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Der Tuchhändler (German Edition)

Der Tuchhändler (German Edition)

Titel: Der Tuchhändler (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Dübell
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Verlassenheit wirkte ansteckend. Plötzlich sehnte ich mich nach Maria.
    Ich hatte bereits nachgedacht und war zu dem Ergebnis gekommen, daß das alte Haus im Licht der neuen Ereignisse um so mehr unter ständige Beobachtung gestellt werden mußte. Ich selbst konnte es nicht mehr tun; ich mußte jemanden damit beauftragen. Dazu bestanden mehrere Möglichkeiten. Eine war, einen der jungen Tunichtgute dafür einzuspannen, die die Gastwirtschaften und Schänken bevölkerten – aber wie hätte ich wissen können, wer darunter halbwegs vertrauenswürdig war? Ich hätte mich auch an Sebastian Löw wenden können (wieder einmal), doch dessen Interesse an den Vorgängen im alten Haus war schon durch seine vermeintlichen Gespenstererscheinungen zu nachhaltig geweckt, als daß ich mich bei ihm nach einem Spitzel hätte erkundigen können, ohne ihn vollends mißtrauisch zu machen. Der Totengräber, den Löw mir vermittelt hatte, fiel gleichermaßen aus. Zuerst war er mein Hauptfavorit gewesen, bis mir klarwurde, wie merkwürdig es gewirkt hätte, wenn er sich in der Stadt herumgetrieben hätte; außerdem war es mehr als fraglich, ob er an dem Auftrag interessiert wäre. Der Sohn des Sebastian Löw? Er wohnte in der Nähe und konnte das Haus im Auge behalten, ohne Verdacht zu erregen. Aber abgesehen davon, daß auch er mein Ansinnen mit aller Wahrscheinlichkeit ablehnen würde, war er zu impulsiv und ehrlich, um einen guten Spion abzugeben.
    Es mußte jemand sein, der wenig genug Bekannte und Freunde in der Stadt hatte, so daß er nicht in Versuchung käme zu plaudern. Gleichzeitig durfte er nicht auffallen, wenn er sich in der Nähe des Hauses herumtrieb; sein Aufenthalt dort mußte plausibel sein. Nicht zuletzt mußte er auch an meinem Angebot interessiert sein, die zu erwartende Belohnung mußte ihn also locken. Ich war sicher, daß ich jemanden finden würde, auf den die drei Kriterien einigermaßen zutrafen; es gab jedoch ein viertes Kriterium, das mir von allen am wichtigsten schien: Er mußte zuverlässig sein. Wie sollte ich diese Tatsache feststellen können?
    Dann fielen mir die Flößer ein, die vor den Toren der Stadt am Flußufer kampierten. Die Auswärtigen unter ihnen erfüllten die ersten drei Kriterien: Sie waren in der Stadt fremd; sie fielen nicht sonderlich auf, wenn sie ab und zu in der Ländgasse auftauchten; und sie waren auf Geld scharf, weil sie die Tage bis zum Fest mit großer Wahrscheinlichkeit ohne einen Fährauftrag vertrödelten. Was die Zuverlässigkeit anging, so war mir durch den Auftrag über den Transport der Leinwand wenigstens der Sprecher der Flößer gewogen: Er mochte mir einen Mann nennen, auf den ich mich verlassen konnte.
    Die Erinnerung an die Verhandlungen mit den Flößern ließ mich auch wieder an Jana Dlugosz denken. Ich würde einen Teil meiner Aufmerksamkeit auf ihre Person richten müssen; was sie bisher über sich ausgesagt hatte, war widersprüchlich genug, um auch sie in Verdacht geraten zu lassen. Ich dachte an das fröhliche Funkeln in ihren Augen und daran, wie sich die Grübchen in ihren Wangen vertieften, wenn sie amüsiert lächelte. Ich schüttelte den Kopf und verschob es auf später.
    Das Häuflein der Flößer war merklich kleiner geworden; vermutlich hatten sich angesichts des feuchtkühlen Wetters alle Einheimischen in ihre Häuser verdrückt. Ich grüßte das halbe Dutzend verbliebener Männer, die eine verblichene Plane zum Schutz vor der Witterung an eisernen Haken in der Stadtmauer befestigt hatten und mit zwei aufrecht in den Kies gesteckten Stangen abspannten. Ich hatte mir die Gesichter der Flößer nicht gemerkt, und ich konnte nicht sagen, ob ich einen davon hätte wiedererkennen sollen. Es war unerheblich; sie erkannten mich. Die Eifrigkeit, mit der sie aufsprangen und meinen Gruß erwiderten, ließ mich vermuten, daß sie sich mittlerweile dafür ohrfeigten, meinen Auftrag ihren Kameraden überlassen zu haben.
    »Ich möchte gerne mit Eurem Sprecher reden«, sagte ich. »Ist es noch der Mann, mit dem ich neulich verhandelt habe, oder habt Ihr einen neuen gewählt?«
    »Nein, Steckenhauser ist noch immer unser Sprecher«, erwiderte einer. »Er ist bei seiner Familie. Soll ihn jemand holen?«
    »Ich bitte darum.«
    Sie diskutierten kurz, dann rannte einer von ihnen in leichtem Trab los. Sie hätten mich auch zu seinem Haus führen können, aber darauf kamen sie nicht. Ich stand halb verlegen unter ihnen, während wir auf die Rückkehr des Boten und die

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