Der Tyrann von Hades

Titel: Der Tyrann von Hades Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colin Kapp

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Himmel verschmolz. Der Boden-Radar erfaßte im Umkreis von nahezu zweihundert Kilometern jeden Flecken Land mit Ausnahme der Flächen, die sich im Radarschatten von Gebirgen verbargen, während der herkömmliche Radar den Luftraum bis zu den Ausläufern der Exosphäre überwachte. Nicht einmal ein Kleinflugzeug hätte sich ihnen ungehindert nähern können, und auch jeder Versuch, sich mit Oberflächenfahrzeugen an sie heranzuschleichen, würde bemerkt werden.
    Schließlich leitete Ancor ein Täuschungsmanöver ein. Auf einem Hügel in ungefähr sechs Kilometern Entfernung brachte er einen starken Sender an, der das Ruf-Signal der Shellback abstrahlte. Cherry und Tez fertigten in der Zwischenzeit Holo-Aufnahmen eines dichten Wäldchens in ihrer Nähe an. Dann bauten sie die Holo-Projektoren auf, legten das Band ein, und auf wundersame Weise wuchs das Wäldchen von neuem und versteckte die Shellback völlig. Die Illusion war so perfekt, daß selbst Vögel versuchten, sich auf den Zweigen niederzulassen, und dann verstört weiterflogen, als sie ihre Gegenstandslosigkeit zu spüren bekommen hatten.
    Nachdem sie sich auf diese Weise eine elektronische ›Laube‹ als Stützpunkt geschaffen hatten, entspannten sie sich. Nur jeweils eines der Besatzungsmitglieder überwachte die Orterschirme. Nach den ermüdenden Monaten in der Enge des Schiffs hätten sie sich kaum einen besseren Ort zum Erholen wünschen können. Die grasigen Hänge waren saftig und grün, und die milde Luft wirkte Wunder für die an wiederaufbereitete Luft gewöhnten Lungen. Sie trugen zwar alle für den Fall, daß sie auf etwas Unerwartetes oder Gefährliches trafen, Waffen mit sich, aber die Tierwelt stellte sich als überaus scheu heraus. Bald war ihnen ihre Umgebung so vertraut, daß sie sich, soweit es zu Fuß möglich war, vom Landeplatz entfernten. Sine Anura, die von ihren engelianischen Vorfahren eine Sehnsucht nach dem nassen Element geerbt hatte, nutzte jede Gelegenheit, um durch einen Fluß in der Nähe zu streifen. Jedesmal kehrte sie mit frischen, eßbaren Fischen zurück, die eine willkommene Abwechslung von den üblichen Konzentrat-Rationen darstellten.
    Sine war es auch, die die Brücke entdeckte. Sie konnte sich selbst gegen die träge Strömung viel schneller fortbewegen als auf dem Land und hatte sich angewöhnt, vierzig oder fünfzig Kilometer den Fluß hinunterzuschwimmen, um in Form zu bleiben. Sie fand die Brücke bei ihrem ersten Vorstoß flußaufwärts, und als sie Ancor dorthin führte, bedeutete das für ihn einen vierstündigen Marsch. Abgesehen von dem Mikrowellenstrahl war die Brücke der erste echte Beweis dafür, daß es tatsächlich Menschen auf der Neptun-Schale gab.
    Die Konstruktion der Brücke war nicht ungewöhnlich. Auf drei behauenen Granitblöcken ruhten sorgfältig gearbeitete Bögen aus demselben Material. Sie schien sehr alt zu sein. Zu beiden Seiten ging der Stein in grasbewachsene Hänge über, auf denen sich nur ansatzweise ein Weg abzeichnete, was darauf schließen ließ, daß die Brücke nur selten benutzt wurde. Eine genauere Untersuchung erbrachte keine Hinweise auf ihre Erbauer oder ihre Benutzer, und sie wollten die Brücke gerade als eine bezaubernde Kuriosität abtun, als Ancor die Spuren im Gras bemerkte. Etwas, das die Brücke vor kurzem überquert haben mußte, hatte das Laub auf dem Boden ein wenig flachgedrückt.
    Ancor ging versuchsweise einige Schritte und untersuchte dann seine Fußspuren. Sie waren viel tiefer. Was immer auch die Brücke überquert haben mochte, hatte den Boden nicht wirklich berührt. Die Blätter waren nicht von einem Rad oder Fuß weggedrückt, sondern zur Seite geblasen worden. Ein kleineres Fahrzeug – möglicherweise ein Luftkissenfahrzeug, nicht größer als ein Zweisitzer – war hier vorbeigekommen, während sie dem sich schlängelnden Fluß gefolgt waren. Als Ancor sich bückte, konnte er feststellen, daß die Spur auf die Position der Shellback deutete, und das Fahrzeug damit eine Route eingeschlagen hatte, die erheblich kürzer war als die entlang des Flusses.
    Ancors Hand flog zum Funkgerät an seinem Gürtel. Er rief das Schiff, bekam aber keine Antwort.

Kapitel 15

    Die Shellback ruhte zwar auf dem höchsten Punkt der Gegend, aber dennoch mußte der Boden-Radar angepaßt werden, um unerwünschte Reflektionen von Baumspitzen und anderen Objekten in der Nähe herauszufiltern. Der Computer entfernte deshalb alle Objekte aus der Darstellung, die sich in