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Der Tuchhändler (German Edition)

Der Tuchhändler (German Edition)

Titel: Der Tuchhändler (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Dübell
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und fühlte mich aufs neue beklommen.
    »Wenn sie merken, daß ihnen der Sohn des Apothekers noch weniger nützt als Eure Leute, werden sie ihn sofort beiseite schaffen«, sagte ich dumpf.
    »Ich bin mir nicht sicher«, wandte Reckel ein. »Wenn Girigel herausfindet, daß er nichts weiß, gibt es keinen Grund, ihn umzubringen. Ich fürchte nur, daß er wie meine Männer der Folter unterzogen wird, bis ihm jemand glaubt.«
    »Er muß ihn dennoch beseitigen«, widersprach ich und fühlte ein kaltes Grausen dabei. »Er kann es sich nicht leisten, ihn freizulassen, nachdem Löw seine Machenschaften weitestgehend kennengelernt hat.«
    »Wir müssen also handeln, bevor Girigel dieser Umstand klar wird.«
    »Ja«, sagte ich. »Wenn es nicht schon zu spät ist. Löw ist vor zwei Tagen verschleppt worden. Er dürfte mittlerweile in Burghausen angekommen sein.«
    »Wo meine Männer schon lange gefoltert werden«, sagte Reckel erstickt.
    Sebastian Löw kam kurze Zeit später durch die Nässe hereingetrottet; der polnische Ritter marschierte mit ausdruckslosem Gesicht hinter ihm her und stieg nach seinem Eintritt die Treppe hoch, ohne mehr zu tun als uns zuzunicken. Löws Gesicht war anzusehen, daß er die Gelähmtheit des Schlafes endgültig abgeschüttelt und zur Wirklichkeit zurückgefunden hatte; er machte den Eindruck, als sei ihm diese Wirklichkeit nicht besonders willkommen. Er trug ein Fläschchen mit sich.
    »Was ist?« fragte er. »Soll ich es dem polnischen Herren nicht hinaufbringen?«
    »Nein«, antwortete ich. »Er hat es sich anders überlegt.« Ich sah aus dem Augenwinkel, wie Reckeis Kopf herumfuhr, aber ich bemühte mich, nicht darauf zu reagieren. Ich wußte, daß ich Moniwid zu guter Letzt noch brauchte: Er mußte überzeugt werden, daß der Richter der gesuchte Mörder war, und es war gut zu wissen, daß ich mit Löws Medizin ein Lockmittel für seine Kooperation in den Händen hatte. Es war ein kleiner und gemeiner Gedanke, aber er verschaffte mir einen Vorteil, und wir konnten dringend ein paar Vorteile auf unserer Seite gebrauchen.
    »Gebt es mir«, sagte ich zu Löw. »Ich verwahre es einstweilen.«
    Er überreichte mir das Fläschchen widerstandslos. Ich steckte es ein. Für einen Moment sprach keiner von uns dreien. Löw sah von einem zum anderen, dann blieb sein Blick an mir hängen.
    »Ich dachte, der Herr solle uns helfen, Daniel zu finden?« flüsterte er. »Was wird jetzt? Weigert er sich, sein Versprechen einzulösen?«
    Ich wußte plötzlich, daß ich Löw seine unmittelbare Angst nehmen konnte; es wäre ein Akt der Gnade. Ich zauberte ein Lächeln auf mein Gesicht – das tausendste falsche Lächeln, seit dieser Fall begonnen hatte – und sagte: »Wie geht es Eurer Familie, Herr Löw?«
    »Wie wohl?« sagte er resigniert.
    »Geht heim und macht ihnen eine Freude. Sagt ihnen, wir haben Daniels Befreiung bereits veranlaßt.«
    Es war beschämend zu sehen, wie er auf meine Lüge reagierte; selbst, wenn es eine gnädige Lüge war. Sein Unterkiefer sackte herab, und in Sekundenschnelle schwammen seine Augen in Tränen. Er ächzte, dann stammelte er: »Wie habt Ihr das gemacht? Wo ist er? Geht es ihm gut?«
    »Es war alles ein Mißverständnis. Er ist in Burghausen«, sagte ich und warf einen Blick zu Reckel hinüber, der mich scharf musterte, aber keinerlei Anstalten machte, mich zu verraten. »Aufgrund eines Irrtums hat man ihn verhaftet. Ich denke, er wird so schnell wie möglich wieder freigelassen werden.«
    »Was?!« stieß er hervor. »Verhaftet? Woher wollt Ihr das wissen?«
    »Ich habe es gesehen«, sagte Reckel unvermittelt. »Ich wußte nicht, daß es Euer Sohn war. Ich bin darauf aufmerksam gemacht worden, während Ihr in Eurer Apotheke wart.«
    Löw stieß plötzlich ein keuchendes Lachen hervor. Seine Augen schlossen sich.
    »Daniel«, sagte er. Es war das aufrichtigste Dankgebet, das ich jemals gehört hatte.
    »Geht nach Hause«, drängte ich ihn. »Sagt es Eurer Familie.«
    »Was macht Ihr?«
    »Ich schreibe einen Brief nach Burghausen an Richter Girigel, um ihn über den Irrtum aufzuklären«, sagte ich. »Ihr wißt vielleicht, daß ich ihn gut kenne.«
    Er streckte beide Hände nach mir aus, und ich erwartete, daß er mich jeden Moment zu umarmen versuchen würde. Statt dessen wirbelte er auf einmal herum und rannte mit wedelnden Armen in die Dunkelheit hinaus. Der Regen verschluckte ihn sofort, aber wir hörten seine hastigen Schritte über den Hof und zum Tor hinaus durch die

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