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Der Tuchhändler (German Edition)

Der Tuchhändler (German Edition)

Titel: Der Tuchhändler (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Dübell
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einem Tisch darin, und selbst ich hätte es als Strafe empfunden, hier arbeiten zu müssen.
    »Dies ist das Arbeitszimmer von Wolfgang Leutgeb«, sagte der alte Mann, als hätte er meine Gedanken auf meinem Gesicht abgelesen. »Ich habe die Erlaubnis, es zu benutzen.«
    »Ihr seid ein Nachkomme von Christian Leutgeb«, sagte ich aus einer Eingebung heraus und wußte im selben Moment, daß es falsch war. Er schüttelte den Kopf und lächelte zum erstenmal wirklich. Als er sich zurücklehnte, wurde mir klar, daß sich die Sachlage aus irgendwelchen Gründen wieder umgekehrt hatte; er hatte den Vorteil wieder auf seiner Seite, oder zumindest hatte er diesen Eindruck, und das war es, was zählte. Er war ruhig und gelassen.
    »Setzt Euch«, sagte er beinahe freundlich und zeigte mit der Hand auf einen niedrigen Hocker, der vor dem Arbeitstisch stand. Ich sah auf ihn hinab und dachte: Wenigstens bist du noch auf vertrautem Gebiet; so werden manchmal auch Geschäftsverhandlungen geführt. Ich verzichtete auf die Sitzgelegenheit, auf der ich mich nur unbequem hätte niederlassen können, und trat so nahe an den Schreibtisch heran, daß er zu mir hochblicken mußte. Ich sah, daß das Lächeln von seinem Gesicht verschwand; aber dann verlosch der mißmutige Gesichtsausdruck, als er die Situation durchschaute. Er dachte nur einen kleinen Moment nach, dann stand er auf und trat zum Fenster. Er lehnte sich mit einer Schulter dagegen und sah mich erwartungsvoll an. Er wollte, daß ich den Anfang machte, aber ich war unschlüssig, was ich zu ihm sagen sollte. Ich war mir bewußt, daß er von sich aus nichts preisgeben würde: Ohne daß wir es ausgesprochen hätten, war mir klar, worauf er abzielte. Er wollte ein Geschäft; zunächst Information gegen Information. Er wollte erfahren, was ich von ihm und seinen Leuten wollte; was ich gegen sie in der Hand hatte und worauf meine Handlungen abzielten. Dann würde er antworten, und es würde ihm freistehen, die Wahrheit zu sagen oder gelassen zu lügen.
    Ich hätte mich wieder verabschieden und binnen einer Stunde mit einem Trupp Wappner zurückkommen können, auf die Gefahr hin, daß er und der Rest seiner Leute in der Zwischenzeit verschwunden waren. Ich hätte mich nicht auf sein Spiel einzulassen brauchen; er mochte mich unsicher gemacht haben, doch noch immer hatte ich die Trümpfe in der Hand. Aber der Ausdruck in seinem Gesicht, als ich ihn gefragt hatte, wie er mich vom Leben zum Tode zu befördern gedenke, hatte mich zutiefst nachdenklich gemacht; ebenso das Verhalten seines Kameraden und der jungen Frau, die ihn Vater genannt hatte. Plötzlich hielt ich es für möglich, daß ich mich in all meinen Schlußfolgerungen getäuscht hatte.
    Und nicht zuletzt wollte ich wissen, wer er wirklich war.
    Ich dachte an meinen Knecht, der womöglich meine einzige Garantie war, daß ich meinen Vorstoß hierher überleben würde. Ich hielt sie noch immer für gut genug, um das Risiko fortzusetzen.
    Ich atmete tief ein und sagte: »Ihr kennt meinen Namen bereits; ich möchte jetzt gern den Euren erfahren.«
    Er lächelte und schüttelte den Kopf.
    »Eröffnet mir alles, was Ihr über uns wißt«, verlangte er. Ich war nicht überrascht.
    »Ich könnte Euch anlügen«, sagte ich.
    »Ich ebenso.«
    Ich dachte: Auf diese Art können wir uns im Kreise drehen, bis die Stunde abgelaufen ist. Mir war klar, daß ich nachgeben mußte – er würde es nie tun.
    »Ich werde Euch sagen, was mich hierher geführt hat.« Er dachte einen Moment nach, dann nickte er.
    »Am Morgen des Allerheiligentages«, begann ich ruhig, »wurde die übel zugerichtete Leiche einer polnischen Edeldame gefunden; wie sich herausstellte, die Nichte von König Kasimir. Um keinen Skandal zu verursachen, beauftragte der Kanzler des Herzogs mich mit der Aufklärung des Falles. Er wollte unter allen Umständen vermeiden, daß Informationen darüber publik würden. Im Zuge meiner Nachforschungen wurde ich auf das leerstehende Haus drüben aufmerksam und entdeckte, daß jemand heimlich darin Unterschlupf gefunden hatte: Ihr und Eure Leute. Die Nähe zum herzoglichen Zollhaus, in dem der Kaiser logieren wird, machte mich nervös. Ich beobachtete Euch, bis ich jemandem auffiel – ich nehme an, Ihr wart es selbst. Ich wurde zweimal überfallen und bin nur mit knapper Not mit dem Leben davongekommen. Ich setzte einen Spitzel auf das Haus an, einen Flößer; dieser Mann wurde vorgestern im Fluß ertränkt. Ein weiterer Mann kam bereits

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