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Der Tuchhändler (German Edition)

Der Tuchhändler (German Edition)

Titel: Der Tuchhändler (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Dübell
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»Mittlerweile dürfte er von der Messe zurück sein. Vielleicht hat er den Heiligen Geist in sich und ist friedlicher Stimmung. Wenn der Zimmermann eintrifft, schickt einfach nach mir, Herr Stadtkämmerer. Es hat mich gefreut, Euch kennenzulernen, Herr Bern ward.«
    Ich drückte ihm die Hand zum Abschied und sah ihm zu, wie er durch die Wandöffnung hinaustrat und die provisorischen Treppen hinunterkletterte. Als er außer Reichweite war, drehte ich mich zu Hanns Altdorfer um.
    »Er redet und redet!« stöhnte er. »Dabei verbrenne ich vor Ungeduld. Was hast du bisher herausgefunden, Peter?«
    »Jemand hat mich gefunden«, sagte ich düster.
    Er zog die Brauen zusammen.
    »Wie darf ich das verstehen?«
    »Hanns«, sagte ich und nahm ihn beim Arm, »ich bin gestern überfallen worden.«
    »Was?«
    »Mehrere Kerle; frag mich nicht, wie viele es genau waren. Wenn ich nicht mein Pferd so erschreckt hätte, daß es durchging, hätten sie mir wohl die Haut abgezogen.«
    »Straßenräuber?« fragte er, obwohl ich ihm vom Gesicht ablesen konnte, daß er selbst nicht daran glaubte.
    »Nein; ich bin sicher, daß sie nicht an mein Geld wollten.«
    Er starrte mich entgeistert an; er war merklich blasser geworden.
    »Komm mit nach unten«, sagte er. »Dort können wir uns besser unterhalten.«
    Drunten schloß er die Tür zu seiner Stube auf. Es war kalt im Rathaus, und die große Maueröffnung im Obergeschoß machte es nicht besser. Er warf seinen Mantel über, ließ sich schwer in einen Stuhl fallen und sah mich fragend an.
    »Hanns«, sagte ich, »erinnerst du dich an das alte Haus in der Ländgasse? Das unbewohnt ist und seit langer Zeit leer steht?«
    »Was ist damit?« fragte er mißtrauisch.
    »Einer der Nachbarn hat Gespenster darin gehört«, fing ich an und stockte, weil der Stadtkämmerer die Augen aufriß. »Ich habe nachgesehen«, fuhr ich fort, »Gespenster habe ich keine gefunden; wer darin umgeht, ist aus Fleisch und Blut.«
    »Würdest du dich etwas genauer ausdrücken?« würgte er.
    »Laß mich von vorne anfangen.« Er nickte, und ich beugte mich seufzend nach vorne.
    »Ich habe die letzten beiden Tage damit zugebracht, die Polen auszuhorchen; zuerst Moniwids Leute, dann den polnischen Gesandten. Danach hatte ich ein Treffen mit dem Apotheker Löw, dem ich Geld schuldete; er erzählte mir beiläufig, er habe Stimmen in einem alten Haus in seiner Nachbarschaft gehört. Es handelt sich um das Haus, das in deinem Plan als leerstehend gekennzeichnet ist. Ich habe es gestern und den Tag davor beobachtet. Es versteckt sich jemand darin.«
    »Beobachtet? Warum?«
    Ich zuckte mit den Schultern.
    »Aus Neugier, zuerst. Weil es mir schon auf deinem Plan aufgefallen war. Ich fand es merkwürdig, daß es leerstand. Und als ich es zum ersten Mal aufsuchte, sah ich eine brennende Kerze in einem der oberen Fenster.«
    Er schüttelte ungläubig den Kopf, und ich sagte: »Ich habe beim polnischen Gesandten ein paar Dinge erfahren, die es mir gar nicht so abwegig erscheinen lassen, daß sich jemand in dem alten Gebäude versteckt.« Ich machte unwillkürlich eine Pause, aber Altdorfer regte sich nicht.
    »Der Rat Priamus glaubt, daß eine Verschwörung im Gange ist«, sagte ich dann. »Jedoch nicht gegen Herzog Ludwig – gegen König Kasimir. König Matthias von Ungarn liegt im Krieg gegen Polen, der nur durch einen unsicheren Waffenstillstand stillsteht.«
    »Glaubst du, der Mord wurde deswegen...«, flüsterte er.
    »Ich weiß noch nicht, was ich glaube«, erwiderte ich. »Der polnische Rat behauptet, Matthias sitze unrechtmäßig auf dem ungarischen Thron, weil Kaiser Friedrich die ungarische Krone König Kasimir zugesprochen habe; daneben versuche er sich auch noch Böhmen anzueignen, auf dessen Thron Kasimirs ältester Sohn sitzt. Und nicht zuletzt scheint Matthias ein Auge auf die Prinzessin geworfen zu haben, wurde aber wohl mehrfach ziemlich schnöde abgewiesen. Ich weiß nicht, ob das alles Grund genug ist, mit einem Mord die Hochzeit ins Wanken zu bringen. Aber ich weiß, daß ich letztens zu dir sagte, wer immer den Mord begangen habe, würde sich möglicherweise ein zweites Opfer suchen. Erinnerst du dich?«
    »Natürlich«, sagte er ohne Begeisterung.
    »Nun«, fuhr ich fort, »sieht es so aus, als würde sich jemand in einem leerstehenden alten Haus verstecken, das nur einen Steinwurf weit weg ist von der Unterkunft Kaiser Friedrichs. Jemand, der möglicherweise ein zweites Opfer sucht. Kannst du mir folgen?« Er

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