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Der Tuchhändler (German Edition)

Der Tuchhändler (German Edition)

Titel: Der Tuchhändler (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Dübell
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würde erst später begreifen, daß es keinen Sinn hatte, sich gegen seinen Reiter behaupten zu wollen. Der Ritter parierte die Ausbruchsversuche seines Pferdes mit instinktiven Körperbewegungen, und so wurde nicht mehr als das aufgebrachte Tänzeln daraus; man konnte daran erkennen, daß er tatsächlich ein ausgezeichneter Reiter und im Turnier wahrscheinlich ein furchterregender Gegner war.
    Ich kniff die Augen zusammen und sagte ruhig: »Natürlich nicht.«
    »Natürlich«, höhnte er. »Welchem Umstand verdanke ich es dann, daß Euer Weg bei mir vorbeiführt?«
    »Es gibt etwas, das ich Euch berichten muß.«
    »Dann fangt an.«
    »Hier?«
    »Was habt Ihr gegen diesen Platz einzuwenden? Er wurde uns von Eurem Herrn zugewiesen; ich wußte nicht, daß er einem Landshuter Kaufmann nicht passend erscheint.«
    »Soll ich die widerwärtigen Details über den ganzen Hof schreien?« rief ich aufgebracht. »Was man Eurer edlen Gräfin alles angetan hat?«
    Seine Augenbrauen senkten sich und verwandelten seine Augen in schmale Schlitze. Ich sah das Zornesfunkeln darin; aber wenigstens stieg er nun ab. Das Pferd, von seiner Last befreit, versuchte, auf der Hinterhand hochzusteigen, und der Pole wurde ein paar Schritte weit von ihm mitgerissen, bis er es wieder mit den Vorderbeinen auf den Boden gezwungen hatte. Einer der Knappen, die vorhin die Stechpuppe ruhiggestellt hatten, lief durch die Pfützen auf ihn zu und nahm ihm die Zügel ab. Es fiel ihm noch schwerer als Moniwid, das Tier in die Richtung davonzuzerren, in der er es haben wollte.
    Albert Moniwid marschierte mit brüsken Schritten zu mir zurück. Als er vor mir stand, wies er hinter sich.
    »Die Turniere sind nicht mehr weit, und wir müssen unsere Pferde einreiten. Von den sogenannten bayrischen Rittern wird nicht mehr viel übrigbleiben, wenn wir in die Planken gehen.«
    Ich verzog achtlos den Mund, und er sah sich genötigt, noch etwas hinzuzufügen: »Ich habe gehört, Herzog Christoph der Starke wird bei den Turnieren kämpfen. Er ist ein ganz und gar gottloser, aufgeblasener Popanz. Ich habe mir vorgenommen, ihn in Grund und Boden zu rennen; Ihr stört mich bei meinen Übungen.«
    »Herr Moniwid, wenn wir den Mörder nicht fassen, wird es keine Hochzeit und kein Turnier geben. Ihr wolltet dafür sorgen; erinnert Ihr Euch?«
    »Pah«, winkte er ab. »Dann werde ich ihn auf dem Schlachtfeld treffen, und die Waffen werden scharf sein. Um so besser.«
    »Wollt Ihr nun hören, was ich Euch zu sagen habe?«
    »In Gottes Namen; sprecht, Herr Kaufmann.«
    »Die Dame wurde erdrosselt, bis sie offensichtlich das Bewußtsein verlor; sodann wurde ihr das Genick gebrochen. Danach bediente sich der Täter irgendeines Werkzeuges, damit die Tat nach einer Vergewaltigung aussah. Tatsächlich hat eine solche niemals stattgefunden.« Es hörte sich nicht richtig an; ich wollte hinzufügen: Jedenfalls nicht in dem üblichen Sinne, aber an seinem Gesicht konnte ich erkennen, daß er verstanden hatte. Er schwieg eine lange Weile, nachdem ich zu Ende gesprochen hatte, und währenddessen schien er mein Gesicht scharf zu mustern. Seine Wangenmuskeln zuckten dabei, und über seine Züge huschten Gedanken wie finstere Schatten.
    Nach einigen Momenten erkannte ich, daß er nicht ob der neuen Details sprachlos war; sein Schweigen hatte einen viel profaneren Grund. Er versuchte, sich darüber klar zu werden, ob ich ihm nicht einen Bären aufband. Ich konnte förmlich den inneren Kampf sehen, den er mit sich ausfocht. Es brauchte eine geraume Zeit, bis er sich zu dem Entschluß durchrang, daß ich die Wahrheit gesagt hatte.
    »Was hat das zu bedeuten?« fragte er rauh.
    »Herr Moniwid«, sagte ich ruhig. »Es ist kein Zufall, daß die Nichte des Königs auf diese Art und Weise ums Leben gebracht wurde. Jemand versucht, die Hochzeit Eurer Prinzessin mit unserem Herzogssohn zu verhindern.«
    »Warum sollte jemand… ?« rief er laut, und alle Köpfe fuhren zu uns herum. Ich fühlte mich merkwürdig schwindlig, als ich es ausgesprochen hatte. Es war nicht über mich gekommen wie eine Erleuchtung. Seitdem ich heute morgen aufgewacht war und meine Sinne wieder in ruhigeren Bahnen verliefen, fraß dieser Gedanke an mir. Moniwid zog die Luft mit einem scharfen Geräusch durch die Nase ein und fauchte dann zwischen zusammengebissenen Zähnen: »Warum sollte jemand das wollen? Ihr habt den Verstand verloren.«
    »Ihr sagtet selbst, daß Ihr nichts dagegen hättet, wenn die Hochzeit abgesagt

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