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Der Turm der Seelen

Der Turm der Seelen

Titel: Der Turm der Seelen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Phil Rickman
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rufen und ihn jederzeit wieder wegschicken. Jane, ich bin selbst übersinnlich veranlagt. Ich habe Eingebungen. Es gibt viele solche Menschen,
du
weißt das auch. Entweder liegt es einem im Blut oder nicht. Aber ich kann es nicht kontrollieren. Ich habe es jahrelang versucht – seit ich zwölf war. Ich habe Hunderte von Büchern gelesen, alle möglichen Verfahren ausprobiert. Aber ich bin kein Medium. Ich gehöre einfach zu den Millionen von Leuten, die Eingebungen haben. Sie hat mich ziemlich eifersüchtig gemacht, die kleine Amy.»
    Layla stand auf, hob den Kelch an, schnupperte an seinem Inhalt und stellte ihn zurück. Ganz gleich, was Eirion dachte, Jane hatte das Gefühl, dass sie aus Laylas Sicht gerade die absolute, unverfälschte Wahrheit gehört hatten.
    «Und was hast du dann gemacht?»
    «Ich habe einfach nur gestaunt. Ich wollte es einfach nur verstehen. Es war so
ungerecht
. Wie kam diese grässliche kleine   … Also hab ich sie gefragt: ‹Wie lange passiert dir das schon? Hast du das vorher schon mal erlebt?› Und sie? Sagt bloß: ‹Was meinst du damit?›»
    «Bedeutete das, dass sie noch keine solchen Erfahrungen hatte? Oder dass sie einfach nicht verstanden hat, worüber du redest?»
    «Das weiß ich bis heute nicht genau. Mein Gefühl war – ist   –, dass es ihre erste übersinnliche Erfahrung war oder ihr frühere Erfahrungen jedenfalls nicht bewusst geworden sind. Oft ist es ja so, dass sich Medien erst mit der Pubertät entwickeln. Aber sie ist auch in diesem streng religiösen Haushalt aufgewachsen, mit der Angst vor dem Teufel und diesen ganzen Bildern und der Bibel auf dem Nachttisch. Sie war von dieser hohen, sterilen, puritanischen Mauer umgeben   … Verstehst du, was ich damit sagen will?»
    «Ja», sagte Jane. «Du hast diese Mauer irgendwie durchbrochen. Du wusstest über ihre Vergangenheit Bescheid, du hast sie vor das Ouija-Brett gesetzt, und damit hast du die Blockade aufgehoben. Und alles ist aus ihr herausgebrochen, nicht nur diese furchtbaren unterdrückten Erinnerungen, sondern das ganze   …»
    «Die ganze Mauer ist eingestürzt.» Layla nickte. «Die Mauer, die ihre Eltern – die Shelbones – um sie herum aufgerichtet hatten, weil sie Amy vielleicht damit schützen wollten. Aber es kann genauso gut sein, dass sie Amy einfach für sich haben wollten, dass sie ihnen
gehörte
. Ich habe unheimlich viel über so was gelesen – oft werden die medialen Begabungen eines Menschen durch ein Trauma geweckt.»
    «Wenn du zum Beispiel plötzlich herausfindest, was dein Dad deiner Mom angetan hat.»
    «Nein, Jane, wenn du dich plötzlich daran
erinnerst
, was dein Dad deiner Mom angetan hat, weil du nämlich dabei warst und alles gesehen hast.»
    «Das ist einfach alles
unglaublich
», sagte Jane.
    «Lasst uns doch nicht   …» Eirion ging ein paar Schritte bis zum ehemaligen Mittelgang, der jetzt nicht mehr von Bänken, sondern von Futtertrögen und Boxen gesäumt wurde. «Wir sollten uns in nichts hineinsteigern», sagte er.
    «Berührt dich das alles denn gar nicht, Irene?»
    «Es jagt mir ein bisschen Angst ein, wenn du’s genau wissenwillst. Aber ich bin ja auch nur ein langweiliger, puritanischer, religiöser   …»
    «Aber ein bisschen hast du dich schon verändert.»
    «Ja», sagte er, als wäre das eher bedauerlich. «Ein bisschen habe ich mich schon verändert.»
    «Und was ist jetzt?», fragte Jane Layla.
    «Sag du’s mir doch. Ich habe alles erzählt. Die Shelbones laufen Amok, und ich schätze, dass die Polizei eine Suchaktion nach Amy startet. Na ja, ich war natürlich total begeistert von der Sache, aber ich habe mich auch verantwortlich für Amy gefühlt, das tue ich übrigens immer noch. Muss man sich mal vorstellen, wo ich sie doch nicht mal leiden kann. Aber immerhin war ich es, die sie da reingezogen hat, weil ich Allan helfen wollte. Als ob das wichtig wäre. Geld. Er kann so viel davon aufhäufen, wie er will, am Schluss stirbt er doch einfach.»
    «Und du wolltest sie heute Nacht hier treffen?», sagte Eirion.
    «Hab ich ja schon gesagt. Wir waren alle beide ziemlich gespannt. Haben ein Riesentheater um den Vollmond veranstaltet. Die ganze Sache hat sich irgendwie verselbständigt. Als ich das von meinem Vater rausgefunden habe, war es so ähnlich. Hat mein ganzes Leben verändert. Jedenfalls hat Amy dann die Religion der Shelbones abgelehnt, ist ja verständlich. Aber sie hat etwas gebraucht, um diese Religion zu ersetzen, und den Ersatz hat Amy

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