Der Trost von Fremden
hinterher. Mary sah sich fragend um, doch die Männer lächelten einfältig und schauten weg, und einer von ihnen hustete. Colin, der seine Haltung nicht verändert hatte, beobachtete, wie sie knöcheltief im Wasser stand, zwischen Kindern, die lachten und aufgeregt kreischten, während sie über die Wellen flitzten. Mary ihrerseits schien eine Gruppe größerer Kinder zu beobachten, die auf den platten, schwarzen Schlauch eines Traktorreifens hochkrabbelten und herunterpurzelten. Sie watete hinaus, bis sie auf gleicher Höhe mit ihnen war. Die Kinder riefen ihr zu, ermunterten sie fraglos, richtig ins Wasser zu gehen, und Mary nickte in ihre Richtung. Mit dem kürzestmöglichen Blick über die Schulter zu Colin stieß sie sich ab und glitt ins Wasser, in dem bequemen, langsamen Bruststil, mit dem sie zu Haus im Schwimmbad mühelos zwanzig Längen schaffte.
Colin lehnte sich auf die Ellbogen zurück, aalte sich in Wärme und relativer Einsamkeit. Einer der Männer hatte einen knallroten Strandball hervorgezaubert, und jetzt erhob sich ein Riesenspektakel darüber, welches Spiel sich am besten damit spielen ließ und über die schwierigere Frage der Mannschaften. Eins der Mädchen gesellte sich dazu. Sie stach dem größten Mann mit gespieltem Tadel den Finger in die Brust. Ihre Freundin, die dünn und groß war und ein bißchen spillerig in den Beinen, stand abseits und fummelte nervös an einer Haarsträhne, ihr Gesicht war zu einem höflichen, ergebenen Lächeln erstarrt. Sie schaute einem vierschrötigen, affenartigen Menschen ins Gesicht, der entschlossen schien, sie zu unterhalten. Zum Schluß einer seiner Geschichten langte er hoch und gab ihr einen freundschaftlichen Klaps auf die Schulter. Ein wenig später schoß er vor und kniff sie ins Bein, rannte ein paar Schritte davon, wandte sich um und forderte sie auf, ihn zu jagen. Das Mädchen stolperte wie ein neugeborenes Kälbchen ein paar ziellose Schritte vorwärts, die dann verlegen stockten. Sie fuhr sich mit den Fingern durchs Haar und wandte sich zu ihrer Freundin. Der Affe ging wieder auf sie los und klatschte ihr diesmal auf den Hintern, ein geschickter, beiläufiger Schlag, der ein überraschend lautes Geräusch erzeugte. Die übrigen, das kleinere Mädchen eingeschlossen, lachten alle, und der Affe schlug triumphierend ein schlenkerndes Rad. Noch immer tapfer lächelnd, wich ihm das spillerige Mädchen rückwärts aus. Zwei Strandschirme wurden mehrere Schritt auseinander im Sand aufgepflanzt und oben mit einer Strippe verbunden; man würde eine Partie Volleyball spielen. Der Affe, der dafür gesorgt hatte, daß das spillerige Mädchen in seiner Mannschaft war, hatte sie beiseite genommen und erklärte ihr die Regeln. Er griff sich den Ball, zeigte ihr seine geballte Faust und hieb ihn hoch in die Luft. Das Mädchen nickte und lächelte. Als sie an die Reihe kam, wollte sie nicht, doch der Affe bestand darauf, und sie tat ihm den Gefallen und schlug den Ball ein paar Schritt in die Luft. Der Affe applaudierte, während er dem Ball hinterherlief.
Colin spazierte am Wasser entlang und bückte sich, um einen ans Ufer gespülten Schaumfleck zu untersuchen. In jedem winzigen Bläschen brach sich das Licht auf der Haut zu einem Regenbogen. Der Fleck vertrocknete vor seinen Augen, jede Sekunde verschwanden Dutzende von Regenbogen, und doch keine zwei gleichzeitig. Als er aufstand, blieb nur ein unregelmäßiger Kreis aus Abschaum übrig. Mary war jetzt etwa zweihundert Meter vom Ufer entfernt, ihr Kopf ein kleiner, schwarzer Punkt vor einer flachen, grauen Weite. Um sie besser sehen zu können, beschattete Colin die Augen. Sie schwamm nicht weiter hinaus; eigentlich schien sie zum Ufer zu blicken, doch es war schwer auszumachen, ob sie auf ihn zuschwamm oder Wasser trat. Wie zur Antwort hob sie den Arm und winkte dringlich. Aber war das überhaupt ein Arm oder war es eine Welle hinter ihr? Einen Moment lang konnte er ihren Kopf nicht sehen. Er versank und tauchte wieder auf, und erneut bewegte sich über ihm etwas. Bestimmt ein Arm. Colin atmete heftig ein und winkte zurück. Er war, ohne es zu merken, mehrere Schritt weit ins Wasser gegangen. Der Kopf schien sich zu drehen, diesmal nicht unterzutauchen, sondern hin- und hergeworfen zu werden. Er rief Marys Namen, nicht lauthals, doch mit panischem Flüstern. Als er bis zur Brust im Wasser stand, sah er noch ein letztesmal zu ihr hin. Wieder verschwand ihr Kopf, und noch immer ließ sich nicht erkennen, ob
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