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Der Turm der Seelen

Der Turm der Seelen

Titel: Der Turm der Seelen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Phil Rickman
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in
ihr
gefunden.»
    «Justine», sagte Jane. Ihre Stimme klang hohl.
    «Justine war real für sie. Gott nicht. Ich schätze, sie hat geglaubt, dass sie Justine heute Nacht wirklich sehen   … es ist nämlich schon einmal beinahe passiert   … ich schwöre, es ist beinahe passiert.»
    «Was?» Aber eigentlich wollte Jane es gar nicht wissen.
    «Es war wie ein Schleier, ein Nebel – ein zarter, grauer Nebel. Aber es kam auf uns zu.»
    «Justine.» Jane schauderte.
    «Ich glaube schon.» Es war, als würde nun auch Layla frieren, denn sie schlang die Arme um sich. «Ehrlich gesagt, weiß ich nicht so genau, ob ich Justine überhaupt mag.» Sie sah auf in Richtung des Belüftungsschlitzes. «Warum kommt die dumme Kleine nicht
zurück
? Sie wird ja wohl nicht denken, dass ich sie im Stich gelassen habe, bloß weil ich zu spät gekommen bin. Manchmal könnte man echt glauben, diese idiotischen Shelbones wären ihre richtigen Eltern.»
    «Ich glaube, wir sollten die Polizei rufen», sagte Eirion. «Wenn sie irgendwo in Hereford rumirrt   … ist ja schließlich nicht mehr die idyllische Kleinstadt, die es vielleicht mal gewesen ist.»
    «Allerdings», sagte Layla. «Junkies, Taschendiebe, gewaltbereite Leute – genau wie Amys Dad. Ja, warten wir noch fünf Minuten, und dann rufen wir die Polizei. Ist vermutlich das Beste. Kann echt sein, dass sie in die Psychiatrie gehört. Kann nämlich sein, dass ich ein verdammtes Monster losgelassen habe.»
    «Justine?» Der Name klang in Janes Ohren mit einem Mal irritierend harmonisch.
    Layla sah zu der Schwarzen Madonna hinauf. «Ich habe gelogen, was diese Dame betrifft. Sie ist
mein
Schutz – hat überhaupt nichts mit Amy zu tun. Ich habe mich Sara immer sehr nahe gefühlt. Der Schutzheiligen der Zigeuner. Und solange sie auf mich blickt, fühle ich mich geschützt, auch vor allem, als das sich Justine noch entpuppen könnte.»
    «Da geht’s dir besser als mir», gab Jane zu. Nicht, dass es ihr noch etwas ausmachte, vor Layla Riddock eine Schwäche einzugestehen. Es war, als hätte Layla in den letzten Minuten ein paar Jahre abgestreift, als wäre sie Jane viel näher als zuvor. «Hör mal», sagte Jane, «es tut mir leid, ja? Ich habe das alles total falsch verstanden.»
    Layla klopfte Jane auf den Arm. «Wir haben diese Sache alle an irgendeiner Stelle falsch eingeschätzt.»
    Eirion betrachtete sie aus ein paar Schritten Entfernung. «Also
das
», sagte er,
« das
finde ich jetzt wirklich berührend. Ich gehe jetzt raus zum Auto und rufe die Polizei. Wo   …»
    «Geh einfach den Mittelgang entlang, dann kommst du an eine Holztür. Sie ist von dieser Seite aus verriegelt. Warte, nimm eine Kerze mit.»
    Layla ging zurück zu dem flackernd erhellten Altar, hinter dem die groteske, aber offenkundig gutartige Schwarze Madonna in ihrem weißen Gewand hing.
    Als sie den Altar erreichte, rutschte die Schwarze Madonna mit einem Rascheln von dem Wandschirm vor die Kerzen.
    «Oh.» Jane rannte zum Altar zurück. «Sie fängt gleich Feuer.»
    Die Schwarze Madonna erhob sich mit flatternden weißen Tucharmen, was schon ein bisschen gruselig aussah, aber Jane schob nur lachend den Baumwollstoff zur Seite, und Layla fiel ihr in die Arme.
    «Nein!»
, rief Eirion aus.
    Layla hustete. Jane nahm eine Bewegung zu ihrer Rechten wahr, aber sie konnte nicht weiter darauf achten, denn sie hatte zu viel damit zu tun, Layla aufrecht zu halten. Sie war ziemlich schwer. Jane schwankte unter ihrem Gewicht, als sie in den Mittelgang zurückging, die Arme um Layla geschlungen, die immer weiter hustete. Janes Kinn und ihr Hals waren warm und nass von dem, was Layla heraushustete – Erbrochenes oder Galle. Echt,
voll eklig
.
    Erst als sie den stechenden, kupferigen Geruch wahrnahm, ließ Jane Layla voll Entsetzen zu Boden gleiten.
    Da setzte tatsächlich eine der Kerzen das Kleid von Sara in Brand, der Schutzpatronin der Roma. Unvermittelt sah Jane die Flammen hochzüngeln. Und dann, in ihrem Licht, sah sie dasMädchen mit dem glatten, blonden Haar in einem weißen Kleid – es sah aus wie ein Konfirmationskleid – auf dem Altar stehen, in der hochgereckten Hand ein tropfendes Tranchiermesser.
    Dann sprang Amy Shelbone vom Altar und rannte hastig in den Mittelgang, und während Jane neben ihr stand, auf Hals und Brust das Blut von Layla, stach Amy auch auf Eirion ein.

Teil vier
    Die Aufgabe des Heilers besteht nicht nur darin, eine verlorene Seele zu retten, sondern auch darin, die Not und den

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