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Der Tuchhändler (German Edition)

Der Tuchhändler (German Edition)

Titel: Der Tuchhändler (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Dübell
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falsch. Ich habe den jungen Mann nicht. Ich wußte nicht einmal, daß es ihn gibt.«
    »Seid Ihr sicher, daß Euch nicht nach einem Druckmittel mir gegenüber gelüstete?«
    »Woher hätte ich wissen sollen, daß der Mann Euch freundschaftlich verbunden ist, wenn ich ihn denn bemerkt hätte? Und dann«, er lächelte fein, »wozu brauchte ich ein Druckmittel gegen Euch? Schließlich seid Ihr zu mir gekommen, nicht wahr?«
    Ich biß die Zähne aufeinander und sagte nichts. Er wandte den Blick ab und fuhr fort: »Es liegt mir daran, meine Freunde so schnell wie möglich zu befreien. Ihr seid dazu in der Lage, und Ihr tut es, weil ich etwas besitze, das Ihr dringend haben möchtet: den Namen des Mörders, den Ihr sucht. Warum sollte ich mich denn in das Risiko begeben, einen Bürger dieser Stadt zu entführen? Ich habe es nicht nötig.«
    »Aber wer sollte sonst ein Interesse daran haben, den jungen Mann aus dem Verkehr zu ziehen?«
    »Ich kann es mir schon denken«, sagte er.
    »Wer, in Gottes Namen?«
    »Wo sind meine Freunde?« fragte er zurück.
    Ich ließ mich zusammensinken.
    »Warum?« rief ich. »Warum er? Könnt Ihr Euch das auch denken?«
    »Aus demselben Grund, aus dem Ihr auch mich seiner Entführung verdächtigt habt: Er ist jemandem aufgefallen, wie er mein Haus beobachtete.«
    Die Gelassenheit, mit der er meine eigenen Befürchtungen aussprach, erschreckte mich um so mehr.
    »Wie der ... Flößer?« flüsterte ich.
    Er nickte langsam. Ich hatte das Gefühl, mich übergeben zu müssen.
    »Der Flößer ist tot«, stieß ich hervor.
    »Richtig«, sagte er mitleidlos.
    Plötzlich wollte ich ihn treffen. Ich sagte heiser: »Macht Euch das nicht angst? Zu wissen, daß sich noch jemand für die ganze Geschichte interessiert, dem ein Menschenleben nichts bedeutet? Auch nicht Eures oder das Eurer Tochter?«
    »Warum glaubt Ihr, bin ich so vorsichtig?« fragte er gereizt. »Und wer sagt Euch, daß noch jemand im Spiel ist?«
    »Ich verstehe nicht«, sagte ich verblüfft. Er zuckte mit den Schultern.
    »Ich habe Euch schon zu viel offenbart«, erwiderte er. »Holt meine Freunde aus dem Gefängnis.«
    Es war ihm nicht beizukommen. Er war ein Meister darin, den Dialog so zu führen, wie er wollte; und im Moment wollte er, daß ich nichts erfuhr, bevor seine Leute frei vor ihm standen. Ich kehrte resigniert zum Anfang zurück.
    »Ihr habt ihn wirklich nicht in Eurer Gewalt?« fragte ich. Er schüttelte den Kopf.
    Ich holte tief Atem und stieß die Luft wieder aus. In meinem Magen war ein Zittern der Erschöpfung und der Angst.
    »Würdet Ihr mir helfen, den jungen Mann zu finden? «
    »Welchen Grund hätte ich dafür?«
    »Er hat Euch nichts getan.«
    Er antwortete nur mit einem weiteren Schulterzucken. Ich sprach weiter: »Der Anführer der polnischen Delegation in Landshut wäre bereit, seine Männer ausschwärmen zu lassen und nach ihm zu suchen.« Er grunzte verächtlich, als ob er sagen wollte: Was würde das schon bewirken!, aber ich fuhr fort: »Er tut es allerdings nur unter der Bedingung, daß ich ihm den Mörder benenne. Er glaubt, ich will ihn hintergehen; er hält das Ganze für ein Possenspiel, das ich erfunden habe, weil ich den Fall nicht aufklären kann.«
    »Ihr wollt, daß ich Euch den Namen sage, ohne daß Ihr Euer Versprechen zuerst erfüllt habt.«
    »Ja.«
    »Ihr verschwendet Eure Zeit«, sagte er böse.
    Ich verlegte mich aufs Bitten. »Ich schwöre Euch bei allem, was mir heilig ist, daß ich ...«
    »Spart Euch Eure Schwüre«, winkte er ab. »Ihr kennt meine Bedingungen.«
    »Es geht um ein Menschenleben«, beschwor ich ihn. »Bedeutet es Euch so wenig?«
    »Vielleicht bin ich genauso mißtrauisch wie Euer polnischer Freund?«
    »Ich kann Euch den Vater des jungen Mannes bringen«, rief ich hitzig. »Seht ihn Euch an, dann werdet Ihr wissen, ob es eine Posse ist oder nicht!«
    »Wen wollt Ihr noch alles hier hereinschleppen?« erkundigte er sich bissig. »Zwölf Mönche, die Eure Glaubwürdigkeit bezeugen?«
    »Bitte«, sagte ich.
    Er schüttelte stumm den Kopf.
    Ich faßte in meine Tasche und zog den zerknitterten Schein heraus. Ich wußte, daß er der letzte Trumpf war, den ich in der Hand hatte; das Papier schien mir so schwer, daß meine Hand zitterte. Ich legte es vor ihn auf den Tisch und strich es mühsam glatt.
    »Was ist das?« fragte er.
    »Lest es.«
    Er überflog es; als er fertig war, huschten widersprüchliche Gefühlsregungen über sein Gesicht. Er blickte auf und sagte erregt:

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