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Der Trotzkopf

Der Trotzkopf

Titel: Der Trotzkopf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emmy von Rhoden
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sich recht eines Schutzes bedürftig. 
    »Leb wohl – leb wohl – du süße Maid! – Nur einen Abschiedsblick, reizendes Lockenköpfchen!« riefen die Uebermütigen, und als der Zug schon im Weiterfahren war, warf einer von ihnen ihr eine herrliche Rose zu, sie fiel gerade zu ihren Füßen. 
    Ilse wandte sich ab, sie wußte vor Scham und Verlegenheit nicht, wohin sie den Blick wenden sollte. 
    »Kannten Sie die jungen Herren?« fragte Frau Rat. – 
    Ilse verneinte und erzählte, daß sie dieselben zum ersten Male bei ihrer Abreise gesehen. 
    »Ja, das ist lustiges Blut!« meinte Frau Rat. »Die ganze Welt gehört ihnen und man darf es ihnen nicht übel nehmen, wenn sie sich mehr herausnehmen als andre. – Wollen Sie die Rose nicht aufnehmen, Kind?« 
    Ilse hatte wohl den Wunsch, aber sie schüttelte doch den Kopf. »Ich darf nicht,« sagte sie, und Fräulein Güssows Worte: »keine Aufmerksamkeit von einem Herrn anzunehmen,« standen mahnend vor ihrer Seele. – Der Werfer fuhr freilich auf und davon und niemals hätte er erfahren, ob sie die Rose nahm oder nicht, – trotzdem schwankte sie nicht, ihre Gewissenhaftigkeit und das eigne Bewußtsein waren die Wächter, die sie zurückhielten. 
    Frau Rat verstand sofort Ilses Benehmen und freute sich über ihr Taktgefühl. »Sie haben recht, Kind,« sagte sie, »und eigentlich beschämen Sie mich etwas. Aber ich dachte nicht gleich daran, wer die Blume geworfen hat. Ich sah das herrliche Prachtexemplar im Staube liegen und es that mir leid um die unschuldige Rose.« 
    Nach einer Stunde Aufenthalt fuhren die Damen weiter. Ilse hatte die Zeit benützt, eine Korrespondenzkarte an Fräulein Güssow zu schreiben. Als sie schrieb, meldete sich der Abschiedsschmerz aufs neue. Es verwischten sogar einige Thränen die frische Schrift; aber sie meldete, daß ihr die Reise bis jetzt furchtbar schnell vergangen sei, und Frau Rat wäre eine zu entzückende Frau. 
    Die Erwähnte dachte ungefähr ebenso von ihrer jungen Reisegefährtin. Sie hatte in der kurzen Zeit eine warme Zuneigung zu derselben gefaßt. Ilse war so ganz anders als all die jungen Mädchen ihrer Bekanntschaft. Sie verglich sie mit einem sprudelnden Waldquell, dessen Wasserspiegel bis auf den klaren Grund sehen läßt. Wahr und offen und doch nicht geschwätzig, natürlich und ohne jede Ziererei. Und doch, wie hübsch war die Kleine! – Frau Rat blickte mit innerer Freude in Ilses rosiges Gesicht, in ihre braunen Augen, die ein so getreuer Spiegel ihrer Seele waren; die sie traurig und thränengefüllt, fröhlich und schelmisch aufleuchten sah, und deren dunkle Wimpern sich sittsam senkten, als übermütige Studenten ihr huldigen wollten. 
    »Nun sind wir in wenigen Minuten in Lindenhof und müssen uns trennen,« sagte Frau Rat. »Es thut mir von Herzen leid, ich habe Sie sehr lieb gewonnen. Versprechen Sie mir fest, mich zu besuchen, wenn der Zufall Sie in die Nähe von L. führen sollte.« 
    Ilse versprach das gern und gestand, daß auch ihr das Scheiden schwer werde. Frau Rat hätte so ›himmlisch‹ verstanden, sie zu trösten. 
    »Da sind wir schon!« rief Frau Rat und steckte den Kopf zum Fenster hinaus, um sich nach Gontraus umzusehn. Sie waren nicht zu erblicken. Einige Bauernfrauen standen wartend mit ihren Tragkörben da, sie wollten mit dem Zuge weiterfahren, das war alles. – Ilse hatte auch hinausgeschaut und als sie niemand anwesend sah, der sie erwartete, wurde es ihr recht bange. 
    »Ach!« seufzte sie, »was fange ich nun an! Ich bin ganz verlassen hier! Lassen Sie mich mit Ihnen weiterfahren, liebe Frau Rat, und nehmen Sie mich für die eine Nacht auf. Bitte, bitte!« 
    »Wie gern thäte ich das, mein Kind; aber das wäre gegen die Bestimmung Ihrer Eltern. Gontraus werden noch kommen, auf jeden Fall! Sie haben sich etwas verspätet, Sie können es glauben. Was würden sie sagen, wenn Fräulein Ilse davongeflogen wäre?« 
    Ilse seufzte schwer und stieg aus. Ihr Gepäck, auch die Blumen, die trotz des häufigen Besprengens mit frischem Wasser die Köpfchen traurig hängen ließen, hatte sie aus dem Koupee gehoben, – nun stand sie da und sah sich hilflos nach beiden Seiten um. 
    »Machen Sie nicht ein so trostloses Gesicht, liebes Kind,« beruhigte die alte Dame, »es wäre ja noch immer kein Unglück, wenn Gontraus durch irgend ein Mißverständnis Sie heute nicht erwarteten! In diesem Falle bestellen Sie einen Wagen im Stationsgebäude und fahren nach Lindenhof hinaus. In

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