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Der Überraschungsmann

Titel: Der Überraschungsmann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hera Lind
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ihren Fitnesskeller, ihre Sauna und ihren Partykeller, ihre Tischtennisplatte und ihren Schwimmteich! Wie kann ich sie da in diese alte, muffige Mietwohnung im vierten Stock zerren, wo kein Tageslicht hineinscheint und noch nicht mal ein winziger Balkon den Ausblick auf trostlose Wellblechdächer erträglich macht?«
    »Was haben wir gelernt? Die Liebe wärmt, die Ehrlichkeit, das Vertrauen! Nicht das Geld!«
    In solche Gedanken verstrickt, lehnte ich an dem einsamen, verlassenen Gummibaum, der seine verstaubten Zweige ratlos in alle Richtungen reckte. Sollte ich diesen Schritt wirklich tun? War diese feuchte Bude nicht ein einziger Albtraum?
    Nein, sagten die Stimmen der anderen. Dein verlogenes Leben war ein einziger Albtraum. Das hier ist die Realität. Stelle dich ihr. Wachse an dieser Aufgabe. Denk an deinen Lebensbaum. Im Moment sieht er so aus wie dieser kränkelnde Gummibaum. Lass ihn nicht länger auf faulem Boden stehen.
    Diese Kämpfe spielten sich in mir ab, während die Immobilienmaklerin mit ihrer blonden Föhnwelle und dem properen Trachtenkostüm munter dieses Loch anpries und sich keineswegs dafür schämte. Verzagt lächelnd tappte ich hinter der Immobilienmaklerin her.
    Im Bad waren einige Fliesen zerbrochen, ein uralter Wasserboiler grinste mich an, und die vorsintflutliche Wanne auf vier Füßen wies noch Spuren des letzten Badenden auf. Der winzige Spiegel hatte einen Sprung, und das schräge Dachfenster, eher eine Art Luke, ließ sich nur mit Gewalt aufdrücken, aber dafür bekam man gleich einen Schwall Eiswasser als Gratisdusche ab. Ich sprang erschrocken zurück.
    »Lassen Sie alles in Ruhe auf sich wirken!«, forderte mich die Immobilienmaklerin auf. »Na gut, die Aussicht hier ist jetzt nicht soooo berauschend …«
    Wir stiegen über eine Schwelle in einen hinteren Raum, der eigentlich als Dachboden oder Speicherraum gedacht war. Dazu musste man den Kopf einziehen. Ich folgte den Blicken der Dame. Außer besagten Wellblechdächern war nicht viel zu sehen. Doch, hinten zwischen zwei Häuserblocks ein Zipfel des Mönchsbergs. Jene Stelle, wo die nackten Felsen wie senkrecht abfallen. Der berühmte Felssturz von 1669, spulte ich gedanklich mechanisch ab: Am 16. Juli lösten sich große Teile des Mönchsberges und zerstörten zahlreiche Gebäude. Es kamen zweihundertdreißig Menschen ums Leben. Viele davon waren Salzburger, die bei der Bergung anderer helfen wollten, aber von einem nachfolgenden Felssturz selbst erschlagen wurden. Seitdem klopfen Bergputzer im Auftrag des Magistrats der Lan deshauptstadt zweimal jährlich die steile Bergfassade ab, um ihre Beschaffenheit zu prüfen. Wenn das keine Metapher für meine jetzige Verfassung war!
    Die Maklerin beugte sich neben mir aus dem winzigen Fenster und sagte, als hätte sie ein ganz besonderes Schmankerl entdeckt: »Schauen Sie! Da stürzen sich immer die Selbstmörder runter!«
    »Ich nehme die Wohnung«, sagte ich.

23
    Barbara! So sei doch vernünftig! Du kannst doch nicht in so eine abgewrackte Bude ziehen! Hier stehen dir doch alle Türen offen!«
    Endlich war ich so weit, Volker gegenüberzutreten. Ich stand vor jener Einfahrt, hinter der damals wie aus dem Nichts das Fertighaus unserer neuen Nachbarn aufgetaucht war. Damit hatte alles angefangen. Als Volker seinen Kopf verrenkt, hi nübergespäht und Lisa erkannt hatte. Wie entsetzt er am Anfang gewesen war! Dann hatte er vermutlich ganz schnell einen Plan B entwickelt.
    Den Mietvertrag für die Altstadtwohnung hatte ich bereits vorsorglich unterschrieben und den Möbelwagen, den meine lieben Teilgeberfreunde sponserten, schon in unsere feine Villengegend geschickt.
    Mit Latzhosen und einer Papiertüte auf dem Kopf stand ich nun vor meinem Noch-Ehemann, die Hände in den Hosentaschen geballt. »Ich BIN vernünftig«, sagte ich so ruhig wie möglich. Das Coaching von Justus und den anderen hatte mich bestens vorbereitet.
    »Aber das ist doch eine reine Trotzreaktion! Was soll der Scheiß?!«
    »Das ist kein Scheiß, Volker. Und auch keine Trotzreaktion. Du hast ein jahrelanges Spiel mit mir gespielt, und ich spiele nicht mehr mit.«
    »He, Stiefmami, was geht ab?« Hinter mir stand Emil.
    »Ich ziehe um«, sagte ich und wischte mir mit dem Handrücken hastig über die Augen.
    »Das sehe ich. Warte, ich pack mit an!« Emil sprang leichtfüßig über die Hecke, schlug seinem Vater kameradschaftlich auf die Schulter und rief: »Nimm es wie ein Mann, Papa!« Schon eilte er die

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