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Der Überlebende: Roman (German Edition)

Der Überlebende: Roman (German Edition)

Titel: Der Überlebende: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ernst-Wilhelm Händler
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da war, oder weil Sondra kein Oberteil trug. Breitbeinig stellte er sich vor ihr auf und zielte mit einer orangefarbenen Wasserpistole auf sie. Er zog jedoch den Abzug nicht durch, sondern lief weiter und machte einen weiten Satz in den Pool.
    Mittags hatte ich eine Videokonferenz mit den beiden angesetzt, um noch einmal die Spielräume für die Abschlussverhandlung durchzugehen. Mir war eine Unstimmigkeit zwischen den Preisen der Prozessormodule aufgefallen, sicherheitshalber ließ ich sie von zwei Kalkulatoren noch einmal ermitteln. Während der Wartezeit blieb Peter nichts anderes übrig, als auf Sondras Zimmer zu verfolgen, wie Sondra sich für die entscheidende Sitzung zurechtmachte. Sie hatte mittlerweile ihre Haare schwarz gefärbt.
    Am Tag bevor Peter und Sondra sich nach Stuttgart begeben hatten, war Burgi nach Philadelphia geflogen. Über die Außenkameras beobachtete ich, wie Peter Burgi zum Taxi brachte. Sie hatte sich bei ihm untergehakt. In diesem Augenblick trat Sondra aus dem Bürogebäude ins Freie. Der Kopf sank ihr auf die Brust.
    Die Abschlussverhandlung sollte plötzlich doch nicht im Hotel stattfinden. Die Y AG wuchs derart schnell – deswegen war sie auch ein so interessanter Kunde –, dass sie mit der Errichtung neuer Fertigungsstätten und Büros gar nicht hinterherkam. Der Einkaufsvorstand beorderte unser Team in einen alten Industriebau, der in ein Entwicklungszentrum umgewandelt werden sollte, er musste dort die Planung absegnen, damit der Umbau möglichst schnell beginnen konnte.
    Der Einkaufsvorstand hatte zwei Wagen geschickt, einen für Peter als Teamleader, den anderen für den Rest. Jetzt sollte Peter mit dem Dicken nähere Bekanntschaft schließen.
    An einer Ampel ließ der Dicke den Sichtkontakt zu dem anderen Wagen abreißen, er bog in eine Seitenstraße ein und hielt an. Die Hände über Kreuz auf dem Lenkrad, starr nach vorn blickend, sagte er nichts und tat nichts. Mit einem Mal erfasste ihn eine vehemente Unruhe, er suchte etwas in der Mittelkonsole, er stellte eine Anzeige auf dem Armaturenbrett ein, er fuhr die Seitenfenster herunter und wieder hoch, er griff zum Telefon, wählte eine Nummer, brach jedoch die Verbindung ab. Peter hatte gar nichts geäußert, plötzlich packte der andere ihn an beiden Schultern, drehte ihn zu sich hin und sagte beschwörend: »Pst!« Er schien kurz davor durchzudrehen.
    Mit fahrigen, hastigen Bewegungen fuhr der Dicke sein Notebook hoch, stellte es auf die Mittelkonsole und zeigte Peter den Preisspiegel der Ausschreibung. Für jede angefragte Position war der Preis angegeben, den Rockwell, Siemens und D’Wolf abgegeben hatten, Nachlässe und Zahlungsbedingungen waren berücksichtigt, es handelte sich um die Nettopreise. Mit einer Handbewegung forderte er Peter auf zu scrollen.
    Wenn Rockwell billiger anbot als Siemens, dann sehr viel billiger, hatte Siemens einen niedrigeren Preis als Rockwell abgegeben, dann einen sehr viel niedrigeren. D’Wolf war lediglich für zwei oder drei Schlüsselpositionen der günstigste Anbieter, bei der überwiegenden Mehrzahl lag D’Wolf jedoch nicht weit hinter dem günstigsten Preis von Rockwell oder Siemens. Wenn D’Wolf einen Gesamtnachlass von fünf Prozent gewähren und bei einigen Positionen noch zusätzlich nachgeben würde, dann würde D’Wolf insgesamt vorn liegen. Unter der Voraussetzung, dass die Preise von Rockwell und Siemens stimmten.
    Allerdings lag nahe, dass die Y AG mit den niedrigeren Preisen eine neue Runde veranstaltete und das gleiche Spiel mit Rockwell und mit Siemens spielte. Aber warum dann das Theater? Der Einkaufsvorstand hätte es einfacher haben können, einer seiner Leute hätte einfach einen Memory stick liegenlassen müssen … Warum hatte er dem regionalen Vertriebsbeauftragten von D’Wolf derart übel mitspielen lassen? Peter vertiefte sich wieder in die Datei.
    Der IT-Spezialist schüttelte den Kopf, ballte die Fäuste.
    »Ich kann es nicht. Nein, ich kann es nicht.«
    Er nahm Peter das Notebook weg und klappte es zu, um es sofort wieder zu öffnen. Er benötigte mehrere Anläufe, bis er sich erneut angemeldet hatte. Er klickte eine andere Datei an und warf das Notebook fast zu Peter herüber. Die Datei bot eine Übersicht über große Ausschreibungen der Y AG aus den vergangenen Jahren, Rohstoffe, Komponenten, Dienstleistungen und sogar Bauvorhaben, ein ziemlich umfassender Ausschnitt aus dem Leben eines Einkäufers. Peter war erschrocken über die Höhe der

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