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Der Tuchhändler (German Edition)

Der Tuchhändler (German Edition)

Titel: Der Tuchhändler (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Dübell
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Wimper zu zucken. »Das Futter im Hauptkasten des Herzogs dürfte reichen«, murmelte er mehr zu sich selbst als zu uns. »Dafür ist ebenfalls gesorgt. Die Frage ist nur noch, wie wir es in der gebotenen Schnelligkeit auf die Straße hinunterbekommen. Die Vorräte liegen im ersten Stock.«
    »Laßt es von kräftigen Kerlen in geschlossene Wägen schaufeln«, schlug Hanns Altdorfer vor, aber Pammberger schüttelte den Kopf.
    »Die Fenster sind zu klein«, sagte er. »Nein, ich denke, wir werden Löcher in die Wand schlagen und das Futter über eiserne Röhren herausgleiten lassen.«
    »Dann tut das«, sagte Altdorfer ungeduldig.
    »Tut das!« rief der Futtermeister. »Tut das! sagt er. Dazu muß ich mich erst wieder mit den Kanzlern abstimmen oder mit dem Hofkastner oder mit wem auch immer. So einfach ist das nicht; das Gebäude ist ja ganz neu.«
    »Ja«, sagte der Stadtkämmerer beinahe mitleidig. »Das ist nun Euer Problem.«
    Der Futtermeister warf die Hände in die Luft und wandte sich ab. »Wo ist Richter Trennbeck gleich?« fragte er, schon im Gehen.
    »In Eching, ein paar Meilen flußaufwärts.«
    »Ich weiß, wo Eching ist«, sagte Pammberger knapp. Er griff nach der Tür; er war schon halb draußen, als ihm die Grundregeln der Höflichkeit wieder einfielen und er sich kurz vor uns verneigte, bevor er nach draußen verschwand. Noch im Schließen der Tür hörten wir ihn murmeln: »Hufeisen und Nägel. Hoffentlich haben die Hufschmiede genügend auf Vorrat gelegt.« Er schloß die Tür mit einem lauten Knall. Wir hörten seine schweren Stiefel über den Boden der Stube poltern, und gleich darauf steckte der Schreiber seinen Kopf wieder herein und flüsterte: »Entschuldigung.«
    »Schon gut. Ich bin seiner auch nicht Herr geworden«, sagte Altdorfer und winkte ab. Er schüttelte den Kopf und sah mich an. Fast erwartete ich, daß er als nächstes mich mit dem gleichen irritierten Tonfall fragen würde, was er für mich tun könne. Ich streckte ihm die Hand entgegen.
    »Ich mache mich wieder an die Arbeit«, sagte ich. »Vielleicht hat ja Pammberger den Mord begangen, dann überlasse ich dir die Genugtuung, ihn zu verhaften.«
    »Mach keine Scherze«, erwiderte er düster, und ich ließ ihn allein.

4
    A us den Schänken in der Altstadt drang der Geruch nach gebratenem Fisch, Kohlrabi und das saure Essigaroma von Sulzgerichten auf die Straße, und mein Magen erinnerte sich daran, daß ich das letzte Mal im Morgengrauen etwas zu mir genommen hatte. In der Altstadt trieb sich eine Menge Volk herum; es war der Tag nach Allerheiligen, Allerseelen, und viele Bauern nutzten die Gelegenheit, auch heute ihre Pachthöfe zu vernachlässigen und in der Stadt zu gaffen. Kleine Gruppen von Kindern bettelten vor den Bürgerhäusern in der Hoffnung, noch ein paar von gestern übriggebliebene Seelenwecken zu ergattern. Es fehlten nur die Stände, um den Eindruck eines Markttages komplett zu machen; aber aufgrund des Feiertags oder wegen der Hochzeitsvorbereitungen schien der Stadtrat keine Erlaubnis gegeben zu haben, heute Markt abzuhalten.
    Es stellte sich als kein leichtes Unterfangen heraus, die polnische Delegation in Herzog Ludwigs Stadtresidenz zu befragen. Nicht, daß sie sich widerwillig oder gar feindselig gezeigt hätten; sie brachten mir im Gegenteil die herablassende Freundlichkeit entgegen, die ein Adliger, und sei er noch so klein, verarmt und unbedeutend, einem Bürgerlichen gegenüber an den Tag legt. Es war nur so, daß sie sich den ganzen Tag über als äußerst beschäftigt gaben und zwischen Turnierübungen, Leibesertüchtigungen und der Pflege der Pferde kaum Zeit fanden, sich mit mir zu befassen. Außerdem war kaum einer von ihnen einer anderen Sprache als des Polnischen mächtig, und Albert Moniwid mußte mir als Übersetzer vom Lateinischen ins Polnische und zurück dienen; ein Dienst, den er nicht ohne deutlich zur Schau getragenem Spott erledigte. Ich war nicht mehr so erstaunt über die sprachliche Ungelenkheit der polnischen Ritter, als ich erfuhr, daß auch die Prinzessin nur Polnisch sprach.
    Ich hatte während meiner Dienste für Bischof Peter mehr als einmal Menschen ausgehorcht, von denen ich annahm, sie eines Verbrechens überführen zu können. Ich war erstaunt, daß ich kaum etwas von den Kniffen verlernt hatte; und ich fühlte mich wie ein Mann, der nach langer Untätigkeit seine Glieder zum ersten Mal wieder bewegt und feststellt, daß seine Muskeln noch ihren Dienst verrichten.
    Alles,

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