Der Tschernobyl Virus
wollen, sondern uns wirklich abholen wollen, vertun wir hier die einzige Chance, die Sam hat, zu überleben.«
Marie wollte etwas sagen, doch sie verstummte und blickte nach oben. Der Helikopter entfernte sich nicht mehr, sondern drehte zum Hotel. Jetzt konnten die beiden sehen, dass in der offenen Tür des Helikopters ein Soldat mit einem Maschinengewehr im Anschlag saß. Auf der Stelle sprangen sie wieder in die Lobby und kauerten sich auf den Boden. Anastasia saß direkt unter dem großen Fenster. Alle drei hielten die Luft an und lauschten, wie der Helikopter einige Sekunden lang in der Luft stehen blieb, sich dann doch entfernte. Als der Helikopter kaum noch zu hören war, atmeten die drei tief durch. Sie blieben noch eine Zeit lang liegen und lauschten, ob irgendwelche Geräusche zu hören waren. Als in den nächsten Minuten nichts kam, standen sie wieder auf und sahen sich an, »Das war knapp«, Marie fand ihre Stimme zuerst wieder.
»Es tut mir leid«, Ming Shu entschuldigte sich kleinlaut, »ich dachte nur an Sam, er soll doch irgendwie wenigstens die Chance haben, zu überleben.«
»Ich weiß, ich weiß«, Marie nickte, »ist schon OK, es ging ja noch mal gut.«
Ming Shu nickte wenig überzeugt. Die beiden setzten sich wieder auf die Couch, doch sie saßen noch nicht richtig, als sie einen Wagen ankommen hörten. Sie hörten, wie der Wagen mit quietschenden reifen bremste und zwei Männer aus dem Wagen sprangen, und sich etwas auf ukrainisch zuriefen. Anastasias Miene verdunkelte sich, »Sie werden jedes Zimmer durchsuchen und sollen niemanden leben lassen.« Ihr standen Tränen im Gesicht und auch die beiden anderen sanken in sich zusammen.
Kapitel 38
»Was soll das jetzt«, Koch schrie los, »bist du wahnsinnig?«
»Nein«, Heip sah mit einem Lächeln in die Runde, »im Gegenteil Jungs«, dann sah er zu Joanne, »sorry, Jungs und Mädels. Ich habe einen Plan.«
»Und das Telefon zu erschießen ist der Plan?« Kempe sah ihn ungläubig an, »Toller Plan.«
»Mit dem Satellitentelefon im Gepäck sind wir jederzeit zu orten.«
Koch rollte mit den Augen, »Oh Mann, das ist Bullshit. Die wissen, wo wir sind. Drei von denen stehen vor uns.«
»Noch, mein Lieber«, Heip nickte, »noch. Aber ich dachte, wir wollten hier raus.«
»Und wie, wenn ich fragen darf?« Koch flüchtete in einen sarkastischen Unterton.
»Wir fackeln das alles ab«, Heip machte eine kreisrunde Bewegung mit dem Arm.
»Was meinst du damit?« Kempe verstand genauso wenig wie die anderen, auf was Heip hinaus wollte.
»Ihr gebt mir Feuerschutz«, Heip zeigte nach vorne, wo die Soldaten waren, »und ich werde an ein paar Stellen ein kleines Feuerchen anzünden. Das Feuer kommt nicht bis zu uns, hier sind keine Bäume mehr. Zumindest für eine kurze Zeit werden die uns nicht sehen können. Wir werden dann das Schießen einstellen. Meine Hoffnung ist, dass die zumindest kurz denken, sie hätten uns erledigt. Die Bäume sind recht hoch, das heißt, dass die Flammen recht hoch schlagen werden. Der Helikopter kann nicht mehr so nah heranfliegen und wir haben eine Chance zu entkommen«, dann sah er ernst von einem zum anderen, »unsere einzige Chance.«
Während Heip seinen Rucksack beiseite legte und sich vorbereitete, robbten die anderen direkt an den kleinen Mauervorsprung. Koch spürte, wie bereits jetzt Fieber in ihm hochstieg. Natürlich, die Anspannung und der Stress, unter dem er hier stand, das war zu viel für sein Immunsystem. Der Virus konnte sich recht ungehindert in ihm ausbreiten. Er fühlte auch, wie sich sein Arm mehr und mehr entzündete. Sie hatten keine Zeit gehabt, die Wunden zu desinfizieren. Genau das rächte sich jetzt. Er sah herüber zu Lehman. Ihm schien es auch nicht besser zu gehen. Kempe bemerkte das und ging zu Koch, »Mach dir keine Sorgen, mein Freund«, versuchte er, Koch zu beruhigen, »wir kommen hier raus und flößen dir so viel Medizin ein, dass dich tausend von den Viechern beißen können, ohne, dass dir etwas passiert.«
Koch lächelte seinen Freund gequält an. Heip war zwischenzeitlich fertig mit seinen Vorbereitungen und zeigte den anderen an, an die vereinbarten Plätze zu gehen. Sie hatten einige kleine Löcher in dem Mauerrest gefunden, durch den die Männer schießen konnten, ohne sich aus der Deckung zu begeben. Mit seinen Fingern zeigte Heip einen Countdown von drei an. Als der letzte Finger verschwunden war, schossen die vier los. Sie wussten nicht, wie nahe sie mit ihren
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