Der Triumph des 19. Jahrhunderts
englischen Gesandten ab, um wenn nicht materielle Hilfe, so doch dessen moralische Stütze zu erlangen.
Elphistone wurde von dem Rajah von Bikanir feierlich empfangen.
»Die Hofhaltung desselben, sagt er, unterschied sich wesentlich von allen, die ich jemals in Indien gesehen hatte. Die Männer waren weißer als die Hindus, ähnelten an Gesichtszügen noch den Juden und trugen alle prächtige Turbans. Der Rajah selbst und dessen Angehörige hatten buntfarbige, reich mit Edelsteinen verzierte Mützen auf. Der Rajah stützte sich während der Audienz auf einen stählernen Schild, der in der Mitte aufgetrieben und am Rande mit Rubinen und Diamanten besetzt war. Sehr bald nach unserem Eintritte schlug der Rajah vor, uns der Hitze und der Belästigung durch die Volksmenge zu entziehen… Wir setzten uns nach indischer Sitte auf den Erdboden, und der Rajah begann ein Gespräch, in welchem er unter Anderem äußerte, er sei der Vasall des Herrschers von Delhi, und da Delhi unter englischer Oberhoheit stehe, erkenne er in meiner Person gern die Souveränität meiner Regierung an. Er ließ darauf die Schlüssel des Forts bringen, die er mir anbot, doch schlug ich dieselben aus, da ich nach dieser Richtung keine Machtvollkommenheit hatte. Erst nach langem Hin-und Herreden verstand sich der Rajah dazu, seine Schlüssel zu behalten. Später trat eine Gesellschaft von Bajaderen auf; Tänze und Gesänge hörten dann bis zur Zeit unserer Abreise nicht wieder auf.«
Von Bikanir aus führt der Weg durch eine Wüste, in der die Städte Moujghur und Bahawulpore liegen, wo eine dichtgedrängte Volksmenge die Gesandtschaft erwartete. Der Hyphasus, jener Strom, auf dem sich einst die Flotte Alexander’s wiegte, entsprach nicht den Erwartungen, welche jene Erinnerung erregte. Am Tage nach dem Eintreffen daselbst kam Bahaweel Khan, der Gouverneur einer der Ostprovinzen von Kabul, an. Dieser überbrachte dem englischen Gesandten reiche Geschenke, welche er längs des rechten Hyphasususers bis Moultan beförderte. Letztere Stadt ist durch ihre Seidenwebereien weit und breit berühmt. Der Gouverneur derselben war ganz starr vor Schrecken, als ihm die Ankunft der Engländer zu Ohren kam, und berathschlagte mit Anderen, wie er sich zu verhalten haben möchte, wenn jene die Stadt durch einen Ueberfall eroberten oder deren Uebergabe verlangen sollten.
Bald schwand indessen seine Angst, und die Zusammenkunft mit ihm wurde eine recht herzliche. Elphistone’s Schilderung derselben scheint zwar etwas übertrieben, ist aber doch merkwürdig genug.
»Der Gouverneur, sagt er, begrüßte Herrn Strachey (den Secretär der Gesandtschaft) auf echt persische Weise. Beide begaben sich nach einem zur Unterhaltung gewählten Zelte, was nicht ohne große Anordnung abging. Das Volk schlug sich rings um sie und Reiter zwängten sich schonungslos durch die Reihen der Fußgänger. Strachey’s Pferd wurde fast umgerissen und er hatte die größte Mühe, sich im Gleichgewichte zu halten. Schon in der Nähe des Zeltes hatten sich der Khan und sein Gefolge vom richtigen Wege verirrt und stürzten sich nun so stürmisch auf die Reiterschaar daneben, daß diese kaum im Stande war, eine Schwenkung zu machen, um jenen einen Durchgang zu öffnen. Als die in Unordnung gerathenen Truppen nach dem Zelte eilten, entflohen die Diener des Khans, welche darüber unklar sein mochten, was hier vorging; Alles wurde dabei umgerissen und zur Erde geworfen, so daß uns die Leinwand fast über dem Kopf zusammenfiel. Das Innere füllte sich mit einer tobenden Menge, während auch vollständige Dunkelheit herrschte. Der Gouverneur und zehn seines Gefolges setzten sich nieder, die Anderen blieben unter Waffen. Der Besuch dauerte nur kurze Zeit. Der Gouverneur betete fortwährend inbrünstig seinen Rosenkranz ab und stammelte nur die Worte: »Sie sind willkommen! Hoch willkommen!« Dann meinte er, die große Volksmenge könnte mir wohl lästig fallen, und zog sich zurück.«
Der Bericht klingt amüsant. Es verschlägt ja nicht viel, ob er durchgehends der Wahrheit entspricht. Am 31. December überschritt die Gesandtschaft den Indus und gelangte in ein sorgfältig und zweckmäßig angebautes Land das in keiner Weise an Hindostan erinnerte. Von Engländern, welche sie für Mongolen, Afghanen oder Hindus hielten, hatten die Bewohner noch niemals reden gehört. In der wundersüchtigen Bevölkerung waren auch die seltsamsten Gerüchte in Umlauf.
In Dera mußte man einen ganzen Monat
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