder. Der Herzog wird sehr gekränkt sein, wenn wir nicht kommen. Auch König Louis erwartet von Euch Gehorsam.«
    Agonistes konnte nicht umhin, die Worte de Commynes' zu vernehmen. Er seufzte. »Also gut, Monsieur. Aber sagt mir noch einmal, was ich tun muss. Ich bin ganz durcheinander ...«
    Philippe drehte seinen Kopf zur Seite, um dem Gestank auszuweichen, und half dem Mönch auf die Füße. »Ihr müsst dem Herzog und seinem Hof alles erzählen, was Ihr wisst. Von dem, was Ihr heute sagt, hängt viel ab. Mehr, als Ihr wahrscheinlich ermessen könnt.«
    Als Philippe de Commynes den schwachen und taumelnden Mönch aus der Kapelle zerrte, war er stolz darauf, für Louis de Valois, seinen wahren Herrn auf Erden, diese Aufgabe erfüllen zu dürfen. Der stinkende Heilige sollte an diesem Tag einem edlen Zweck dienen. Seine Worte sollten zur Waffe in Gottes Händen werden. Wie ein Hirsch im Gehölz würde Edward Plantagenet zuerst an seiner empfindlichsten Stelle verwundet werden - seinem Herzen -, dann würde die Jagd gegen ihn weitergehen, er würde schwächer werden, würde straucheln und fallen und schließlich von den Hunden seines eigenen Schicksals in Stücke gerissen werden.
    Ein irregeleiteter Mönch und eine Schlampe - in der Tat passende Werkzeuge, um den Absichten seines Herrn zu dienen. Und diese beiden würden heute den Schlüssel im Schloss umdrehen, den Schlüssel, der die Tür zu Frankreichs eigentlicher Bestimmung öffnen sollte: der Herrschaft über ganz Europa.
    Kapitel 37
    »Bruder Herzog, hört mich an, an diesem Feiertag zur Geburt von Jesus Christus. Hört das Wort des Herrn, dessen untertäniges Werkzeug ich bin.« Seine Stimme schwankte, aber Agonistes fühlte sich wieder stark. Seine Worte füllten den riesigen Raum zu seinen Füßen.
    Im großen Saal

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