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Der übersehene Mann: Roman

Der übersehene Mann: Roman

Titel: Der übersehene Mann: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christina McKenna
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verdient, weiterzukommen.«
    »Ja, Schwester.«
    »Wir haben weniger Scherereien und die Leute, die dich bekommen, haben einen Nutzen.«
    »Ja, Schwester.«
    Er starrte auf die gedämpfte weiße Welt vor den Fenstern und ihm wurde schwer ums Herz. So viele unbeantwortete Fragen schwirrten ihm im Kopf herum. Eine große Traurigkeit überkam ihn und innerlich heulte er laut auf.
    Doch im Zimmer war es still. Aus der Ferne war der Schlag einer Uhr zu hören. Er schluckte schwer an seinem Kummer.
    »Du kommst morgen um drei wieder her. Der Bauer und seine Frau wollen sich mit fünf von euch unterhalten. Allein.«
    Der Junge sah Mutter Vincent an, er wusste nicht, wie er seine Frage formulieren sollte. Aber sie konnte seine Gedanken lesen.
    »O nein, du bist nicht der Einzige. Sie werden euch alle fünf befragen, aber nur einer von euch wird genommen.«
    »Morgen um diese Zeit«, sagte sie. »Wenn sie dich auswählen, wird dies hier für dich bald nur noch eine Erinnerung sein.« Ärgerlich klappte sie den Folianten zu. »Und jetzt, ab an die Arbeit.«

28
    Jamie fand in der Nacht vor seinem Treffen mit Miss Devine nicht in den Schlaf. Er lag lange und ruhelos wach und versuchte sich auszumalen, wie es werden würde, was er sagen und tun würde. Er stellte sich Lydia immer noch als den Inbegriff weiblicher Schönheit vor und hoffte, eine so anmutige und kultivierte Frau würde ihn annehmbar finden.
    Wenigstens konnte er sich zugutehalten, dass er in den letzten Wochen alles nur irgend Mögliche getan hatte, um an sich zu arbeiten. Er hatte abgenommen, sich vollkommen neu ausstaffiert und sich sogar ein Toupet bestellt. Vom Aussehen her musste jetzt eigentlich alles stimmen, aber was seine Persönlichkeit anging – das war natürlich eine andere Sache.
    Als Rose ihm geraten hatte, einfach er selbst zu sein, konnte er sich kaum vorstellen, was sie damit gemeint hatte. Wer war er denn überhaupt? Jamie wusste es nicht. Er hatte sich selbst nie zu ergründen versucht oder sich selbst als wertvoll angesehen. Seine freudlose Kindheit hatte ihm die Zuversicht, den Glauben, das Urvertrauen und all das geraubt, was ein Mann brauchte, um ein klares, unverstelltes Bild von sich zu bekommen. Als Kind hatte er so viel Unerfreuliches erduldet und als Erwachsener wollte er niemanden kränken. Er bewegte sich auf gebeugten Knien durchs Leben, umschiffte die Pfützen, zog den Kopf ein und tat alles, um anderen zu gefallen. Der einundvierzigjährige Mann fühlte sich nur imstande, das früh erduldete Leid durch kleine Siege zurächen: Süßes zu essen, wenn ihm danach war, das Kaminfeuer brennen zu lassen, wenn die Sonne schien, die Haustür Tag und Nacht geöffnet zu lassen.
    Lydia zu gewinnen, wäre jedoch der größte Sieg. Eine Freundin könnte aus dem hoffnungslos einsamen Refrain seines Lebens ein hoch aufsteigendes Lied machen.
    Gegen ein Uhr hatte er die Arbeiten auf der Farm abgeschlossen und zog sich zur »Ankleidezeremonie« ins Haus zurück. Um zwei Uhr würden Paddy und Rose ihn für die halbstündige Fahrt ins Royal Neptune Hotel abholen. Doch zuerst musste er sich waschen.
    Es widerstrebte ihm, die Zinnwanne am Feuer zu füllen. Zu viele Umstände, außerdem war es ja nur ein erstes Treffen und es war ja auch nicht so, dass ... dass ... Er konnte sich die sexuelle Nebenbedeutung, die dieser Gedanke mit sich brachte, nicht einmal annähernd vorstellen. Nach seinen frühen Erfahrungen waren Männer und Frauen für ihn auf wenige Merkmale zusammengeschrumpft. Die meisten Männer waren nach Jamies Dafürhalten perverse Raubtiere. Und wenn sie nicht in schwarze Roben gehüllt waren und ihrer eigenen Version von Christus dienten, konnten Frauen im Leben eines Mannes durchaus nützliche Ergänzungen in Haushaltsangelegenheiten sein. Das langte ihm, denn alles, was darüber hinausging, war etwas Unerreichbares und Gestaltloses, was er sich nicht vorzustellen vermochte und worauf er sich nicht einlassen konnte.
    Deswegen ging er ohne lange zu zögern ins Schlafzimmer, zog sich aus und erlaubte einem feuchten Waschlappen einen kurzen Flirt mit seinen intimeren Stellen. Dann fischte er aus Roses Tasche einen sauberen Satz Unterwäsche hervor.
    Nun wandte er sich der Krönung seiner Garderobe zu – dem Haarteil – denn es war bestimmt am besten, es vor dem Ankleiden auf dem Kopf zu befestigen.
    Er las die Anleitung durch. Als er sich klar machte, dass er die Haare abschneiden musste, die er sich sonst quer über den kahlen

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