Der Überraschungsmann
einzieht.« Volkers Miene war undurchschaubar.
»Volker! Das kannst du mir nicht antun!«
Volker machte den Mund auf, um etwas zu erwidern, dann überlegte er es sich anders und nahm erst mal einen Schluck Champagner.
»Bitte nicht deine Mutter!«, wimmerte ich den Tränen nahe.
Einen Moment lang sprach niemand von uns ein Wort. Die Kellner eilten geschäftig hin und her. Eine hübsche rothaarige Frau nahm am Nachbartisch Platz. Sie sah interessiert zu uns herüber und griff nach der Speisekarte. Volker saß mit dem Rücken zu ihr, sodass er nicht merkte, dass sie uns zuhören konnte.
»Mutter fühlt sich nicht wohl im Seniorenheim. Sie ist viel lieber in unserer Nähe.«
»Aber das musst du doch mit mir absprechen!«
Oh Gott, bitte mach, dass das nicht wahr ist!, dachte ich. Dann wird sie mir jeden Abend was vorsingen! Am Gartenzaun, oder noch schlimmer, gleich bei uns zu Hause: Du sollst der Kaiser meiner Seele sein!
»Oh, bitte tu mir das nicht an, Volker! Sie wird nicht mehr von meiner Seite weichen! Die Kinder werden überhaupt nicht mehr aus ihren Zimmern kommen!
»Warum? Ich kann doch Häuser und Grundstücke kaufen, so viel ich will!«
»Aber was wird dann aus Lisa?« Plötzlich fing meine Stimme an zu zittern. »Sie bekommt ein Baby! Wo soll sie denn wohnen?«
Blöd, dass diese Frau mithörte. Ich konnte sie ja schlecht bitten, sich die Ohren zuzuhalten. Sie verschanzte sich diskret hinter ihrer Getränkekarte.
»Du musst jetzt ganz stark sein …« Volker nahm meine beiden Hände und drückte sie ganz fest. »Lisa kommt nicht zurück. Nie mehr.«
Entsetzt sprang ich auf. »Volker! Was soll das heißen?!« Mir wollte schier das Herz brechen. Meine kleine Lisa! Sie konnte doch nicht einfach so aus meinem Leben verschwinden!
»Ist sie … tot?« Meine Lippen waren blutleer.
Plötzlich entspannte sich Volkers Gesichtsausdruck, und er lachte mich aus. »Herzerl! Schon wieder bist du auf mich reingefallen! Wie leicht man dich doch ins Bockshorn jagen kann! Du solltest mal dein Gesicht sehen!«
Ich verzog das Gesicht zu einem gequälten Grinsen. Aus den Augenwinkeln konnte ich sehen, dass sich die hübsche Rothaarige am Nachbartisch amüsierte, sosehr sie sich auch bemühte, hinter der Getränkekarte zu verschwinden.
Volker nahm meine beiden Hände und sagte glucksend: »Lisa hat gerade angerufen. Du hattest ja dein Handy aus, des halb hat sie es bei mir probiert. Sie kommt früher zurück. Du sollst sie vom Flughafen abholen.«
Die kleine Dachterrasse am Salzburger Flughafen war gefüllt mit fröhlichen Abholern. Die Leute saßen in der lauen Abendluft, aßen Eis oder tranken Bier und genossen die herrliche Aussicht auf die Festung und den Untersberg. Wo gibt es denn so was?, dachte ich stolz. Dass man selbst am Flughafen auf einer gemütlichen Aussichtsterrasse sitzt und den Leuten schon beim Aussteigen aus dem Flugzeug zuwinken kann? Ich blinzelte in die Sonne. Wo war sie denn? Ach, da stand sie ja plötzlich! Ich hatte sie gar nicht aussteigen sehen. Sie sah umwerfend gut aus in ihrem beigefarbenen Reisekostüm mit ihrer Louis- Vuitton-Handtasche, passendem Rollköfferchen und ihren pfif figen hochhackigen Stiefeln. Sie legte die Hand über die Augen, sah zur Dachterrasse empor, und ich winkte wie verrückt. Ich glaube, ich sprang sogar auf und ab wie ein Tennisball.
Die Leute guckten mich an und lachten amüsiert. »Da hat aber jemand Sehnsucht!«, spöttelte ein älterer Herr.
Zwei Minuten später lagen wir uns in den Armen.
»Mein Gott, was habe ich dich vermisst!«
»Ich dich auch!«
»Wie geht’s dem Bäuchlein?«
»Alles noch drin!«
»Wie war’s?«
»Traumhaft! Wir waren in Stockholm, Kopenhagen, Helsinki, St. Petersburg. Weiße Nächte! Ein Traum!«
Ich zahlte den Parkschein und wuchtete ihr Gepäck in den Kofferraum.
»Und?«
»Was und?« Sie ließ sich auf den Beifahrersitz fallen, schnallte sich an und lachte kokett. Ihre schlanken Beine waren braun gebrannt.
»Du weißt, was ich meine.«
Ich legte den Rückwärtsgang ein und fuhr los. »Hat er sich gefreut?«
»Ja, natürlich. Es war ja das erste Mal, dass ich als seine Frau an Bord war und nicht mehr als Sängerin. Ich wohnte nun ganz offiziell in seiner Suite. Morgens kam der philippinische Butler und brachte mir mein Vier-Minuten-Ei und frisch gepressten Orangensaft …«, sprudelte sie drauflos.
Ich ertappte mich dabei, wie ich sie fast neidisch von der Seite anstarrte. »Du bist braun geworden. Steht dir
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