Der Triumph des 19. Jahrhunderts
bergigen Hochflächen von Judäa, Peräa und Haouran – die letzteren erheben sich bis zu dreitausend Fuß über den Meeresspiegel – noch bedeutender erscheint.
Der Anblick der Umgebung und die Angaben der Instrumente widersprachen aber so sehr den bisherigen landläufigen Anschauungen, daß Erdl und Schubert den erhaltenen Resultaten immer noch mißtrauten und sie auf einen Fehler ihres Barometers und vielleicht eine unbemerkbare plötzliche Störung in der Atmosphäre bezogen. Während der Rückreise nach Jerusalem erreichte das Barometer indeß wieder dieselbe mittlere Höhe, welche es vor ihrer Abfahrt nach Jericho angegeben hatte. Man mußte also wohl oder übel annehmen, daß das Todte Meer sechshundert Fuß unter dem Mittelmeere liege, eine Zahl, welche spätere Beobachter noch als um die Hälfte zu klein nachgewiesen haben.
Offenbar war hiermit eine glückliche Berichtigung gewonnen, welche vorzüglich dadurch folgenreich werden sollte, daß sie die Aufmerksamkeit gelehrter Kreise einer Erscheinung zuwandte, deren thatsächliches Vorhandensein spätere Forschungen bald bestätigen sollte.
Gleichzeitig gewann nun auch die physikalische Erforschung des Beckens des Todten Meeres ebenso an Umfang wie an Gründlichkeit. Zwei amerikanischen Missionären, Edward Robinson und Eli Smith, verdankte die biblische Geographie 1838 eine ganz neue Anregung. Sie bildeten die Pionniere jener Phalanx von Reisenden, Naturforschern, Geschichtschreibern, Archäologen und Ingenieuren, welche, theils unter den Auspicien der englischen Gesellschaft, theils auch neben dieser, das Land der Patriarchen nach allen Seiten untersuchen, verläßliche Specialkarten desselben ausarbeiten und die mannigfachsten Entdeckungen machen sollte, die über jene alten Völkerschaften und einander ablösenden Besitzer des berühmten Landes am Ende des Mittelmeeres neues und helles Licht verbreiteten.
Aber nicht nur diese, durch die Erinnerungen, welche sie in jedem Christenherzen erweckt, so besonders interessante Gegend allein wurde das Studienziel der Gelehrten und Reisenden; ganz Kleinasien vielmehr sollte jetzt der Wißbegierde der gelehrten Welt die in seinem Schoße verborgenen Schätze offenbaren. Reisende durchstreiften dasselbe nach allen Richtungen. Parrot besuchte Armenien; Dubois de Montpéreux wanderte im Jahre 1839 durch den Kaukasus; Eichwald erforschte 1825 und 1826, die Ufer des Kaspischen Meeres; Alexander von Humboldt endlich vervollständigte, Dank der edlen Opferwilligkeit des russischen Kaisers Nikolaus, in Asien und im Uralgebirge seine allgemein physikalischen und geographischen Beobachtungen, die er so muthvoll in der Neuen Welt begonnen. In Begleitung des Mineralogen Gustav Rose, des Naturforschers Ehrenberg, der sich schon durch seine Reisen in Ober-Egypten und Nubien einen Namen gemacht hatte, ferner des Barons Helmersen, eines Genie-Officiers, durchzog Humboldt Sibirien, besuchte die Gold-und Platingruben des Ural und erforschte die Steppen in der Umgebung des Kaspischen Meeres und der Altaï-Kette bis zur Grenze von China. Diese Gelehrten hatten die Arbeiten unter einander getheilt; Humboldt widmete sich den astronomischen, physikalischen, magnetischen und allgemein naturwissenschaftlichen Beobachtungen; Rose dagegen führte das ReiseTagebuch, welches von 1837 bis 1842 zuerst in Deutschland veröffentlicht wurde.
Die wissenschaftlichen Ergebnisse dieser, übrigens ungemein schnellen Reise – in neun Monaten wurde dabei eine Wegstrecke von elftausendfünfhundert Meilen (gleich siebzehntausendfünfhundertsechsundzwanzig Kilometer) zurückgelegt – waren höchst beträchtlich.
In einer vorläufigen Broschüre, welche 1838 in Paris erschien, verbreitete sich Humboldt nur über die Klimatologie und Geologie Asiens; dieser fragmentarischen Arbeit folgte im Jahre 1843 aber das meisterhafte Hauptwerk unter dem Titel »Central-Asien«.
»Er hat in demselben, sagt La Roquette, die wichtigsten wissenschaftlichen Ergebnisse seiner asiatischen Reise systematisch geordnet niedergelegt und sich höchst geistvollen Untersuchungen über die Gestaltung des Landes und der Berge in der Tatarei gewidmet; vorzüglich behandelt er darin die weite Bodendepression, welche sich vom Norden Europas bis zum Centrum Asiens und bis jenseits des Kaspischen Meeres und des Aralsees hinzieht.«
Wir verlassen nun Asien, um uns den verschiedenen Expeditionen zuzuwenden, die in der Neuen Welt seit Anfang dieses Jahrhunderts einander folgten. Zur
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