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Der Turm der Könige

Der Turm der Könige

Titel: Der Turm der Könige Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nerea Riesco
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entscheidende Partie zu spielen.
    Es wurde beschlossen, die Begegnung zu verschieben, bis Sanchos Aufstand mit den kastilischen Adligen niedergeschlagen war. Doch Sancho, der Sohn Alfons’ des Weisen, war zwar nicht sonderlich gebildet, aber ein beherzter Kämpfer, der unter dem Beinamen
der Tapfere
in die Geschichte eingehen sollte. Es gelang ihm, die Waffenhilfe des Calatrava-Ordens zu gewinnen, der zuvor seinem Vater ergeben gewesen war. Gemeinsam streuten sie das Gerücht unter den spanischen Adligen, dass Alfons X. den Verstand verloren und sich mit den Muselmanen verbündet habe, wodurch er das Land in Gefahr bringe.
    Die Ritter des Calatrava-Ordens beteuerten, bei der Unterzeichnung des Kapitulationsvertrags zugegen gewesen zu sein, manipulierten jedoch die Bedingungen der Schachwette, um Anhänger für Sancho zu gewinnen. Sie hielten es für einen großen Fehler, dass Alfons X. so gute Beziehungen zu den Muslimen pflegte. Um zu beweisen, dass der König vorhabe, den Ungläubigen die Giralda zu übergeben, legten sie den Adligen dieselbe Liste von Schlachten vor, die auch die Könige erhalten hatten.
    1248. Eroberung von Sevilla. Kd2++
    1262. Eroberung von Niebla. Sa4++
    1270. Siebter Kreuzzug. Txf1++
    1271. Krak des Chevaliers. e2
    1279. Belagerung von Algeciras. Lc7++
     
    Christen: 2  Muslime: 3
     
    Das brachte den Adel auf Sanchos Seite. Der wiederum begrub die Angelegenheit und untersagte es in aller Entschiedenheit, noch einmal über die Sache zu sprechen. Mit Sanchos Tod geriet auch der Pakt in Vergessenheit – jener Pakt, den ans Licht zu bringen nicht im Interesse irgendeines christlichen Königs sein konnte.
    Die Schilderung der Ereignisse überzeugte den marokkanischen Botschafter. Dennoch verlangte er, dass sie sich unverzüglich auf die Suche nach der christlichen Kopie der Kapitulationsverträge machten. Und das taten sie.
    ***
    LEÓN DACHTE NOCH EINMAL über alles nach, während er seine eigenen Schritte und die seines Sohnes in den dunklen Straßen Sevillas widerhallen hörte. Als warnte ihn sein Instinkt vor einer Gefahr, schob er die Hand in die Hosentasche und berührte die Schachfigur, die ihn zu einem Erwählten machte. Abel bemerkte, wie sich die Hand seines Vaters zur Faust schloss.
    »Was hast du da?«, fragte der Junge.
    »Einen elfenbeinernen Elefanten. Er gehört zu einem sehr alten Schachspiel.«
    »Kann ich ihn mal haben?«
    »Ja«, antwortete sein Vater und legte seinem Sohn die Figur in die Hand. »Aber du musst sehr vorsichtig damit umgehen.«
    Abel hielt sie stolz umklammert. Wortlos gingen sie nebeneinander her. An die folgenden Geschehnisse erinnerte sich der Junge später nur noch vage. Die Ereignisse verschwammen im Laufe der Jahre, die ins Land gingen, bis Abel de Montenegro sie in seinem
Buch ohne Namen
festhielt. Und als er es schließlich tat, schilderte er jenen bleigrauen Sommerabend als stockfinstre Nacht, die Schwüle als Grabeskälte, die Straßen wie ein Aquarellbild, über dem ein verrückter Riese einen Eimer Wasser ausgeleert hatte.
    Er würde nie vergessen, wie er zerstreut die Straße entlangging, während er den Elefanten in seiner Hand spürte und daran dachte, was er in den vergangenen Tagen erlebt hatte. Er war fasziniert von dem, was er über seinen Vater erfahren hatte, und begeistert von der Aussicht, einen Schatz zu finden. Ihm gingen tausend Fragen durch den Kopf, die ihm auf den Lippen gefroren, als er plötzlich spürte, wie sein Vater ihn am Arm packte und hinter sich schob. In diesem Augenblick hatte er den metallischen Vorgeschmack des Unglücks im Mund. Hinter den Beinen seines Vaters verborgen, konnte er die dunkle Silhouette eines Mannes ausmachen, der langsam auf sie zukam, das Gesicht unter einer Kapuze verborgen. Abel glaubte, etwas Silbernes unter seinem schwarzen Umhang hervorblitzen zu sehen.
    »Gib alles her, was du bei dir hast«, sagte der Unbekannte mit aggressiver Stimme, während er León mit einem Messer bedrohte.
    »Ganz ruhig. Ich gebe Ihnen alles Geld, was ich habe«, antwortete León und stellte sich schützend vor seinen Sohn.
    In den Jahren seiner militärischen Ausbildung bei den Janitscharen hatte León gelernt, bei einem Angriff heftigen Widerstand zu leisten und dennoch ganz ruhig zu bleiben. Er lernte, zu taktieren oder bis in den Tod zu kämpfen, wenn es nötig war. Aber man hatte ihm nicht beigebracht, wie man sich wehrte, wenn man jemanden bei sich hatte, der einem mehr bedeutete als das eigene Leben. Er

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