Der Triumph des 19. Jahrhunderts
Kabul entschieden haben würden. Er erhielt jedoch Briefe, die seine Rückkehr beschleunigten. Uebrigens hatte das Glück Sjuhau nicht begünstigt; er wurde völlig geschlagen und konnte sich nur durch die Flucht retten. Die Gesandtschaft zog demnach weiter und kam durch das Land der Sikhs, mit einer sehr kräftigen, halbnackten und auch halb wilden Bevölkerung.
»Die Sikhs – welche einige Jahre später furchtbar von sich reden machen sollten – sagt Elphistone, sind groß, mager, aber sehr stark. Sie tragen kaum andere Kleidungsstücke als kurze Hosen, welche nur bis zur Hälfte des Schenkels reichen. Ueber die Schultern werfen sie zuweilen einen Mantel aus Tigerfellen.
Ihre Turbans sind nicht breit, aber sehr hoch und vorn abgeplattet. Das Scheeren des Bartes oder der Haare kennen sie nicht. Ihre Waffen bestehen aus dem Bogen und der Flinte. Vornehmere Leute bedienen sich sehr eleganter Bogen, die sie auch bei jedem freundschaftlichen Besuche mit sich führen. Fast ganz Pendjab ist Rendjet Sing unterthan, der noch 1805 einer der zahlreichen Häuptlinge des Landes war. Zur Zeit unserer Reise hatte er sich die Oberhoheit über alles von den Sikhs bewohnte Land gesichert und den Titel eines Königs angenommen.«
Die weitere Rückreise der Gesandtschaft nach Delhi verlief ohne bemerkenswerthe Zwischenfälle. Dieselbe brachte, außer der Schilderung der unter ihren Augen vorgekommenen Ereignisse, sehr werthvolle Kunde über die Geographie von Afghanistan und Kabulistan, über die klimatischen Verhältnisse und über die Erzeugnisse des Thier-und Pflanzen-und Steinreiches jener ausgedehnten Länder mit heim.
Die Abstammung der Bewohner, die Geschichte, Regierungsweise, Gesetzgebung, die Verhältnisse des weiblichen Geschlechtes, die Religion, Sprache und der Handel werden in ebenso vielen interessanten Capiteln des Elphistone’schen Berichtes erörtert, die auch die besten Journalisten der neuesten Zeit schonungslos geplündert haben, als die letzte englische Expedition nach Afghanistan beschlossen wurde.
Die Arbeit endigt mit einer sehr eingehenden Untersuchung über die Volksstämme Afghanistans und mit einer Zusammenstellung zahlreicher, für jene Zeit besonders werthvoller Urkunden über die Nachbarländer.
Alles in Allem ist Elphistone’s Bericht merkwürdig, interessant geschrieben, nach mehr als einer Seite höchst schätzbar und selbst heute noch von hohem Werthe.
Der Eifer der Compagnie erlahmte niemals. Kaum war eine Mission zurückgekehrt, so reiste eine andere nach anderer Richtung und mit veränderten Instructionen ab. Es kam jener darauf an, mit ihrer Umgebung Fühlung zu behalten, über die so wetterwendische Politik der asiatischen Despoten unterrichtet zu bleiben und vorzüglich ein Bündniß der verschiedenen Völker gegen die Usurpatoren ihres mütterlichen Bodens zu verhindern. Im Jahre 1812 veranlaßte ein anderer, übrigens friedlicherer Gedanke die Reise Moorcrofts und des Kapitäns Hearsay nach dem in der Provinz Oundes, einem Theile Klein-Thibets, gelegenen Mansarowar-See.
Eine Gesellschaft von Bajaderen trat auf. (S. 59.)
Hierbei handelte es sich nur darum, eine Heerde langhaariger Ziegen aus Kaschmir, deren seine Wolle zur Herstellung jener auf der ganzen Erde berühmten Shawls dient, nach Indien überzuführen.
Persische Kostüme. [Facsimile. Alter Kupferstich.]
Daneben ging man noch darauf aus, die Behauptung der Hindus, daß der Ganges jenseits des Himalaya im Mansarowar-See entspringe, zu widerlegen.
Es war eine schwierige und gefahrvolle Aufgabe. Zunächst galt es dabei, nach Nepal einzudringen, dessen Regierung den Eintritt in das Land möglichst zu erschweren pflegte, und nachher auch noch ein anderes Gebiet zu betreten, von dem schon die Einwohner von Nepal, noch viel mehr natürlich die Engländer ausgeschlossen waren, nämlich die genannte Provinz Oundes.
Die Reisenden verkleideten sich zunächst als Hindupilger. Ihr Gefolge bestand aus fünfundzwanzig Personen, unter denen ein Diener sich freiwillig verpflichtet hatte, stets Schritte von vier Fuß Länge zu machen, um auf diese, wenig verläßliche Weise den zurückgelegten Weg zu messen.
Die Herren Moorcroft und Hearsay begaben sich nach Bereily und folgten der von Webb eingehaltenen Richtung bis Djosimath, das sie am 26. Mai 1812 verließen. Die letzte Kette des Himalaya überschritten sie unter den größten Schwierigkeiten, in Folge der Seltenheit von Dörfern, des Mangels an Trägern und
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