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Der Tuchhändler (German Edition)

Der Tuchhändler (German Edition)

Titel: Der Tuchhändler (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Dübell
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ächzte.
    »Sie verüben einen Anschlag auf den Kaiser und schieben ihn König Kasimir in die Schuhe. Ob er gelingt oder nicht, ein Großteil des Reichs wird dem Polen daraufhin den Krieg erklären.«
    »Und Mathias Corvinus wird sich auf der richtigen Seite zu finden wissen«, ergänzte ich.
    Altdorf er schloß die Augen und verbarg das Gesicht in seinen Händen.
    »Reckeis Geist«, sagte er dumpf. »Man hätte das Haus damals abreißen sollen, wie es die Gesetze vorschreiben; es entwickelt sich nur Unglück darin.«
    »Was willst du damit sagen?«
    Er nahm die Hände herunter und sah mich an. Er wirkte noch müder und blasser als bei meinem Eintreten.
    »Das alte Haus«, sagte er. »Es gehörte Dietrich Reckel, dem Baumeister.«
    Ich zuckte mit den Schultern.
    »Hat er die Martinskirche geplant?« fragte ich. Altdorfer schnaubte. »Nein«, sagte er. »Er hat einen Aufstand gegen Herzog Ludwigs Vater angezettelt und das größte Blutgericht entfacht, das die Stadt jemals erlebt hat.«
    Ich starrte ihn überrascht an.
    »Wann war das?« brachte ich hervor. »Vor zweihundert Jahren?«
    »Vor fünfundsechzig«, sagte er, und beinahe huschte ein Lächeln über sein Gesicht. »Das ist kein Märchen, Peter.«
    »Ich habe niemals davon gehört«, erklärte ich. Er zuckte mit den Schultern und ging nicht näher darauf ein. Vielleicht wollte er nicht sagen, daß es möglicherweise daran lag, daß ich mich anfangs nur um meine Familie und später nur um mein Geschäft gekümmert hatte, ohne mich sonderlich in der Stadt zu engagieren.
    »Womöglich haben sich heute wieder Verschwörer dort eingenistet«, sagte ich. »Das erscheint mir nicht unpassend.«
    Er schniefte und wischte sich mit dem Ärmel über die Nase. Ich sah, daß seine Hand zur Faust geballt war.
    »Der Überfall auf dich ...?« fragte er.
    »Man hat mich entdeckt, als ich das Haus beobachtete«, sagte ich. »Wahrscheinlich wußten sie schon die ganze Zeit über, daß ich um ihr Versteck herumstrich. Sie hatten sogar genug Zeit, um meinen Namen auszuspionieren. Der Himmel weiß, wie ihnen das gelungen sein mag; Gott sei Dank wußten sie weiter nichts über mich, oder sie hätten mich wohl zu Hause überfallen.«
    »Was machen wir jetzt?« überlegte er. »Willst du eine Wache? Ich könnte ein paar Wappner von ihren momentanen Aufgaben abziehen.«
    Ich schüttelte den Kopf. Ich hatte genügend Männer, die mir beistehen konnten. Und ich konnte selbst auf mich aufpassen. Im Tageslicht war es leichter, tapfer zu sein, dachte ich.
    »Wann wird der Kaiser erwartet?« fragte ich.
    »In etwa einer Woche. Man hat die Herren von Stain und von Rechberg dem Kaiser nach Nördlingen entgegengesandt, um das herauszufinden. Er wollte gestern in Nördlingen ausreifen und über Neuburg, Ingolstadt und Mainburg nach Landshut kommen.«
    Ich nickte.
    »Eine Woche. Soviel Zeit haben wir noch. Moniwids Vorgabe war gnädiger.«
    Altdorf er fuhr sich mit den Händen über das Gesicht.
    »Peter«, sagte er drängend, »was sollen wir tun? Der Richter ist noch immer in Burghausen, und auch der Kanzler hat die Stadt wieder verlassen. Es hat sich herausgestellt, daß der Kaiser wohl am gleichen Tag wie der Brautzug in Ingolstadt eintreffen wird. Man will alles tun, um das zu verhindern, sonst reichen die Quartiere nicht aus. Die beiden herzoglichen Räte sollen ihn überreden, auf dem schnellsten Wege nach Landshut zu kommen. Außerdem kommen noch der Graf von Württemberg, der Herzog von Vorderösterreich, der Kurfürst von Brandenburg und was weiß ich wer noch alles über Ingolstadt. Das sind über dreieinhalbtausend Menschen, den Brautzug noch gar nicht mit eingerechnet. Das Weiterkommen auf den Straßen, die Übernachtungsmöglichkeiten, das alles will koordiniert sein.«
    Ich fühlte mich für einen Moment versucht zu erwidern, daß die ganzen Vorbereitungen möglicherweise vergeblich waren. Statt dessen sagte ich: »Ich werde nachdenken«, und stand auf. »Ich bin noch eine Weile in der Stadt. Kann ich das Pferd in der Obhut deiner Wappner lassen?«
    »Selbstverständlich. «
    Er begleitete mich zur Tür und blieb darin stehen, während ich davonschritt. Ich drehte mich noch einmal nach ihm um; er stand bewegungslos im gefältelten Spitzbogen, der das Eingangsportal zum Rathaus umrahmte, und wirkte in all seiner Hagerkeit gebückt und verlassen. Ich wandte mich wieder um und drängte mich durch die Menschen, die vom Kirchgang zurückkamen und ihre Geschäfte öffneten. Seine

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