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Der Tuchhändler (German Edition)

Der Tuchhändler (German Edition)

Titel: Der Tuchhändler (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Dübell
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den Tisch, schnappte einen zweiten Becher und stellte ihn vor mir ab. Ungefragt schenkte er mir ein. Ich roch den aufsteigenden Weinduft; es war nicht gerade ein billiger Krätzer.
    »Was kann ich für Euch tun?« Er sprach mit einem leichten Akzent, der ebenso davon herrühren konnte, daß er bereits etliche Worte verschliff.
    »Ihr sprecht unsere Sprache sehr gut«, sagte ich. Er nickte nur, ohne zu zeigen, ob er sich über das Kompliment freute. Ich holte Atem und begann ihm die Geschichte zu erzählen, die ich mir für ihn zurechtgelegt hatte.
    »In Wahrheit«, begann ich, »spreche ich nicht stellvertretend für alle Landshuter Bürger, sondern …«
    Er zog eine Augenbraue hoch. In seinen Augen stand plötzlich Mißtrauen, und er ließ mich nicht ausreden.
    »Wollt Ihr mir etwas verkaufen?« fragte er barsch. »Habt Ihr Euch deswegen eingeschlichen?«
    »Nein«, erwiderte ich. »Es geht mir vielmehr um folgendes: Nicht alle Bürger sind der Ansicht, daß die Verbindung des jungen Herzogs mit Eurer Prinzessin eine glückliche Idee ist, und so …«
    »Wieso?« schnappte er.
    »Nun, der junge Herzog …«, ich lachte und tat so, als wolle ich ihm etwas Vertrauliches mitteilen, »wißt Ihr, der junge Herzog ist ein wenig – wie sagt man: ungestüm; ja, und er liebt die Jagd und die Turniere über alles und widmet eine Menge Zeit nur …«
    »Wollt Ihr damit andeuten, er würde die Prinzessin vernachlässigen, wenn er sie erst einmal geheiratet hätte?«
    Seine Art, mich ständig zu unterbrechen, machte mich nervös. Ich hatte das Gefühl, daß ich die Kontrolle über das Gespräch verlor.
    »Also, etliche Bürger sind der Ansicht, daß …«
    Er stellte seinen Becher so hart auf den Tisch zurück, daß ein wenig Wein herausschwappte. Seine Wangen röteten sich.
    »Wie heißen die undankbaren Burschen, die Euch geschickt haben?«
    »Was?« stotterte ich.
    »Hört einmal«, zischte er und stach mit seinem Zeigefinger auf mich ein. »Euer Herzog Ludwig ist der beste Herrscher, den sich ein Mann wünschen kann. Seht her, was er aus Eurer Stadt gemacht hat; seht her, wie freigiebig er Euch zu der Hochzeit seines Sohnes einlädt und alle Bürger freihält. Da wollt Ihr zu mir kommen und den jungen Herzog schlechtmachen, damit ich meinem König Schauermärchen berichte, wie es seiner Tochter wohl in Zukunft ergehen wird? Ich halte das für eine Unverschämtheit!«
    Ich schüttelte den Kopf und wollte etwas sagen, aber er ließ mich nicht zu Wort kommen. Ärgerlich nahm er einen Schluck Wein und sprach weiter, noch bevor ich Atem holen konnte.
    »Steckt Ihr vielleicht mit den Ungarn unter einer Decke? Genügt es Mathias Corvinus nicht, daß er widerrechtlich in unser Land eingedrungen ist und die Grafschaften im Süden verwüstet hat? Will er mit Intrigen gegen König Kasimir vorgehen, jetzt, nachdem er den Waffenstillstandsvertrag mit ihm unterzeichnet hat?« Er schnaubte empört.
    Ich versuchte, mit seinen Gedanken Schritt zu halten, aber es gelang mir nicht.
    »Sprecht Ihr von König Matthias von Ungarn …?« fragte ich.
    »Tut bloß nicht so unschuldig!« fuhr er mich an. »Wenn Ihr Euch zu seinem Knecht gemacht habt, wißt Ihr so gut wie ich, wozu dieser Bauernlümmel fähig ist. Er ist wütend, weil König Kasimir seinen Herrschaftsanspruch über Ungarn auch beim Kaiser durchgesetzt hat, und klammert sich daran, daß die Katholischen ihn, Matthias, zum König gewählt haben. Daneben bildet er sich ein, die Krone Böhmens gehöre ihm, obwohl der älteste Sohn unseres Königs auf den Thron gewählt wurde. Und außerdem kocht er vor Zorn darüber, daß Königin Elisabeth ständig seine Werbung um die Prinzessin Jadwiga ausgeschlagen hat.«
    »Er hat um die Hand der Prinzessin …?«
    »Mehrfach; mehrfach! Aber er ist es nicht wert, die Hand einer Königstochter zu erhalten, dieser Furchenzieher. Dabei ist er ganz versessen auf sie, seit er sie zum ersten Mal gesehen hat. Das kann ich mir schon vorstellen!« Er lachte freudlos. »Wie es ihm gefallen würde, seine schwieligen Pfoten auf ihren unschuldigen Leib zu legen.« Er schenkte sich aufgebracht nach. Meinen Becher ignorierte er betont; er hätte auch nichts eingießen können. Ich hatte noch keinen Schluck getrunken. Ich hatte ihm vielmehr atemlos zugehört. Als er schwieg, sagte ich: »Es ist nicht so, wie Ihr denkt«, um ihn zum Weiterreden zu animieren.
    »Es ist ganz genauso, wie ich denke. Matthias weiß genau, daß er gegen eine Verbindung König Kasimirs

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