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Der Turm der Seelen

Der Turm der Seelen

Titel: Der Turm der Seelen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Phil Rickman
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gesagt. Ich meine, du würdest echt nicht glauben, wie sich manche Leute in so einem Zelt benehmen. Zum Beispiel diese ältere Frau, gut gekleidet, kiloweise mit Schmuck behängt, und das Einzige, was sie interessiert hat, war, ob ihr Freund, der im Sterbehospiz liegt, sein ganzes Geld ihr vermacht. Da denkt man doch: so alt geworden und trotzdem nichts anderes im Kopf als Geld? Da hab ich eben gesagt: ‹Ja, Sie werden das Geld bekommen, aber Sie sollten es schnell ausgeben, denn auch Ihnen bleibt nicht mehr viel Zeit, meine Liebe›.»
    Schweigen. Jane sah Eirion an. Ein kleines Lächeln zuckte um seine Mundwinkel.
    Layla gluckste in sich hinein. «Diejenige, die mir hinterher
ein bisschen
leidgetan hat – aber klar, ich hab’s trotzdem gesagt   –, war Libby Walker, die halbtags in der Schulkantine arbeitet. Kennst du Libby? Sie ist ungefähr dreißig und hat ungefähr fünf Kinder, aber alle von unterschiedlichen Vätern, und jeder weiß, dass sie die Kinder nur gekriegt hat, weil sie auf eine Sozialwohnung und das Kindergeld scharf war. Muss man sich mal vorstellen, wie blöd und unverantwortlich jemand sein kann. Sobald sie bei mir reinkam, hab ich bemerkt, dass sie den nächsten Braten im Ofen hat, und da hab ich ihr einfach total ernst gesagt, ich könne in ihrem Schoß etwas ‹verwelken› sehen. Die dumme Kuh ist natürlich voll ausgerastet.»
    Von Eirion kam ein kleines Geräusch, das sich verdächtig nachunterdrücktem Lachen anhörte. Jane rief aus: «Und du hast Mrs.   Etchinson verflucht!»
    «Klar.» Layla seufzte und fingerte am Saum des Kleides der Schwarzen Madonna herum.
    «Klar hab ich das. Ich hab Mrs.   Etchinson verflucht, und Mrs.   Etchinson hatte schon die ganze Zeit MS, bloß wussten wir das nicht, deshalb war sie nämlich auch immer so schlecht drauf. Tut mir leid. Und was soll das hier eigentlich werden? Ein Hexenprozess, oder was?»
    «Layla», sagte Eirion, und sein walisischer Akzent kam durch, «können wir wieder von den Shelbones reden? Ganz egal, was du von Mr. und Mrs.   Shelbones hältst, ihre geliebte kleine Tochter ist verschwunden, und sie flippen beinahe aus vor Sorge. Und sie sind vor dem Haus deines Stiefvaters ziemlich gemein behandelt worden, das haben wir selbst gesehen. Zuerst hat ihnen ein total aggressiver Kerl, der angeblich Gärtner ist, das Auto zertrümmert, und dann hat dein Stiefvater eine glatte Lüge darüber erfunden   …»
    «Ach, Allan ist nichts weiter als ein kleiner Junge», sagte Layla. «Wird gehässig, wenn es nicht so läuft, wie er es haben will. Das könnt ihr abhaken. Er ruft einfach Douglas Hutton, seinen Anwalt, und die Sache wird geregelt – Geld geht über den Tisch, alle wahren ihr Gesicht. Allan ist kein schlechter Typ, er ist einfach bloß ein Schlitzohr, und das weiß schließlich auch jeder. Und deshalb braucht er auch diesen sogenannten Gärtner, weil ihm nämlich dermaßen viele Leute gern mal eine Abreibung verpassen würden.»
    «Hmm», sagte Eirion.
    Jane fragte sich, ob Dafydd Sion Lewis auch so einen Gärtner hatte.
    «Es ist folgendermaßen», sagte Layla. «Shelbone ist voll bescheuert, und er könnte Allans Ruin sein. Blockiert ein lukratives Erschließungsprojekt.»
    «Muss das unbedingt bescheuert sein?», sagte Jane.
    «Aus Allans Sicht ganz bestimmt», sagte Layla geduldig. «Allan ist schon seit Jahren darauf aus, Shelbone was anhängen zu können. Aber leider ist er, obwohl er total plemplem ist, päpstlicher als der Papst. Dann hat irgendeiner vom Stadtrat Allan von Amys Herkunft erzählt, und so habe ich es auch erfahren. Und ehrlich gesagt, hingen mir diese ständigen Rumstreitereien und Allans Drohungen gegen Shelbone so zum Hals raus, dass ich dachte, wenn Shelbone wirklich kurz vorm Nervenzusammenbruch stand, wie alle sagten, dann könnten wir ihn vielleicht noch ein bisschen mehr destabilisieren, damit er eine Frühpensionierung oder so beantragt.»
    «Du gibst es also zu», sagte Jane.
    «Ja, ja, ich geb’s zu. Zufrieden? Ich bin ein schlechter, schlechter Mensch. Aber mein Alter war eben ein Zigeuner, der es geschafft hat, meiner Ma an die Wäsche zu gehen und ihr gleich anschließend das Auto und was weiß ich noch zu klauen. So was ist bei mir also genetisch bedingt. Wir leben in einer unbarmherzigen, bösen Welt, Jane. Abgesehen davon war Amy so eine aufgeblasene kleine Kröte, dass es eine Zeitlang richtig Spaß gemacht hat. Aber dann   …»
    Layla setzte sich zwischen die Kerzen auf den Altar.

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