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Der Tuchhändler (German Edition)

Der Tuchhändler (German Edition)

Titel: Der Tuchhändler (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Dübell
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sprechen«, erwiderte ich. »Er ist mein Sohn.«
    Er zuckte mit den Schultern.
    »Er ist nicht da.«
    »Woher wollt Ihr das wissen?«
    »Heute wird nicht gearbeitet«, beschied er mich.
    »Dann möchte ich zu Meister Stethaimer«, hörte ich mich sagen. Im gleichen Moment dachte ich: Ich weiß gar nicht mehr, wie der Baumeister aussieht; ich habe ihn nur ein einziges Mal gesehen. Jemand wird ihn mir vorstellen müssen.
    Der Wappner zeigte erste Anzeichen von Ungeduld.
    »Heute nicht«, sagte er bestimmt.
    »Was ist denn passiert?«
    »Nichts.«
    Ich sah mich hilflos um; ein Mann mit einem feinen Mantel, der in meiner Nähe stand, beugte sich zu mir herüber und sagte: »Der Herzog wird angeblich mit seinem Hofstaat die Baustelle besuchen; deshalb lassen sie keinen durch.«
    »Der Herzog? Herzog Ludwig?«
    »Mit seinem Sohn, dem jungen Prinzen, und Bischof Bernhard von Salzburg.«
    »Und was machen all die Leute hier?« fragte ich und wies auf die Umherstehenden.
    »Wir sehen sie uns an«, sagte er mit einem erstaunten Unterton, als wäre meine Frage von ausgesuchter Torheit. »Was macht Ihr denn hier?«
    »Ich habe etwas auf der Baustelle zu erledigen.« Er grinste plötzlich.
    »Heute nicht«, wiederholte er fröhlich die Ablehnung, mit der mich schon der Wappner bedacht hatte. Er wandte sich ab, und ich trat wieder auf den Mann mit dem Spieß zu.
    »Ich habe etwas Dringendes mit Hans Stethaimer zu besprechen«, sagte ich erneut. »Ich bitte euch, mich zu ihm vorzulassen.« Mit einer Hand fischte ich ein paar Pfennige aus der Tasche und ließ sie in sein Wams gleiten. Er warf seinen Kameraden links und rechts neben sich verstohlene Blicke und wechselte unschlüssig den Griff an seinem Spieß.
    »Wir dürfen niemanden durchlassen, bis der Herzog die Baustelle wieder verlassen hat«, erklärte er mir.
    »Der Herzog ist ja noch gar nicht angekommen«, gab ich ihm zu bedenken.
    Er überlegte, ohne den Spieß zur Seite zu nehmen.
    Ich wartete voller Ungeduld; wenn ich noch ein paar kleinere Münzen gehabt hätte, hätte ich seinem Denkprozeß ein wenig nachgeholfen. Plötzlich schritt eine Gruppe von Männern aus dem östlichen Eingangsportal ins Freie und sah sich um; einige von ihnen trugen lederne Schürzen. Zwischen ihnen stand eine gebeugte Gestalt mit fein geschmücktem Wams, und entgegen aller Erwartungen erkannte ich sein Gesicht auf Anhieb wieder. Es brauchte nicht die neben mir stehenden Leute, die mit den Fingern auf ihn zeigten und zu tuscheln anfingen.
    »Dort ist der Baumeister«, sagte ich und wies auf die Gruppe. »Nun laßt mich bitte zu ihm durch.«
    Der Wappner konnte sich noch immer nicht entschließen, den Weg freizugeben; der Widerstreit seiner Gefühle spiegelte sich deutlich in seinem Gesicht. Stethaimer stieg mit seinen Begleitern die wenigen Stufen auf den Platz herunter und setzte sich zum westlichen Portal hin in Marsch, direkt in unsere Richtung. Ein paar der weiter hinten stehenden Zuschauer drängten sich heran, um festzustellen, ob es sich bei ihm und seinen Männern nicht vielleicht schon um einen der erwarteten Würdenträger handle, und ich erhielt ein paar Stöße in den Rücken.
    Ich holte Luft und rief: »Herr Stethaimer!«
    Er drehte sich um und suchte mit den Blicken nach mir. Ich hob eine Hand und winkte ihm zu, und er kniff die Augen zusammen. Ich seufzte; er versuchte, mich zu erkennen. Da er mich nur ein einziges Mal gesehen hatte, und das vor mehreren Jahren, würde er im nächsten Moment mit den Schultern zucken und weitergehen. Einen der Landshuter Kaufleute und reichen Bürger hätte er wohl auf Anhieb erkannt; sie überschlugen sich mit ihren Gunstbeweisen ihm gegenüber und mit Einladungen zu gewaltigen Menüs. Ich war in den vergangenen Jahren noch nicht einmal oft genug in die Nähe der Baustelle gekommen, um mir das Gesicht des Baumeisters seit unserer ersten und letzten Begegnung genügend einzuprägen. Ich hob die Hand erneut und bedeutete ihm, zu mir zu kommen.
    »Ich muß Euch sprechen!« rief ich.
    Ich erhielt noch ein paar Stöße in den Rücken, als sich weitere Zuschauer herandrängten, um zu erfahren, was vor sich ginge. Die mir zunächst standen, starrten mich voll stummer Neugier an. Ärger ergriff mich.
    »Nun kommt doch schon!« sagte ich laut, als Stethaimer noch immer zögerte.
    Unwillkürlich trat er die paar Schritte auf mich zu.
    »Was wollt Ihr von mir?« fragte er ungeduldig.
    »Ich muß ein paar Dinge mit Euch besprechen. Dringend«, sagte

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