Der Turm der Seelen

Titel: Der Turm der Seelen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Phil Rickman

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… danke, dass Sie mir zugehört haben. Obwohl ich vermute, dass Sie Ihre Zeit verschwendet haben.»
    «Absolut nicht.» Charlie nahm ihre Hand.
« Eindeutig
nicht. Wir möchten über alles Bescheid wissen, was unsere Schüler angeht.»
    «Natürlich», sagte Merrily.

    Vom Parkplatz aus sah man in der Ferne die Black Mountains liegen. Kopfschüttelnd sah der Vorsitzende des Schulrates den Direktor abfahren.
    «Das ist sein blinder Fleck, Merrily. In fast jeder anderen Hinsicht ist er ein sehr guter Schulleiter. Kann die Schüler disziplinieren. Lässt hier keine wilden Sitten einreißen. Aber er ist eben nicht gläubig. Es stört Sie doch nicht, wenn ich Sie Merrily nenne, Hochwürden? Es kommt mir so vor, als würde ich Sie gut kennen, nach meinem Gespräch mit Bernie.»
    «Was hat er denn gesagt?»
    «Er hat einfach nur Angst um Sie, der arme Teufel.»
    «Ja, aber er kann mit Ängsten gut umgehen», sagte Merrily. «Das gehört zu seinem Amt als Bischof.»
    «Da haben Sie nicht unrecht.» Er klopfte ihr auf die Schulter und sah dann auf die Uhr. «Halb vier. Wie wär’s, wenn wir auf einen Kaffee nach Weobley rüberfahren?»
    «Das würde ich sehr gerne tun, Mr. Howe, aber ich muss … mit jemandem reden.»
    « Charlie
. Wenn ich kein Chief Superintendent mehr sein kann, dann bin ich einfach Charlie. Und auf keinen Fall dürfen Sie mich
Councillor
Howe nennen, ich bin nämlich auch noch im Stadtrat.» Einen Augenblick lang wirkte er niedergeschlagen, so als habe der produktive Abschnitt seines Lebens mit seiner Pensionierung als Polizeibeamter geendet, was eindeutig nicht zutraf.
    «Sie sind auch Vorsitzender des Erziehungsausschusses, oder?»
    «Stellvertretender Vorsitzender.» Er legte den Kopf schräg und zwinkerte Merrily zu. «Noch. Ich sag Ihnen was: Warum kommen Sie nicht mal zu einer Ausschusssitzung? Da können Sie diesen Pappnasen mal ein paar Dinge erzählen, die ihnen komplett neu sind.»
    «Glauben Sie, daran wären sie interessiert?»
    «Die Leute wissen heutzutage nie, was sie wollen. Glauben, sie wissen genau, was läuft, dabei haben sie verdammt nochmal überhaupt keine Ahnung. Mir ist klar, dass Sie einen richtig undankbaren Job haben. Noch dazu haben Sie vermutlich öfter mal mit ziemlich merkwürdiger Kundschaft zu tun, was?»
    «Damit kennen Sie sich ja selbst bestens aus.»
    «Womit? Mit undankbaren Jobs?»
    «Nein, ich meinte die merk …»
    «Aber das andere stimmt auch», sagte Charlie. «Die Polizeiarbeit wird auch immer undankbarer. Ich weiß nicht, wie sie den Laden heutzutage am Laufen halten, mit den ganzen Beschränkungen und Menschenrechtsgesetzgebungen – die Kriminellen nehmen sich irgendeinen aalglatten Anwalt und lachen einen bloß noch aus.»
    Er sah über den Sportplatz hinweg Richtung Wales und zog den Atem zwischen den Zähnen ein. Ein Wolkenkissen lag über den Black Mountains.
    «Ihre Tochter scheint aber sehr gut klarzukommen», sagte Merrily.
    «Glauben Sie?» Er sah einen Moment zum Himmel hinauf, als ob er überlegen müsste, ob es korrekt wäre, mit Merrily über dieses Thema zu sprechen. «Ich sag Ihnen was, Merrily, es war der Schock meines Lebens, als Anne bei der Polizei eingetreten ist. Hat mir vorher nie was davon gesagt, wissen Sie. Ist mit einem ziemlich guten Jura-Abschluss von der Uni abgegangen, weggezogen,und als ich sie das nächste Mal sehe, steht sie in Uniform vor unserer Haustür.»
    «Die hat sie aber nicht lange getragen, schätze ich.»
    «Oh nein. Macht ihren Job auf der Überholspur. Hat schon verdeckte Ermittlungen durchgeführt, als sie noch Police Constable war, und innerhalb von ein paar Jahren hatte sie den Uniformdienst hinter sich. War mit fünfundzwanzig schon Detective Sergeant.»
    «Am Ende wird sie noch Polizeipräsidentin.»
    «Kann sein», sagte Charlie. Seine Augen verengten sich. «Sie kommen wohl nicht besonders gut mit ihr klar, oder?»
    «Hat sie Ihnen das erzählt?»
    «Das ist nicht nötig. Wenn es um Religion geht, kann Anne unserem Bruder Morrell hier die Hand reichen. Damit kann sie überhaupt nichts anfangen.»
    «Ihrer Karriere hat das jedenfalls nicht geschadet. Nicht mal in einer Kathedralenstadt.»
    «Nein.» Charlie Howe stand mit leicht gespreizten Beinen vor ihr. Er musste als Kriminalbeamter eine beeindruckende Figur abgegeben haben. «Ihrer Karriere nicht.»
    Merrily wusste nicht, was sie sagen sollte. Sie war nicht sicher, ob sie sich mit Annie Howe besser verstanden hätte, wenn sie eine Maria