Der Triumph des 19. Jahrhunderts
verweilen, um einen »Mehmandar« oder Anführer der Gesandten abzuwarten. Zwei Mann von der Gesellschaft benutzten diese Muße, um den Pic Tukhte Soleiman, das ist der Thron Soliman’s, zu besuchen, auf dem der Sage nach die Arche Noah’s nach der Sintfluth sitzen geblieben sein soll.
Am 7. Februar erfolgte die Abreise von Dera, von wo aus die Gesandtschaft durch lauter reizende Gegenden bis Peschaver zog, wohin sich der König begeben hatte, denn der Hof residirte sonst nicht in dieser Stadt.
»Am Tage unserer Ankunft, heißt es in dem Berichte, wurde uns das Essen aus der königlichen Küche geliefert. Die Gerichte waren wirklich vortrefflich. Später ließen wir indeß das Fleisch nach unserer Art zubereiten; trotzdem unterließ der König nicht, uns Frühstück, Mittagessen und ein leichtes Abendbrot zu senden, außerdem noch Nahrungsmittel und Futter für zweitausend Mann, zweihundert Kameele und für eine große Anzahl Elephanten. Unser Gefolge war nun lange nicht so zahlreich, dennoch hatte ich die größte Mühe, nach Verlauf eines Monats bei Seiner Majestät eine geringe Beschränkung dieser unnützen Verschwendung durchzusetzen.«
Wie vorauszusehen, zogen sich die Verhandlungen wegen einer Vorstellung bei Hofe lange Zeit hin. Endlich kam es zu einer Einigung, und der Empfang gestaltete sich so herzlich, wie es die diplomatischen Gepflogenheiten nur zuließen. Der König erschien bedeckt mit Diamanten und anderen edlen Steinen; er trug eine goldene Krone und auf einer Armspange glänzte der bekannte »Kohinoor«, der größte existirende Diamant, den jetzt wohl Jeder in Nachbildungen gesehen hat.
»Ich muß gestehen, sagt Elphistone, daß, wenn manche Gegenstände und der ungewöhnliche Reichthum der königlichen Prachtgewänder mein Erstaunen erregte, ich dagegen doch Vieles unter meinen Erwartungen fand. Alles wies weniger auf die gedeihliche Entfaltung eines mächtigen Staatswesens hin, als es den Verfall einer früher blühenden Monarchie verrieth.«
Daneben erwähnt der Gesandte die Habgier, mit der die Officiere des Königs sich auf die von den Engländern dargebrachten Geschenke stürzten, außer mehreren anderen Einzelheiten, die ihn sehr peinlich berührten. Eine zweite Zusammenkunft mit dem Könige ließ bei Elphistone jedoch einen besseren Eindruck zurück.
»Man dürfte schwerlich glauben, sagt er, daß ein morgenländischer Monarch so viel gute Lebensart entwickeln könne, wie dieser König, der, wo er offenbar zu gefallen strebte, doch seine Würde vollkommen zu wahren wußte.«
Die mit Ausnahme der Ostseite umschlossene Ebene von Peschaver wird von drei Armen des Kabulflusses bewässert, welche sich hier untereinander und mit mehreren kleinen Bächen vereinigen. Die Landschaft ist ausnehmend fruchtbar. Auf jedem Schritte sieht man Pflaumen, Pfirsiche, Birnen, Quitten, Granaten und Datteln in Menge. Die Bevölkerung, welche in der von der Gesandtschaft durchzogenen Steppe nur sehr dünn gesäet wohnte, drängte sich hier so sehr zusammen, daß Lieutenant Macartney nicht weniger als zweiunddreißig Dörfer zählte.
Peschaver selbst mag gegen hunderttausend Menschen bergen, welche in dreistöckigen Häusern aus Backsteinen wohnen. Die hervorragendsten Bauwerke der Stadt bilden viele Moscheen, von denen keine besonders merkwürdig erscheint, eine schöne Karawanserei und der Ballahissaur, ein befestigtes Schloß, in dem der König die Gesandtschaft empfing. Die Mischung von Bewohnern verschiedener Racen, die wechselnden Kostüme erzeugen ein jeden Augenblick sich veränderndes Bild, ein wahres menschliches Kaleidoskop, das zum Vergnügen des Fremden geschaffen scheint. Perser, Afghanen, Kyberier, Hazaurchs, Duraner u. s. w., Pferde, Kameele, Dromedare aus Bactriana, Zweifüßler und Vierfüßler – der Naturforscher findet überall Stoff, zu beobachten und zu beschreiben.
Den Hauptreiz der Stadt wie des ganzen Indiens bilden aber ihre Gärten, und die Menge, so wie der Wohlgeruch der Blumen, vorzüglich der Rosen.
Die Lage des Königs war gerade damals keine befriedigende, da dessen Bruder, den er früher durch eine Volkserhebung entthront, die Waffen gegen ihn ergriffen und Kabul erobert hatte. Ein längerer Aufenthalt der Gesandtschaft schien nicht räthlich. Sie schlug also den Weg nach Indien wieder ein und zog über Attock und das durch seine landschaftlichen Reize berühmte Thal von Hussun Abdul. Hier gedachte Elphistone zu warten, bis die Waffen das Schicksal des Thrones von
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